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29.8.09 / Ihr letzter Kampf / Parkinson-Kranke glaubt nicht an den Selbstmord ihrer Tochter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Ihr letzter Kampf
Parkinson-Kranke glaubt nicht an den Selbstmord ihrer Tochter

Parkinson ist eine langsam fortschreitende, grausame Krankheit. Das Absterben bestimmter Nervenzellen führt von zunächst verlangsamten Körperbewegungen bis hin zur völligen Bewegungslosigkeit. Was das bedeutet, mag man sich kaum vorstellen.

In Claudia Pineiros Roman „Elena weiß Bescheid“ trifft es Elena gleich doppelt hart. Nicht nur, dass sie an der unheilbaren Krankheit Parkinson erkrankt ist und sich nur noch in gebeugter Haltung unter Einfluss von Tabletten fortbewegen kann, nein, der Pastor Juan findet auch noch ihre Tochter Rita erhängt im Glockenturm auf.

Selbstmord lautet das sofortige und unangefochtene Urteil der Polizei. Doch ist Elena sich da ganz und gar nicht sicher. Zwar waren sie und ihre Tochter wie Hund und Katze, permanent mit Kräfte zehrenden Zankereien beschäftigt, und auch Ritas Freund Roberto war sicher kein Märchenprinz, doch trotzdem zweifelt Elena nicht eine Minute daran, dass ihre Tochter kaltblütig ermordet wurde.

„Als man Rita fand, hing sie im Glockenturm der Kirche. Tot. An einem regnerischen Nachmittag, und das mit dem Regen, da kann Elena keiner was vormachen, ist keineswegs nebensächlich. Auch wenn alle sagen, es sei Selbstmord gewesen ... Aber da können sie noch so lange reden, oder schweigen, keiner weiß so gut wie sie, dass Rita bei regnerischem Wetter nicht zur Kirche ging.“

In ihrer Verzweiflung und Hilflosigkeit versteift sich Elena auf den Glauben, ihre Tochter sei ermordet worden. Warum hätte Rita sich umbringen sollen? Sie hatte nie erwähnt unglücklich zu sein … Schimpfend und doch aufopfernd hatte die 44-Jährige ihre immer kränker und hilfsbedürftiger werdende Mutter gepflegt, gewaschen, angezogen, aufs Klo begleitet, ins Bett gebracht.

Elena ist schwach und nahezu bewegungsunfähig ohne ihre Levodopa-Tabletten, doch die alte Dame ist fest entschlossen, Ritas Mörder zu finden. Nun ist die Wahrheit nicht nur häufig anders, sondern auch grausamer als erwartet.

Die argentinische, mit internationalen Preisen ausgezeichnete Bestsellerautorin Claudia Pineiro berührt und schockiert den Leser mit ihrem Roman „Elena weiß Bescheid“ gleichermaßen und trifft wahrscheinlich gerade deshalb den entscheidenden Nerv. Die Wahrheit ist leider nicht immer schön, aber sie ist nun mal Realität. A. Ney

Claudia Pineiro: „Elena weiß Bescheid“, Unionsverlag, Zürich 2009, geb., 186 Seiten, 16,90 Euro


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