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29.8.09 / Radikal kompromisslos / Junge Afghanin kämpft für die Rechte ihrer Landsleute

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Radikal kompromisslos
Junge Afghanin kämpft für die Rechte ihrer Landsleute

Sie ist radikal kompromisslos und voller guter Absichten. Die Afghanin Malalai Joya, Autorin von „Ich erhebe meine Stimme“, kämpft für die Demokratie in ihrem Lande. Dieser Kampf hat sie als eine der ersten weiblichen Abgeordneten ins afghanische Parlament geführt … und wieder heraus. Bereits in ihrer Antrittsrede hat sich die heute 30-Jährige viele Feinde gemacht. Schonungslos wies sie darauf hin, dass in dem Parlament viele Warlords und Drogenbarone säßen, die nicht nur in der Vergangenheit unendliches Leid über die afghanische Bevölkerung gebracht hatten, sondern auch in der Gegenwart in ihren Provinzen willkürlich ihre Macht ausübten. Auch prangerte sie die Unterdrückung der Frauen an. Der Aufruhr, den sie mit ihren Worten auslöste, sorgte dafür, dass sie nicht zu Ende reden konnte. Zwar empfing der afghanische Präsident Hamid Karzai die Rebellin, doch nachdem sie ihm deutlich das Elend im Land geschildert und all seine faulen Kompromisse vorgeworfen hatte, ging auch er auf Distanz. 2007 hatte sie sich so viele Feinde gemacht, dass sie unter einem Vorwand vom Parlament suspendiert wurde.

Malalai Joya ist weit davon entfernt, eine einfache Person zu sein. Dank ihres liberalen Vaters hat sie bereits als Kind Lesen und Schreiben gelernt. Aufgewachsen in pakistanischen Flüchtlingslagern hat sie ihren Hass auf die afghanischen Warlords entwickeln können, die bereits vor den Taliban Schrecken über ihre Heimat brachten. Joya betont, dass nicht erst unter den Taliban die Unterdrückung der Frauen begonnen habe, bereits unter den die Sowjets bekämpfenden Mudschaheddin wäre die Verschleierung angeordnet und die Berufsausübung genau wie der Schulbesuch untersagt worden. Bereits als 19-Jährige unterrichtete Joya andere Frauen. Ihr Engagement führt sie zurück in ihre Heimat, wo sie im Untergrund Frauen unterrichtet und nach dem Sturz der Taliban ein Waisenhaus leitet.

Die von der Autorin geschilderten Zustände in ihrem Heimatland sind erschreckend. Da sie auf ihren Vortragsreisen inzwischen viele Länder besucht hat, ist ihre Vision für ein demokratisches Afghanistan sehr detailiert geworden. Allerdings hat man den Eindruck, das Joya zu viel will. Ihre Ziele sind zwar redlich, aber absolut unrealistisch. Sie verlangt, dass die alliierten Soldaten abziehen, vorher aber die Feinde der einfachen Bürger entwaffnen und dann die Afghanen sich selbst regieren dürfen. Zieht man jedoch all jene, die für die Taliban oder die Warlords aktiv waren, ab, so finden sich vermutlich nicht allzu viele, mit denen Joya ihr neues Afghanistan aufbauen könnte. Da selbst Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben in dem Land sehr wenig verbreitet sind, fragt sich, wie sie so ein Land modernisieren will.

Mit ihrer Kompromisslosigkeit hat sie sich allerdings selbst ins Aus manövriert. Bereits mehrere Mordanschläge haben dazu geführt, dass sie immer nur ein paar Tage an einem Ort verweilen kann, was ihrer Ehe und überhaupt ihrem Privatleben abträglich ist. Selbst das Waisenhaus in ihrer Heimatprovinz Farah konnte sie nicht weiter führen.          R. Bellano

Malalai Joya: „Ich erhebe meine Stimme – Eine Frau kämpft gegen den Krieg in Afghanistan“, Piper, München 2009, gebunden, 302 Seiten, 19,95 Euro


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