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22.08.09 / Eine mühevolle Spurensuche / Die Europäische Kulturhauptstadt Ruhr 2010 macht es dem potenziellen Besucher schwer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Eine mühevolle Spurensuche
Die Europäische Kulturhauptstadt Ruhr 2010 macht es dem potenziellen Besucher schwer

Der Rat der Europäischen Union (EU) verleiht jährlich den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ auf Empfehlung der Europäischen Kommission an zwei Städte. 2010 sind es das ungarische Fünfkirchen und die Metropole Ruhr. Für fünf Jahre wurde der Titel auch auf Nichtmitgliedstaaten der EU erweitert, so dass 2010 die Türkei mit Istanbul teilnehmen kann.

Mit der Metropole Ruhr wird erstmals eine ganze Region mit dem Titel ausgezeichnet. Im drittgrößten Ballungsraum Europas leben und arbeiten 5,3 Millionen Menschen in 53 Städten. Aus kleinen Siedlungen, die sich um die Bergbauschächte und Stahlhütten gebildet hatten, entstand Mitte des 19. Jahrhunderts eine der pulsierendsten Industrieregionen Europas. Nach dem Niedergang der Kohle- und Stahlindustrie in den 1960er Jahren hat sich das Ruhrgebiet schnell vom Kohlenpott zur Dienstleistungsmetropole gewandelt. Zehn der 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen haben hier ihre Zentralen. Fünf Universitäten und zehn Fachhochschulen sowie etwa 100 Forschungseinrichtungen sind dort zu finden. Doch auch Künstler und Kulturinstitutionen haben im Ruhrgebiet eine Heimat gefunden.

Stellvertretend für die 53 Städte und Gemeinden der Region hatte sich Essen beworben und den Titel für 2010 erhalten. Und so wird man viele der besonderen Aktionen zum Kulturhauptstadtjahr in Essen erleben können. Doch der Weg ist steiniger als gedacht. Die Wirtschaftskrise macht auch (oder gerade) vor der Kultur nicht halt. Laut Kunstmagazin „art“ fehlen den Organisatoren noch vier Millionen Euro in ihrem Etat von 65,5 Millionen Euro. Erste Projekte mussten bereits abgesagt werden. Die große Eröffnungsfeier in der Arena auf Schalke ist geplatzt, eine Ausstellung mit dem Thema „Welt der Religionen“ ist ebenfalls gestrichen. Auch das legendäre Projekt, die bis zu 400 ehemaligen Schächte im Revier mit Ballons zu markieren, die in etwa 80 Meter Höhe schweben, ist finanziell noch lange nicht  gesichert.

In einem Interview mit „art“ kritisiert Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Essen müsse sich stärker präsentieren und deutlich machen, was es plant. Es sei auch nicht nur die Aufgabe Essens, sich nach außen darzustellen. „Das Ruhrgebiet ist nicht nur die Kulturhauptstadt Nordrhein-Westfalens, sondern ein Schaufenster, in dem wir uns ein Jahr lang dem europäischen Ausland präsentieren.“

Wer sich heute schon interessiert, welche Veranstaltungen ihn bei Ruhr 2010 erwarten – sei es als Einheimischer, sei es als Tourist –, sieht sich in der Tat enttäuscht, wenn er im Internet auf Spurensuche geht. Dort findet er eine Fülle von (langen) Texten, in denen sehr ausführlich die Pläne beschrieben werden, allerdings meist ohne konkrete Hinweise auf Ausstellungen, Konzerte oder „Events“. Eine Programmübersicht zeigt zwar die Termine einzelner Vorhaben, die sich freilich hinter geheimnisvollen Titeln verbergen. Die muss man dann selbst wieder mühevoll entschlüsseln:

„Bilder einer Metropole“ liest sich zumindest vielversprechend. Dahinter verbirgt sich eine Ausstellung im Museum Folkwang, das vom 2. Oktober 2010 bis zum 30. Januar 2011 den Blick der Impressionisten auf Paris präsentiert. Manet und Monet, Degas, Renoir und Pissaro zeichnen ein Bild der Metropole als neues Phänomen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Schau „Das schönste Museum der Welt“ ist dem Essener Museum Folkwang direkt gewidmet. Es galt bis in die 1930er Jahre als eines der fortschrittlichsten Museen zeitgenössischer und moderner Kunst, musste dann allerdings im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ herbe Verluste hinnehmen. Für die Ausstellung „Das Museum Folkwang bis 1933“ wird die spektakuläre Sammlung des Museums von 1933 mit Werken von Matisse, de Chirico, Kirchner, Beckmann, Kokoschka und vielen weiteren Künstlern rekonstruiert. Dazu werden berühmte ehemalige Folkwangbilder, die sich heute in großen internationalen Museen befinden, vom 20. März bis zum 25. Juli 2010 noch einmal in Essen vereint.

In die Region führt eine Ausstellung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, die im LWL-Industriemuseum Henrichshütte vom 12. März bis 31. Oktober 2010 Helden der Arbeit wie etwa die Grubenwehren des Bergbaus würdigt.

Das internationale Festival „Theater der Welt“ wird vom 1. bis zum 18. Juli 2010 in Essen und Mülheim an der Ruhr zu Gast sein. Vom 28. März bis zum 27. Mai findet im östlichen Ruhrgebiet die weltweit erste „Biennale für internationale Lichtkunst“ statt. Rund 60 private Räumlichkeiten in Bergkamen, Bönen, Fröndenberg, Hamm, Lünen und Unna werden zum Austragungsort für 60 internationale, künstlerische Positionen, in denen Licht als Bestandteil und Bedeutungsträger für komplexe künstlerische Fragestellungen Verwendung findet.

Das sind nur einige wenige Höhepunkte im Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010, die hoffen lassen, dass nicht allzu sehr gespart wird.             Silke Osman

Foto: Aquarius: Wassermuseum in Mühlheim an der Ruhr – nur eines der zahlreichen Kulturdenkmäler im Ruhrgebiet


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