20.04.2024

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26.09.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landlied,

liebe Familienfreunde,

diese Geschichte ist eine der rätselhaftesten, die wir je in unserer Kolumne gebracht haben. Sie scheint kaum lösbar und auch für uns schwer überschaubar zu sein. Schon als wir vor längerer Zeit zum ersten Mal diesen Fragekomplex aufgriffen, waren wir skeptisch, ob überhaupt eine Resonanz erfolgen würde. Inzwischen hat sich aber doch einiges getan, so dass Frau Monika Ehrentraut jetzt erneut an uns herantrat mit der Bitte, noch einmal in ihrer Angelegenheit nachzuforschen, da sich neue Verbindungen ergeben haben. Und die führen nach Ostpreußen, obgleich Cottbus der Zentralpunkt des Geschehens ist.

Hier wurde am 26. Januar 1945 ein angeblich nicht identifizierbares Flüchtlingskind in einem Hotel, in dem sich auch weitere Kinder und Frauen befanden, aufgefunden. Dieses damalige Kleinstkind ist Monika Ehrentraut, die bis heute nach ihrer Identität forscht. Trotz widriger Umstände hat sie immer versucht, Licht in das Dunkel ihrer Herkunft zu bringen. Angeblich gehörte sie zu einer Gruppe von Müttern und Kindern, die aus Ostpreußen mit einem Militärflugzeug herausgeflogen wurde, das bei Cottbus notlanden musste. Diese Geschichte erschien unglaubhaft, und so stieß sie bei ihren Nachforschungen in und um Cottbus auf Granit. Nun haben sich aber Fakten ergeben, die diese Sache in einem anderen Licht erscheinen lassen. Das habe sie, wie sie schreibt, Frau S  zu verdanken, die seit langem nach den bei Cottbus vermissten Söhnen ihres Onkels sucht: H., U. und P. Die beiden Frauen glauben inzwischen an einen gemeinsamen Hintergrund für jene mysteriösen Ereignisse, die damals in Cottbus geschahen. Frau Ehrentraut hat seit dem Jahr 2000 drei Frauen und einen Jungen aufgespürt, die mit ihr zur gleichen Zeit in einem Cottbusser Hotel untergebracht waren. Eine positive DNA-Analyse bestätigte den Verdacht, dass mindestens drei Mädchen miteinander verwandt sind. Ihre Herkunft, zweifellos aus einer sehr gut situierten Familie, blieb bis heute rätselhaft. Wie Frau Ehrenberg behauptet, hat damals eine junge Cottbusser Familie sämtliche Papiere und das mitgeführte Gepäck der russischen Kommandantur übergeben. Im Besitz ihrer Adoptivmutter befand sich ein altes Ölbild im vergoldeten Kastenrahmen, das aus der Galerie eines ostpreußischen Schlosses stammen sollte. Es zeigt zwei Terrier – schwarz und weiß –, die über eine Wiese rennen, und trägt die Nummer 232 beziehungsweise 323. Die Adoptivmutter gab auf Fragen des Kindes nach dem Bild nur die Antwort: Es gehört sowieso dir!

Die Suche von Frau Ehrentraut konzentriert sich nach wie vor auf ein Flugzeug, das damals bei Cottbus notlanden musste. Es soll sich um eine JU 52 G6-QV vom Transportgeschwader Cottbus handeln, die am 31. Januar 1945 in Danzig gestartet war und die unter anderem die Brüder über Cottbus nach Bremen bringen sollte. Diese Maschine war nach Angaben des Vaters am selben Tag bei Cottbus notgelandet. Da auch diese Jungen unauffindbar waren, forschte Frau Ehrentraut nach der Maschine. Bis zu diesem Juni verliefen ihre Bemühungen ergebnislos, alle Auskünfte, die sie in und bei Cottbus erhielt, erwiesen sich als falsch. Denn jetzt bestätigten Zeitzeugen schriftlich, dass die Trümmer einer JU 52 tatsächlich noch bis in die 70er Jahre auf einer Wiese des Schlossparks Cottbus-Branitz zu sehen waren. „Warum wurde und wird dies geleugnet?“, fragt Frau Ehrentraut. Ebenso auffallend ist ihrer Ansicht nach die Anonymisierung von acht Kindern in Cottbus ab dem 11. Februar 1946, deren Aufnahme seit 1945 gegenüber dem Kindersuchdienst Hamburg geleugnet wurde. Wenn es Herrn L. gelang, seine Söhne mit einer Militärmaschine aus dem Kampfgebiet herausfliegen zu lassen, wäre das dann nicht auch anderen gelungen? In Bezug auf Monika Ehrentraut und ihre bisherigen Gesamtrecherchen könnte die Frage lauten: Welcher Zweig einer auch in Südamerika erfolgreichen ostdeutschen Familie hatte zwei Frauen und mehrere Kinder von Hamburg – nach Ostpreußen? – evakuiert, und dann die Möglichkeit gehabt, diese bei dem Russeneinfall von dort ausfliegen zu lassen? (Monika Ehrentraut, Friedensstraße 18 in 65510 Idstein, Telefon 06126 / 54947.)

