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05.09.09 / Der Schöpfer des modernen Bayerns / Maximilian Graf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-09 vom 05. September 2009

Der Schöpfer des modernen Bayerns
Maximilian Graf von Montgelas leitete die bayerische Politik während der gesamten napoleonischen Ära

Maximilian von Montgelas war der innenpolitisch erfolgreichste deutsche Politiker des frühen 19. Jahrhunderts. Das sagt zumindest der Historiker Hans-Ulrich Wehler. Tatsächlich löste Napoleons Griff nach Deutschland nicht nur in Preußen, sondern auch im Rheinbund einen Modernisierungsschub aus. Und anders als in Preußen mit seinen Stein-Hardenbergschen Reformen sind in Bayern diese Veränderungen mit einem einzigen Namen verbunden: Maximilian von Montgelas.

In der heutigen bundesdeutschen Geschichtsschreibung ist das Bild des bayerischen Rheinbundpolitikers positiv, positiver als es noch zu Zeiten des Deutschen Reiches war. Dieser Sinneswandel ist geschichtspolitisch leicht erklärbar. Die preußischen Reformen hatten das Ziel, Preußen fit zu machen für den Kampf um die Befreiung Deutschlands von der französischen Herrschaft. Dieser deutschnationale und antifranzösische Impetus war Montgelas und seinen Reformen fremd.

Maximilian Carl Joseph Franz de Paula Hieronymus Graf von Montgelas war stark durch Frankreich geprägt. Wie der französisch klingende Familienname bereits vermuten lässt, war seine Familie nichtdeutscher Herkunft. Vielmehr handelte es sich um ein altes savoyisches Geschlecht. Maximilians Vater ließ sich dann in Bayern nieder und brachte es dort bis zum Generalmajor und Oberstsilberkämmerer.

Obwohl Maximilian am 12. September 1759 in München zur Welt kam, wurde er nach dem frühen Tod seiner Eltern doch stark französisch sozialisiert. In Nancy, wo er zur Schule ging und in Straßburg, wo er Jura studierte, nahm er den Geist der französischen Aufklärung in sich auf. Wie viele Vertreter der deutschen Intelligenz stand Montgelas den frühen Grundsätzen der Französischen Revolution, den Menschen- und Bürgerrechten sowie der konstitutionellen Monarchie positiv gegenüber. Und ihn beeindruckte, wie Napoleon Bonaparte der Anarchie und dem Terror in seinem Land ein Ende setzte, nachdem sich die Revolution radikalisiert hatte. Wie der preußische Reformer Karl August von Hardenberg glaubte auch er, nur durch eine „Revolution von oben“ die deutschen Staaten in diesen unruhigen Zeiten überlebensfähig machen zu können.

In diesem Sinne arbeitete Montgelas denn auch an einem Reformprogramm mit, nachdem er im Anschluss an ein vorzügliches Examen 1777 als Hofrat wie sein Vater in bayerische Dienste getreten war. Als 1784/85 der aufklärerische Illuminatenorden in Bayern verboten wurde, wechselte dessen Mitglied Montgelas nach Pfalz-Zweibrücken, wo eine Nebenlinie der Wittelsbacher regierte. Als 1799 der bayerische Kurfürst starb und der Herzog von Pfalz-Zweibrücken dessen Nachfolge antrat, nahm dieser Montgelas mit nach München. Mit Empfehlung Preußens und gegen den Wunsch Frankreichs erhielt Montgelas noch im selben Jahr mit dem Außen- das wichtigste Ministerium. Er sollte es bis 1817 behalten und damit die gesamte für Deutschland so wichtige napoleonische Ära über die Politik der bayerischen Mittelmacht bestimmen.

