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26.09.09 / Der Mann der Regierungen / Wiederwahl von José M. Barroso wird in Brüssel skeptisch gesehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Der Mann der Regierungen
Wiederwahl von José M. Barroso wird in Brüssel skeptisch gesehen

Barroso hat eine 40 Seiten starke Orientierung vorgelegt, wobei mein Eindruck ist, dass das stärkste daran die 40 Seiten sind“, ätzte Martin Schulz, der Fraktionschef der Sozialisten im Europäischen Parlament, gegen José Manuel Barroso. Als Schulz diese Worte aussprach, ahnte er schon, dass er den Kampf verloren hatte und Barroso zum Kommissionspräsidenten der EU wiedergewählt werden würde.

382 der 736 Stimmen konnte der Portugiese auf sich vereinen und allen war klar, dass er sein Amt nicht wegen seiner Ausstrahlung und Durchsetzungskraft, sondern wegen seiner Bereitschaft zu Kompromissen behalten durfte.

Die meisten Bürger der EU kennen Barroso nicht, nur wenige können seine Funktion in der EU und die damit verbundene Machtfülle definieren. Daher verwundert es nicht, dass seine Wiederwahl auf wenig Resonanz stieß. Doch der aufmerksame Beobachter bemerkte durchaus, dass vor allem die Regierungen der 27 EU-Mitgliedsstaaten eine zweite Amtszeit guthießen. Zwar ist die Europäische Kommission, der Barroso vorsteht, offiziell ein unabhängig von den Mitgliedsstaaten agierendes Organ der EU, doch hinter den Kulissen lenken die Regierungen durchaus. Jede von ihnen darf einen Kommissar stellen, der vergleichbar mit einem Fachminister ein bestimmtes Ressort in der EU bearbeitet. Auch dürfen nur die Kommissare EU-Rechtsvorschriften vorschlagen und bestimmen somit massiv die Linie. Dennoch haben die Regierungen der Mitgliedsländer Einfluss auf ihre Kommissare und auch auf den Kommissionspräsidenten. Hier hat Barroso sich in den ersten fünf Jahren als Kommissionspräsident stets als sehr entgegenkommend gezeigt.

Die 27 Regierungen stellen diese für sie positive Eigenschaft Barrosos weniger in den Vordergrund, weil der Eindruck einer unabhängigen EU-Kommission erhalten bleiben soll. Die Fraktionen im EU-Parlament gaben hingegen offen zu verstehen, dass Barroso ihnen Zugeständnisse für ihre Stimmen gemacht habe.

In den nächsten Monaten geht es nun darum, die 27 Stellen in der EU-Kommission zu besetzen. Die Mitgliedsstaaten reichen bei Barroso ihre Vorschläge ein, der zusammen mit dem Rat der Europäischen Union, der sich aus den Vertretern jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene zusammensetzt, die Kandidaten auswählt. Zu diesen Personalien kann dann auch das Parlament Stellung beziehen.

Allerdings haben die meisten Länder bisher ihre Wunschkandidaten noch nicht offiziell benannt. In Deutschland werden seit Monaten mögliche Nachfolger für den deutschen Kommissar Günter Verheugen in die Debatte gebracht. Namen wie Friedrich Merz (CDU), Peter Hintze (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) geisterten schon durch die Medien. Wen die Bundesregierung aber schließlich als Wunschkandidat setzen wird, hängt auch vom Ausgang der Bundestagswahl ab. Auch die FDP hat bereits Interesse angemeldet, einen Kommissar zu stellen. Gleichzeitig verlautete erst vor kurzem, Merkel wolle ihrem treuen Finanzminister Steinbrück im Falle einer Niederlage der SPD einen Prestige-Job verschaffen.

So wie in Berlin wird auch in anderen EU-Staaten das Amt des Kommissars vergeben. Dass dieser Machtpoker nicht dazu angetan ist, den Bürgern Vertrauen in die Institutionen der EU einzuflößen, steht auf einem anderen Blatt.          Bel


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