Bisher war alles vergeblich, was Frau Marthina Klüppelberg aus Neuss unternommen hat, um wenigstens die Namen ihrer Großeltern und weiterer Verwandter zu erfahren. Suchanträge, Anzeigen, Anfragen bei allen möglichen Institutionen erbrachten kein Ergebnis. Und nun fragt Frau Klüppelberg bei uns höflich an, ob es überhaupt einen Sinn hätte, die Suche weiter zu führen. Nach so mancher Überraschung in der letzten Zeit meine ich: ja – und so wollen wir nach der Familie Herbst suchen, die aus dem östlichen Grenzland, vor allem aus dem Kreis Pillkallen/Schlossberg stammt. Zum Großvater: Gustav Herbst, * 25. August 1893 in Jodzuhnen/Jodungen, wurde wahrscheinlich in der Immanuelkirche in Schirwindt getauft. Er dürfte die Schule in Pieragen besucht haben. Im Ersten Weltkrieg war er beim Militär, erlitt an der Front eine Steck­schussverletzung, die sehr viel später zu seinem Tode führen sollte. Im Frühjahr 1920 heiratete er in Willuhnen Minna Bergau. Die junge Familie wohnte mit ihren drei Kindern in Erubisch­ken/Hopfen­dorf, die Eltern arbeiteten auf dem Gut Hundsalz. 1920/30 erwarb die Familie einen kleinen Hof in Antbudupö­nen/Vorm­walde, auf dem die Familie bis zur Flucht lebte – bis auf den Vater. Gustav Herbst verstarb am 7. Februar 1940 im Krankenhaus der Barmherzigkeit in Königsberg an seinen Verletzungen aus dem Ersten Weltkrieg. Nach seiner Heirat hatte er Waldarbeiten mit seinem „Rückepferd“ Hans übernommen. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte sich Gustav Herbst freiwillig zum Grenzwachteinsatz gemeldet, er hoffte, dass dadurch sein Sohn, der den Hof bewirtschaftete, freigestellt würde, was aber nicht geschah. Dies geht aus den wenigen Aufzeichnungen seiner Frau Minna hervor, die für die Enkelin die einzigen Anhaltspunkte bieten. Die Familie soll Verwandte im Ruhrgebiet gehabt haben, die 1930 einmal zu Besuch kamen. Einige Familienmitglieder sind wahrscheinlich in die USA ausgewandert. In Vormwalde gab es eine weitere Familie Herbst, mit der Frau Klippenbergs Großvater aber nicht verwandt war.

Neben der dringenden Suche nach Verwandten aus dieser Linie fahndet Frau Klüppelberg auch nach der Familie ihres Großonkels Otto Franz Bergau, * 1910 in Eru­bischken/Hopfendorf, der allerdings schon 1939 verstarb. Seine Frau und deren drei Kinder, die sie in die Ehe gebracht hatte, wurden von Martha Herbst zum letzten Mal auf einem Bahnhof – Königsberg oder Schlossberg – gesehen. Falls jemand von dieser Familie Bergau lebt, würde sich Frau Klüppelberg über eine Meldung freuen. (Marthina Klüppelberg, Thomas-Mann-Straße 9 in 41469 Neuss, Telefon 02137 / 12613, E-Mail: marth.klueppelberg@t-online.de)