Montgelas war außenpolitisch in einer ganz anderen Situation als die preußischen Reformer: Den preußischen Staat wollte Napoleon von der Landkarte fegen. Bayern hingegen wollte der Franzosenkaiser zu einem befreundeten Pufferstaat zwischen sich und Österreich ausbauen. Und Montegelas machte mit. An die Interessen Deutschlands verschwendete er keinen Gedanken. Seine Außenpolitik wurde von den Interessen Bayerns bestimmt. Und die bestanden in seinen Augen darin, sich an den mächtigen Nachbarn jenseits des Rheins zu halten, so lange er mächtig war.

Mit seiner Reformpolitik strebte Montgelas ganz im Sinne des Absolutismus einen einheitlichen, arrondierten (abgerundeten) Zentralstaat ohne Enklaven an, ein Werk, von dem Bayern noch heute geprägt ist. Dies ging auf Kosten von Sonderrechten insbesondere der Kirche und des Adels. Der Absolutismus, der ihm vorschwebte, war jedoch nicht jener des „Sonnenkönigs“, der sich mit dem Staat gleichsetzte. Vielmehr schwebte Montgelas ein aufgeklärter Absolutismus vor. Was Friedrich der Große gesagt hatte, „Ich bin der erste Diener meines Staates“, versuchte Montgelas in konstitutionelle Form zu gießen. War der Monarch zu Ludwigs XIV. Zeiten noch der Staat, so machte Montgelas ihn zu dessen Organ.

Entsprechend den Sympathien Montgelas’ für den Konstitutionalismus, aber auch dem Willen Frankreichs folgend, erhielt Bayern bereits 1808 eine Verfassung. Der Entwurf zu ihr stammte von Montgelas. Sie bildete den Höhepunkt der Montgelaschen Reformtätigkeit und fasste noch einmal deren Kernbestimmungen zusammen einschließlich der bürgerlichen Freiheitsrechte.

Wenn Montgelas auch unbestreitbar französisch sozialisiert war und über Jahre das Bündnis mit Napoleon suchte, so wäre es doch seinem bayerischen Lokalpatriotismus ferngelegen, Bayerns Schicksal an das des französischen Emporkömmlings zu binden. Anders als Sachsen schaffte das Bayern Montgelas’ ähnlich wie die meisten Rheinbundstaaten rechtzeitig den Seitenwechsel und konnte so seine Erwerbungen aus der napoleonischen Zeit retten.

In dieser Hinsicht konnte Montgelas zufrieden sein. Als er 1799 mit der Übernahme des Außenministeriums die Geschicke Bayerns in die Hand nahm, handelte es sich um ein zerrüttetes Kurfürstentum von 938 Quadratmeilen Fläche. Nach dem Ende der napoleonischen Kriege und der Kollaboration mit Frankreich war das Land ein wohlabgerundetes und angesehenes Königreich mit Verfassung, leistungsfähiger Verwaltung und bürgerlichen Freiheitsrechten von rund eineinhalbfacher Größe.

Und dennoch ging die Zeit über Montgelas hinweg. Auch wenn er viel reformfreudiger war als sein österreichischer Amtskollege Klemens von Metternich, so trug auch er der aufstrebenden nationalliberalen Bewegung nicht genügend Rechnung. Diese Bürgerbewegung wollte mehr als Verfassung, gute, effektive Verwaltung und bürgerliche Freiheitsrechte. Sie wollte die Mitbestimmung der Bürger und den Nationalstaat. Montgelas lehnte diese beiden Anliegen ab. Schließlich stellte der Führer der nationalliberalen Bewegung in Bayern, Kronprinz Ludwig, seinen Vater, König Maximilian I., 1817 schriftlich vor die Wahl: er oder ich. Der Monarch gab seinem erfolgreichen Reformer und Außenminister einen Abschied in allen Ehren. Am 14. Juni 1838 starb Maximilian von Montgelas in München. Manuel Ruoff

Foto: Maximilian Joseph von Montgelas: Das Porträt von Joseph Hauber aus dem Jahre 1806 zeigt den Politiker in der Tracht des Hubertus-Ordens.    Bild: People picture


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