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29.8.09 / Treibende Kraft / Eine Ausstellung dokumentiert das Leben der Juden in Tilsit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Treibende Kraft
Eine Ausstellung dokumentiert das Leben der Juden in Tilsit

Das Tilsiter Stadtgeschichtliche Museum widmet der Bewahrung der kulturhistorischen Vergangenheit der Stadt am Memelstrom große Aufmerksamkeit. Dieser Tage erinnert eine Ausstellung an das Leben und Wirken der Juden in Tilsit. In der Stadt war im Jahre 1910 die jüdische Gemeinde auf über 1000 Mitglieder angewachsen. Die jüdischen Bürger betrieben den Holzhandel und unterhielten Sägewerke, viele Geschäfte und Banken waren in ihrer Hand und sie stellten Ärzte und Rechtsanwälte. Die Ausstellung zeigt, welch wertvollen Beitrag die Tilsiter Juden bei der Entwicklung der Stadt zu einem blühenden Handels- und Gewerbezentrum geleistet haben und wie sie das kulturelle Leben und städtebauliche Antlitz beeinflussten. Sie macht aber auch deutlich, wie ihre Zahl nach der Verdrängung aus dem öffentlichen Leben durch die Nationalsozialisten und die damit einhergehende Auswanderung drastisch zurückging. Im Mai 1939 gab es nur noch 311 Juden in der Stadt. Die meisten von ihnen wurden im Sommer 1942 in den Bezirk Minsk deportiert.

Die Eröffnung der Ausstellung „Juden in Tilsit“ nahm Ruth Leiserowitz von der Berliner Humboldt-Universität vor. Sie begrüßte die zahlreich erschienenen Besucher aus dem früheren und heutigen Tilsit. Gäste waren aus Israel, USA, Australien und Südafrika angereist, wo es eine große jüdische Diaspora gibt. Es waren Kinder und Enkel jener Tilsiter Juden, denen das rechtzeitige Verlassen der Stadt gelungen war. Sie sahen nun erstmals die Stätten, von denen sie bisher nur aus den Erzählungen ihrer Vorfahren gehört hatten. So herrschte beim Betrachten der Fotos und Dokumente eine bewegende und fast familiäre Atmosphäre. Man erkannte Verwandte und Angehörige auf den zahlreichen Bildtafeln. Mit tiefer Betroffenheit und Trauer verharrte man besonders vor der langen Liste jener Namen, deren Leben nur deshalb ausgelöscht wurde, weil sie Juden waren.

Museumsdirektor Ignatow mit seinen Helferinnen führte sachkundig durch die Ausstellung. Viele Fragen wurden in deutscher und englischer Sprache beantwortet. An der Eröffnungsfeier nahm auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Herr Schapiro, teil. Er würdigte die Ausstellung als außerordentlich wertvoll für die jüdische Geschichte und die Vergangenheit der Stadt Tilsit.       Hans Dzieran


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