Erwähnen möchte ich noch, dass Frau Klüppelberg auch einmal zur Klärung eines Falles beitragen konnte, der leider kein erfreuliches Ergebnis, aber Gewissheit für die Suchenden brachte. Während ihrer Recherchen erfuhr sie, dass nach Familienmitgliedern der Familie Himmert aus Vormwalde lange gesucht wurde. Vater und Sohn wussten nichts von dem Schicksal der Mutter und der Tochter Greta. Da Letztere die beste Freundin ihrer Mutter Martha Herbst gewesen war, hatten sie sich kurz vor der Vertreibung gesehen. „Meine Mutter erzählte mir öfters traurig, dass Greta und ihre Mutter durch Kontakt mit einem Soldaten einen Platz auf der ,Wilhelm Gutloff‘ erhalten hätten“, berichtet Frau Klüppelberg und weiter: „Wir wissen um das entsetzliche Geschehen, das Tausenden von Menschen das Leben gekostet hat. Dies teilte ich vor einigen Monaten dem Roten Kreuz mit, woraufhin eine Notiz erfolgte.“ Leider konnte Gretas Bruder das nicht mehr erfahren, er ist inzwischen verstorben.

Nach Königsberg führt die nächste Frage, die Herr Heiko Mende für seine Mutter Brigitte stellt. Er stieß beim Forschen im Internet auf unsere Seite und den Mädchennamen seiner Mutter – Henseleit – und dies erweckte Hoffnung bei Mutter und Sohn. Denn die Vergangenheit liegt im Dunkeln, es gibt nur noch sehr, sehr schwache Erinnerungen an die frühe Kindheit mit Vertreibung und Flüchtlingslager. Fest steht der Name: Brigitte Henseleit. Aber beim Geburtsdatum gibt es schon Differenzen, laut Suchdienst ist es einmal der 30. März 1943, dann der 10. März 1942. Als letzte Königsberger Anschrift wird das Waisenhaus Ponarth angegeben. Wie es da zuging, ist bekannt und wurde vergangenes Wochenende im Ostheim in Bad Pyrmont beim Treffen der „Königsberger Kinder“ behandelt. Bei uns geht es aber um eine andere Frage. Brigitte Henseleit hat noch vage Erinnerungen an ihre Familie, und somit müsste das zweite Geburtsdatum stimmen, dann wäre das Kind Anfang 1945 drei Jahre alt gewesen Durch Unterernährung und Krankheiten waren viele Heimkinder im Wachstum zurückgeblieben, so dass sie jünger geschätzt wurden. Brigitte erinnert sich aber daran, dass sie mehrere Geschwister hatte, wohl vier Brüder und drei Schwestern. Sie kennt aber keine Namen, auch nicht die der Eltern, weiß auch nicht, wo die Familie gewohnt hat. Ob die Mutter bereits in Königsberg verstarb – was man annehmen könnte, da Brigitte ja in das Waisenhaus kam –, was aus den Geschwistern wurde, ob der Vater an der Front war oder nicht mehr lebte, das alles ist unbekannt. Brigitte kam wohl mit einem der Kindertransporte heraus, denn sie landete über verschiedene Heime und Lager in Bischofswerda. Im Dezember 1948 wurde sie von Frau Elsabeth Schönberger – „meine Oma“ schreibt Herr Mende – und deren späteren Mann Otto Morgenstern in Pflege genommen. Unsere heutigen Fragen beziehen sich nun auf eine kinderreiche Familie Henseleit aus Königsberg. Wer kannte sie, wo hat sie gewohnt? Kamen nach dem vermutlichen Tod oder Verschleppung der Mutter auch die anderen Kinder in Heime? Vielleicht leben ja auch noch die erwähnten Geschwister und erinnern sich an die kleine Schwester? (E-Mail: Heiko.Mende@web.de)

Eure Ruth Geede

Foto: Wer weiß, in welcher vermutlich ostdeutschen Stadt diese Aufnahme irgendwann vor dem Ersten Weltkrieg gemacht wurde? Unser Leser Paul Salewski, Rathenaustraße 58, 99085 Erfurt, Telefon (0361) 5611753, kann sie nicht einordnen, wir leider auch nicht.


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