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26.09.09 / Bisher der Öffentlichkeit verborgen / Sensationelle kleine Ausstellung im Kunsthaus Stade zeigt Bilder von August Macke aus Familienbesitz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Bisher der Öffentlichkeit verborgen
Sensationelle kleine Ausstellung im Kunsthaus Stade zeigt Bilder von August Macke aus Familienbesitz

Von einem „Kunst-Coup“ war in der Presse zu lesen. Gemeint war eine Ausstellung mit Bildern des Expressionisten August Macke in der Hansestadt Stade. Die 140 Exponate stammen alle aus Familienbesitz und werden zum großen Teil erstmals öffentlich gezeigt.

Auf einer Pressekonferenz schilderte Andreas Schäfer, Fachbereichsleiter Bildung und Kultur der Hansestadt Stade, wie es dazu kam, dass ausgerechnet „in der Provinz“ eine solch hochkarätige Schau zu sehen ist. Während einer Ausstellung mit Arbeiten von Jonathan Meese und Daniel Richter in Stade hatte er einen Kunstfreund kennengelernt, der erst später offenbarte, mit einer Enkelin von August Macke verheiratet zu sein. Die Idee einer Ausstellung war bald geboren, doch mussten zunächst alle Enkel mit einer Ausstellung einverstanden sein. Nach einiger Überzeugungsarbeit war das Projekt „August Macke – ganz privat“ dann in „trockenen Tüchern“. Und so sind im kleinen Kunsthaus Stade, direkt am Hafen im Herzen der Altstadt gelegen, exquisite Bilder des Malers zu sehen, der vor allem durch die farbenfrohen Bilder seiner Tunesienreise einem breiten kunstsinnigen Publikum bekannt sein dürfte.

Einen anderen Macke lernt man nun in Stade kennen, einen Künstler, dessen Lebenswerk nur knappe zehn Jahre umfasst und das dennoch so reichhaltig ist. Die Ausstellung ist dem Lebensweg des Malers nachempfunden und gibt sehr persönliche Einblicke in sein Umfeld und seine künstlerische Entwicklung.

August Macke, geboren am 3. Januar 1887 in Meschede, wuchs in Köln und später in Bonn auf. Er brach die Schule ab, um auf der Kunstakademie zu lernen. „Er hatte nur seine Malerei im Kopf“, erinnerte sich seine spätere Frau Elisabeth. Doch auch an der Akademie fand er nicht die Erfüllung als Künstler. Das traditionelle Studium entsprach nicht seinen Vorstellungen, vermisste er doch den Bezug zum Leben und andere Inspirationsquellen. Besser gefiel es ihm an der Kunstgewerbeschule Düsseldorf unter Peter Behrens. In der Beschäftigung mit dem Kunstgewerbe fand Macke zu neuen Ausdrucksformen. Möbel und Vasen, aber auch Entwürfe für Schmuck und für Stickereien, die dann unter anderem von seiner Frau Elisabeth ausgeführt wurden, beschäftigten ihn. Immer hatte er auch seinen Skizzenblock dabei und hielt mit dem Bleistift fest, was ihn bewegte. So entstanden auch Zeichnungen, die seinen rheinischen Humor zeigen, wie etwa Bleistiftskizzen von exerzierendem Militär oder von einem Zeitungleser, hinter dessen Rücken sich eine Katze „entleert“. 1907 hielt sich Macke für ein halbes Jahr in Berlin auf, wo er auch die Malschule von Lovis Corinth besuchte. Er schrieb an Elisabeth: „Er ist trotz seiner Ruppigkeit doch ein Kerl, der einem, wenn man selbst mit will, viel, viel beibringen kann. Vor allem nimmt er selbst die Kohle in die Hand oder den Pinsel und zeigt einem, wie er es machen würde … Er merkt es allen an, ob man frisch ist oder nicht. ,Wenn Sie schlapp werden und murksen, fangen Sie lieber etwas anderes an. Nur frisch bleiben.‘ Das sagt in der Akademie niemand, Er ist sehr ehrlich und sachlich, und ich fühle mich immer erfrischt nach der Korrektur.“

1911 gründete er gemeinsam mit Franz Marc und Wassily Kandinsky die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ und wurde zu einem der Pioniere der Moderne. Das eigene häusliche Umfeld war immer wieder ein wichtiges Thema in seinem Schaffen. Oft diente Elisabeth als Modell, aber auch die Kinder Wolfgang und Walter wurden in Skizzen und Ölbildern porträtiert. Zu seinen kunstgwerblichen Arbeiten gehören auch die in Stade ausgestellten Entwürfe für den Teesalon Worringer, den die befreundete Familie am Kölner Dom plante. Die Mutter des Kunsthistorikers Wilhelm Worringer, der von 1928 bis 1944 in Königsberg lebte und lehrte, betrieb ein erfolgreiches Restaurant am Kölner Zoo. Schon 1911 hatte Macke an Franz Marc geschrieben und den Freund gefragt, ob er das Buch von Worringer „Abstraktion und Einfühlung“ kenne. „Ein feiner Kopf, den wir sehr brauchen können. Ein fabelhaft geschultes Denken, straff und kühl, sehr kühl sogar.“

Mit den Entwürfen für drei Räume des geplanten Teesalons hätte Macke seine Vorstellungen von einem Gesamtkunstwerk verwirklichen können. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnten die Pläne nicht umgesetzt werden. August Macke fiel am 26. September 1914 an der französischen Front. Er wurde nur 27 Jahre alt.      Silke Osman

Die Ausstellung „August Macke – ganz privat“ im Kunsthaus Stade, Wasser West 7, ist bis zum 20. Dezember dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 5/3 Euro, Katalog, 144 Seiten, Halbleinen, 19,90 Euro. Vom 30. Januar 2010 bis 9. Mai ist die Ausstellung in leicht abgeänderter Form im Museum für neue Kunst in Freiburg i. Br. und vom 8. Ok-tober bis 9. Januar 2011 im August-Macke-Haus in Bonn zu sehen.

Foto: August Macke: Bildnis Walter mit Rosenstrauss (Öl, 1913)


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