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22.08.09 / Die blutigste Schlacht ihres Jahrhunderts / Im Spanischen Erbfolgekrieg kämpften vor 300 Jahren bei Malplaquet 80000 Franzosen gegen 90000 Gegner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Die blutigste Schlacht ihres Jahrhunderts
Im Spanischen Erbfolgekrieg kämpften vor 300 Jahren bei Malplaquet 80000 Franzosen gegen 90000 Gegner

Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1713/14) ging es nach dem Tod des kinderlosen Königs Karl II. im Jahre 1700 um nichts Geringeres als die Hegemonie in Europa. Die west- und mitteleuropäischen Großmächte stritten darum, wer von den spanischen Habsburgern das Königreich selber und dessen riesige lateinamerikanische Kolonien, das Königreich Neapel-Sizilien, die Herzogtümer Mailand und Luxemburg, sowie große Teile des heutigen Belgiens erben würde. Blutiger Höhepunkt dieses Krieges war die Schlacht von Malplaquet.

Nach dem Tod Karls II. erhoben zwei angeheiratete Schwager für ihr Haus Anspruch auf das Erbe. Da war zum einen Leopold I. Der Kaiser aus dem Hause Habsburg war mit Karls II. Schwester Margareta Theresa verheiratet. Und dann war da Ludwig XIV. Der französische König aus dem Hause Bourbon war mit Karls II. Schwester Maria Theresia vermählt.

Wilhelm III., Statthalter der Niederlande sowie König von England, Schottland und Irland, war um das Gleichgewicht auf dem europäischen Kontinent besorgt und schlug deshalb einen Kompromiss vor. Darauf ließ sich der „Sonnenkönig“ jedoch nicht ein. Gemeinsam mit dem spanischen Staatsrat und der Kurie ließ er vielmehr den senilen Karl II. in dessen Testament seinen Enkel Philipp von Anjou als Alleinerben einsetzen und forderte nach Karls II. Tod unter Berufung auf diesen letzten Willen das Gesamterbe für seinen Nachkommen. Die Niederlande und Großbritannien schlugen sich daraufhin auf die Seite des Kaisers – der Spanische Erbfolgekrieg begann.

Die Franzosen erwiesen sich im Felde nicht als die Stärkeren. Das war wesentlich bedingt durch das Feldherrentalent des kaiserlichen Kommandeurs, des Prinzen Eugen von Savoyen, und des Briten John Churchill, Baron von Sandridge, Earl of Marlborough (eines Vorfahren von Winston Churchill). Mehr noch: Die beiden Talente arbeiteten vorbildlich zusammen, was in der Kriegsgeschichte eher eine Seltenheit ist. So zwangen sie durch eine Reihe von Siegen, angefangen mit dem bei Höchstädt (1704), die Franzosen in die strategische Defensive.

Im Sommer 1709 schien der Moment gekommen, die Entscheidungsschlacht zu wagen, die den Krieg zugunsten der Alliierten beenden sollte. Die Franzosen hatten, unter den bewährten Marschällen Claude-Louis-Hector de Villars  und Louis-François de Boufflers, nur noch eine große Armee im Felde, die die Nordgrenze und die dort liegenden Sperrfestungen deckte. Prinz Eugen und Marlborough eroberten Dornick (Tournai) und belagerten Bergen (Mons). Das durfte Villars nicht auch noch verlieren. Er rückte also heran, bezog rund um das Dorf Malplaquet eine feste Stellung, um Mons zu decken, und verschanzte sich aufwendig. So zwang er die Alliierten, ihn anzugreifen.

Eugen und Marlborough muss­ten erst eine überlegene Truppenzahl zusammenziehen, Kaiserliche, Briten, Sachsen, Dänen, Hannoveraner und auch Preußen, denn König Friedrich I. hatte im Jahre 1701 den erstrebten Status eines Königs in Preußen vom Kaiser unter der Bedingung zugestanden bekommen, dass er mit ihm gegen Ludwig XIV. kämpfte.

Im kaiserlichen Lager weilte auch Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere „Soldatenkönig“, der mit anderen Generalen am Tag vor der Schlacht die französischen Kollegen besuchte – sei es, um dabei die Verschanzungen des Feindes irgendwie auszukundschaften, sei es, weil die europäischen Aristokraten ihre Kriege untereinander immer noch als eine Art Fortsetzung der freundschaftlichen Ritterturniere des Mittelalters auffassten.

Als der Angriff am 11. September losbrach, kamen die Preußen im Zentrum zum Einsatz und erlitten große Verluste. Überhaupt lief die Schlacht nicht so, wie Eugen und Marlborough es geplant hatten. Der linke Flügel der Franzosen sollte unter Ausnützung der zahlenmäßigen Überlegenheit der Alliierten großräumig umgangen werden, während Zentrum und rechter Flügel der Franzosen nur durch Fesselungsangriffe zu beschäftigen waren. Das Umgehungsmanöver führte schon beim Anmarsch zu Durcheinander und Verwirrung. Am alliierten linken Flügel kommandierte der junge Erbprinz von Oranien Johann Wilhelm Friso von Nassau-Dietz, der als beliebter Kriegsheld galt und entgegen dem Plan mit großem Nachdruck angriff. Er wurde derart verlustreich zurückgeschlagen, dass der dort kommandierende Marschall Boufflers im Gegenangriff die Schlacht hätte entscheiden können, wenn er denn im Getümmel die nötige Zeit gefunden hätte, die Genehmigung für den Gegenangriff durch den übergeordneten Marschall Villars einzuholen.

So jedoch blieb der Gegenangriff aus und die Alliierten konnten ihren Druck auf das feindliche Zentrum fortsetzen. In den französischen Verschanzungen waren als Ausfallpforten für die eigene Kavallerie Zwischenräume ausgespart. Genau dort drang nun die Reiterei der Alliierten ein, wurde wieder hinausgeworfen, stieß noch einmal nach. Villars wurde am Bein verwundet, weshalb Boufflers das Kommando übernahm. Er sah am frühen Nachmittag, dass das Schlachtfeld gegen die Übermacht nicht zu behaupten war und leitete den geordneten Rückzug ein.

Die Alliierten waren aber viel zu erschöpft, um den Feind zu verfolgen. Ihre Verluste werden auf zirka 22500 Tote und Verwundete geschätzt, die der Franzosen auf „nur“ 11000. Damit war die Schlacht bei Malplaquet die ver­lust­reichste Schlacht des 18. Jahrhunderts. Die europäische Öffentlichkeit war über das Blutbad entsetzt. Für die Alliierten war der Sieg bei Malplaquet ein Pyrrhussieg. So schrieb Villars an seinen König, wenn er noch so eine Schlacht verliere, werde er ihm sein Königreich endgültig retten.

Wie aus der Schlacht ging auch aus dem Krieg keine der Parteien als eindeutiger Sieger hervor. Die Streitparteien einigten sich im Frieden von Utrecht 1713 auf eine Teilung des Erbes. Spanien selber und seine Kolonien gingen an den Bourbonen Philipp von Anjou. Das von ihm begründete spanische Herrscherhaus regiert – mit Unterbrechungen – bis heute.         

Bernd Rill / M.R.

Foto: Die Schlacht bei Malplaquet: Ölgemälde von Louis Laguerre (1663–1721)


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