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29.8.09 / Fast vergessen / »Zwischen den Kriegen«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

 Fast vergessen
»Zwischen den Kriegen«

Sozialist, Pazifist, Jude und wohl auch homosexuell, der Schriftsteller Kurt Hiller war den Nationalsozialisten gleich mehrfach ein Dorn im Auge. Im englischen Exil überlebte er jedoch das NS-Regime und wurde danach sogar wieder in Deutschland literarisch aktiv. In „Zwischen den Kriegen“, einer lyrisch bedeutsamen, von Werner Riegel geführten Zeitschrift, schrieb Hiller bereits aus London. Er befleißigte sich, Riegel und seinen Kompagnon Peter Rühmkorf mit seinen Meinungen und Ideen zu beglücken. Rühmkorf, der später mit Klaus Rainer Röhl „konkret“ ins Leben rief, und der Danziger Riegel achteten den 40 Jahre älteren Hiller. In „Zwischen den Kriegen – Werner Riegel, Klaus Rainer Röhl und Peter Rühmkorf – Briefwechsel mit Kurt Hiller 1953 bis 1971“ zeigt Rüdiger Schütt, wie ehrerbietig die doch so vieles in Frage stellenden literarischen Rebellen sein konnten. 

Die vorliegende Briefsammlung mit Vorwort des Herausgebers Schütt gibt Einblick in die Denke der vier sozialistischen Protagonisten und ihren „Finismus“, der ja nicht nur Ende, sondern auch Ziel bedeutete. Den Dritten Weltkrieg literarisch verhindern lautete ihre Parole. Für den Herausgeber waren die vier ein Gegenstück zu der „Gruppe 47“, der auch Günter Grass angehörte und die die vier verachteten. Offenbar teilten die meisten Verleger, denen Schütt sein Buchprojekt anbot, seine Meinung nicht. Außerdem konnten sich einige nicht vorstellen, ein Buch unter Mitwirkung von Röhl zu veröffentlichen.

Während Hiller „Zwischen den Weltkriegen“ als Plattform für persönliche Abrechnungen am Ende seines Lebens nutzte, war das Magazin für Rühmkorf und Röhl nur Zwischenetappe. Mit dem frühen Tod Riegels 1956 wurde das Blatt eingestellt. Doch die anderen drei arbeiteten weiter miteinander, waren sich aber immer weniger freundschaftlich verbunden. Amüsant liest sich die Korrespondenz zwischen Röhl und Hiller 1971, in der Hiller den „konkret“-Macher vorrechnet, dass er noch ein Ausfallhonorar aus dem Jahre 1962 plus Zinsen in Höhe von 201 Euro verlangt, das die böse Meinhof, die ja nun weg ist, ihm vorenthalten hatte. Doch ansonsten ist der vorliegende Band nur etwas für sehr an Details interessierte Leser.   Bel

Rüdiger Schütt: „Zwischen den Kriegen – Werner Riegel, Klaus Rainer Röhl und Peter Rühmkorf – Briefwechsel mit Kurt Hiller 1953 bis 1971“, edition text + kritik, München 2009, gebunden, 425 Seiten, 34 Euro


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