23.04.2024

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29.8.09 / Zum Spielball degradiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Zum Spielball degradiert
von Hans Heckel

Ob es tatsächlich der langweiligste Wahlkampf der Geschichte wird, können wir erst nach den Landtagswahlen diesen Sonntag sagen. Geraten die Resultate nach den Umfragen, bergen sie allerhand Sprengstoff für die von den Medien so schmerzlich vermisste Eskalation.

Was wir indes jetzt schon mit einiger Sicherheit vorhersehen können ist, dass dies der wohl teuerste Wahlkampf werden dürfte. Ursache ist eine Politik, die die realen Erfordernisse des Landes dermaßen hinter ihre parteitaktischen Erwägungen gestellt hat, dass einem nur das abgenutzte Wörtchen „Skandal“ dazu einfällt.

Welche Folgen diese bewusste Unverantwortlichkeit zeitigen kann, dürfte sich am Beispiel Opel manifestieren. Jeder halbwegs verständige Mensch weiß: Nur wer Nein sagen kann, der kann erfolgreich verhandeln. Doch um Nein sagen zu können, muss man eine Alternative haben.

Fiat, der Finanzinvestor RHJI und Magna/Sberbank hatten Gebote für die Übernahme der Opel-Mehrheit von der Muttergesellschaft General Motors (GM) abgegeben. Da der deutsche Staat als unverzichtbarer Kreditbürge hinter der Rettung stand, hatte er eine gute Verhandlungsposition, um für den deutschen Steuerzahler im Ringen der Bieter untereinander und mit GM das Beste herauszuholen.

Und falls es gar nicht weitergegangen wäre, weil die Verhandlungspartner allzu sehr feilschen und pokern, hätte Berlin immer noch die Möglichkeit einer Planinsolvenz ins Spiel bringen können – und sei es nur, um den Druck auf die anderen Seiten zu erhöhen.

Statt ihre Vorteile auszuspielen, hat sich die Große Koalition jedoch frühzeitig auf den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna und die russische Sberbank festgenagelt. Warum? Gewerkschaft und Betriebsrat bei Opel wollten es so. Es war ihnen gelungen, sich als Stimme des ganzen Volkes zu inszenieren, was ihnen erhebliche Macht verlieh. Deshalb wurde Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der die letzte Möglichkeit einer Insolvenz ins Gespräch brachte, mit brachialer Wortgewalt ins Glied gestoßen. Deshalb wohl auch hatte RHJI keine Chance, handelt es sich dabei doch um eine „Heuschrecke“. Die wollte Angela Merkel dem Wahlvolk offenbar auf keinen Fall präsentieren. Fiat stieß ohnehin auf den entschiedenen Widerstand des Betriebsrats.

Blieb also nur Magna/Sberbank und das deutsche Versprechen von 4,5 Milliarden Euro Staatsbürgschaft. Alternative: keine mehr. Hinzu kommt der Zeitdruck wegen der herannahenden Wahl. Angeblich hatte die Bundesregierung schon Ort und Termin der stolzen Bekanntgabe der Magna-Lösung festgelegt, als die Nachricht aus Detroit kam, dass es noch dauere.

GM-Chef Fritz Henderson hält nun alle Trümpfe in der Hand. Er hat im Unterschied zu Berlin viel Zeit, und er hat Alternativen. So wuchs der eben noch schwache Konzernlenker zum starken Verhandlungspartner, während sich der einst starke Helfer Deutschland selbst zum Spielball degradierte.

Strippen gezogen: Opel-Betriebsratschef Klaus Franz erklärte Steinmeier bereits vor Monaten, wer aus seiner Sicht Opel haben soll. Der 56-jährige Franz führt seit 2000 den Gesamtbetriebsrat und spricht somit für alle 25600 Opel-Beschäftigten in Deutschland. Zugleich ist er Vize-Aufsichtsratschef.


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