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22.08.09 / Ein Prozess wie bei Stalin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Ein Prozess wie bei Stalin
von Jean-Paul Picaper

Dass Clotilde Reiss ein Praktikum bei der französischen Atomenergiebehörde CEA absolviert hatte, dürfte den atombesessenen iranischen Behörden nicht entgangen sein. Ihr Vater Remi Reiss arbeitet dort als Ingenieur. Warum hätte Clotilde Reiss, am letzten 31. Juli im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran 24 Jahre alt geworden, das bei ihrer Bewerbung um eine Stelle als Französisch-Lektorin an der TU Isfahan das aus ihren Unterlagen tilgen sollen? Doch den Spürhunden des Mullah-Staates reichte es aus, um aus ihr eine gefährliche Spionin zu machen. Zumal sie fließend Farsi, die Landessprache, spricht. Reiss und Nazak Afshar, eine Franco-Iranerin, Angestellte der französischen Botschaft, hatten zudem E-Mails nach Frankreich über das Geschehen im Iran nach Frankreich gesendet. Clotilde Reiss hatte außerdem zwei Demonstrationen begleitet.

Reiss wurde am 1. Juli am Flughafen festgenommen, als sie sich anschickte, nach Beirut und von dort in ihre Heimat in den Urlaub zu fliegen. Die junge Frau mit dem elsässischen Namen schwärmt für die iranische Sprache und Kultur. Ihre Mutter starb, als sie vier Jahre alt war. Ihre Pflegemutter war Exil-Iranerin. Nach ihrem Farsi-Diplom beim Pariser Institut für Orientkunde hielt sie sich längere Zeit im Iran auf.

Die Spionageanklage gegen dieses kluge aber etwas blauäugige Mädchen hatte Staatspräsident Sarkozy gleich als „höchsten Unfug“ bezeichnet. Die Beschuldigung wurde konstruiert, um der Ankündigung des iranischen Parlamentes, „der Einmischung des Auslandes energisch zu antworten“, Taten folgen zu lassen beziehungsweise um nachzuweisen, dass es eine solche Einmischung überhaupt gab. Tatsache ist, dass die westlichen Demokratien eher zu wenig tun, um den demokratischen Aufständischen zu helfen oder sie zumindest vor blutiger Repression zu schützen.

Nun wurde gegen Reiss ein Schauprozess im besten stalinistischen Stil inszeniert. Vor den Weltmedien musste sie, blass und abgemagert, ihren angeblichen Fehler zugeben und das Unrechtsregime um Verzeihung bitten. Das tat sie in der Landessprache. Frau Reiss gab dem Druck aber im entscheidenden Punkt nicht nach. Sie gab nicht zu, Spionage betrieben zu haben. Gegen eine Kaution von 200000 Euro durfte sie nun das Gefängnis verlassen. Auch Nazak Afschar kam auf die gleiche Weise frei. Sie halten sich in der französischen Botschaft auf und dürfen den Iran vor der Urteilsverkündung nicht verlassen.

Was im Iran geschieht, entzieht sich allen Normen der Zivilisation. Die Gefängniszellen sind mit willkürlich Festgenommenen total überbelegt. Die Gefangenen werden geschlagen, gefoltert, vergewaltigt. Laut Amnesty International haben seit der „Wahl“ Ahmadineschads am 12. Juni mindestens 115 Hinrichtungen stattgefunden. Viele sterben auch unter der Folter – angeblich an „Virusinfekten“.

Foto: Will demnächst im Gospelchor ihrer Gemeinde singen: Mit ihrer Taufe und ebenso schrillen wie herzlichen Glaubensbekenntnissen in der „Bild“-Zeitung und auf ihrer Internetseite hat „Rockröhre“ Nina Hagen wieder mal alle überrascht.


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