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26.09.09 / Sponsored by Telekom / Wie Unternehmen Politiker beeinflussen und diese sich das gefallen lassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

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Wie Unternehmen Politiker beeinflussen und diese sich das gefallen lassen

„Wir freuen uns, Ihnen im Zuge der Veranstaltungsreihe Augenweiden ausgewählte Werke von Isabel Pauer präsentieren zu dürfen“, hieß es in einer Einladung an einige Bundestagsabgeordnete. Eine Vernissage in einer Austernbar in Berlin, das klingt nett und harmlos. Für Hans-Martin Tillack ist es das jedoch nicht. Der „Stern“-Redakteur weist darauf hin, dass diese so scheinbar gut gemeinte Kunstförderung der Firma Vattenfall auch eine Beeinflussung von Politikern sei. Diese assoziierten ab sofort mit Vattenfall nur noch die netten Stunden in der Austernbar bei Kunst und gutem Essen. Dieses gute Gefühl würde die Politiker auch bei künftigen Entscheidungen, die Vattenfall betreffen, für das Unternehmen positiv stimmen.

Dieses Beispiel zeigt, dass Hans-Martin Tillack in seinem Buch „Die korrupte Republik – Über die einträgliche Kungelei von Politik, Bürokratie und Wirtschaft“  schnell Korruption vermutet. Das führt dazu, dass die echten Skandale, die er ebenfalls anführt, in der Masse der geschilderten Fälle untergehen. Das ist bedauerlich, denn er spricht ein ernstes Problem an, doch die Aneinanderreihung echter Korruptionsfälle mit vielen, sich in einer Grauzone befindlichen Fällen hat eher eine ermüdende statt einer aufrüttelnden Wirkung.

Dass Bälle und Feste von Ministerien von der Wirtschaft gesponsert werden, die Politiker sogar noch direkt bei den Unternehmen anfragen, ist bedenklich, auch wenn die Praxis in den letzten Jahren offenbar wieder zu- rückgegangen ist. Doch Tillack zeigt an diesem Beispiel auf, wie gering die Sensibilität der deutschen Politiker quer durch alle Parteien in diesem Bereich ist. Immer wieder führt er die USA an, wo solche Vorfälle deutlich kritischer gesehen würden. Überhaupt habe sich dort in den letzten Jahren in Sachen Korruptionsbekämpfung viel getan, so dass die Vereinigten Staaten Deutschland durchaus als Vorbild dienen könnten. Allerdings weist das politische Berlin jegliche Korruptionsvorwürfe weit von sich. Korruption in Deutschland, nein, niemals, schließlich müsste schon jeder Beamte Geschenke ab einem geringen Wert melden. Das stimme zwar, so Tillack, aber dieser Meldezwang gelte vor allem für die normalen Verwaltungsbeamten, bei Bundestagsabgeordneten gäbe es kaum Regelungen, da einfach davon ausgegangen würde, dass diese sich nicht bestechen ließen. Interessanterweise würden sich Parteien und Ministerien allerdings nicht in die Karten schauen lassen, wenn man genauer nachfragte, wer wann Feste, Wahlplakate oder Politkerreisen „gesponsert“ habe. Auch fand es der Bundesrechnungshof bedenklich, dass sich das Gesundheitsministerium ein Buffet von der Telekom sponsern ließ, während sich das Unternehmen gerade auf eine Ausschreibung für das Projekt „Gesundheitskarte“ beworben hatte.

Der Autor beklagt die Praxis, dass Politiker ohne Übergangsfristen von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt wechseln können. Er zeigt zahlreiche Beispiele auf, bei denen der Verdacht von inkorrekter Wissensweitergabe aus sensiblen Bereichen und Einflussnahme naheliegt.

Tillack, der auch bedenkliche Fälle aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenkassen und der Europäischen Union schildert, wird mit seinen Ausführungen so manchen Politiker verärgern. Dass er sie zum Umdenken bewegen kann, erscheint unwahrscheinlich, da auch Tillack sich durch seine breite Auslegung und seinen teilweise boulevardesken Stil angreifbar macht.             Rebecca Bellano

Hans-Martin Tillack: „Die korrupte Republik – Über die einträgliche Kungelei von Politik, Bürokratie und Wirtschaft“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2009, gebunden, 287 Seiten, 19,95 Euro


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