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26.09.09 / Selbst im Westen noch auf der Flucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Selbst im Westen noch auf der Flucht
von Harald Fourier

Etwa 400 Personen hat die DDR aus dem Westen entführen lassen. Zum Beispiel hatte es die SED-Führung auf sogenannte „Republikflüchtlinge“ abgesehen, die mit allen möglichen Tricks ins Arbeiter- und Bauernparadies zurückgezerrt wurden. Wie die Leser des „Spiegel“ am Montag erfuhren, hat auch der Anwalt Gregor Gysi 1988 in West-Berlin (!) persönlich ehemalige DDR-Bürger bearbeitet, damit sie zurückkehren. Doch wer nicht freiwillig ging, der wurde bisweilen „gebracht“. Es geschah natürlich alles nur zum „Wohle der Menschen“.

Willy Schreiber, ein für DDR-Verhältnisse vermögender Mann, hat das am eigenen Leibe erfahren. Der heute 72-Jährige war als Schausteller in der DDR unterwegs und besaß eine Eisbude. Aber sein Wohlstand weckte den Neid eines Widersachers, der Schreibers Familie für immer zerstörte. Der Stasi-Agent, der hinter ihm her war, war der Geliebte seiner Frau. Gemeinsam riss sich das Pärchen Schreibers kleines Unternehmen und sein Vermögen unter den Nagel und  versuchte Schreiber ins Gefängnis zu bringen.

1981 flüchtete er kurz entschlossen mit  seiner älteren Tochter nach West-Berlin. Dann wollte er seinen jüngeren Sohn nachkommen lassen, was auch gelang. Allerdings wurden zwei Fluchthelfer verhaftet und monatelang eingesperrt. Der Fall machte damals einige Schlagzeilen, weil die DDR-Organe behaupteten, Schreiber habe seinen Sohn entführen lassen. Am Ende ging der Sohn freiwillig zurück, weil ihm die Mutter fehlte, die ihm am Telefon vorlog, im Sterben zu liegen. Die SED-Propaganda hat das Ganze als               Propagandasieg im Kalten Krieg gefeiert.

Schreiber war am Boden zerstört. Doch nun begann der Terror erst richtig. Das MfS überwachte ihn ständig. Es gab mehrere Entführungsversuche durch Stasi-Agenten, doch die westdeutschen Behörden reagierten gleichgültig und herzlos. Schreiber floh. Er ging nach Italien, nach Amerika, nach Tahiti. Doch selbst in der Südsee tauchten plötzlich die kommunistischen Häscher auf! Erst der Mauerfall beendete die ständige Verfolgung durch Stasi-Agenten. Später erfuhr Schreiber durch seine Akten, dass er ermordet werden sollte. Im Jahr 2000 erschien ein Buch, in dem er die höllische Geschichte seines Lebens niederschrieb. Da jetzt jedoch weitere Unterlagen aufgetaucht sind, hat er sein Buch überarbeitet und neu erscheinen lassen. Es ist ein bedrückendes Zeugnis verborgener Zeitgeschichte.

Willy Schreiber: Im Visier, Chronik einer Flucht, 19,90 Euro, 300 Seiten

Am 1. Oktober stellt Willy Schreiber sein Buch im Café „Cum Laude“ (Universitätsstraße 4, 10117 Berlin) vor. Anmeldung unter: Institut für unternehmerische Freiheit, Stubenrauchstraße 10, 12161 Berlin, Fax (030) 692080039, E-Mail: info@iuf-berlin.org


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