Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-09 vom 10. Oktober 2009
120 Unterhändler Ende Oktober sollen die Koalitonsverhandlungen nach dem Willen der Kanzlerin abgeschlossen sein. Doch dieser Zeitplan erscheint ehrgeizig angesichts des gemächlichen Tempos, mit der die Gespräche begonnen haben. Selten war nach einer eindeutig ausgegangenen Bundestagswahl so offen, mit welchem Programm und in welcher personellen Aufstellung die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen würde. Denn kaum je gab es im Wahlkampf so wenige inhaltliche Festlegungen wie in diesem Jahr, und die Haushaltslage erfordert eigentlich beherzte Reformschritte. Der Auftakt der Koalitonsverhandlungen hat die offenen Fragen kaum kleiner werden lassen: Trotz eines engen Zeitplans wurden gleich zehn Arbeitsgruppen mit jeweils etwa zehn Vertretern der beiden Seiten gebildet: Auf dieser Ebene sind also einhundert (!) Unterhändler am großen Tauziehen über den weiteren Weg der Bundesrepublik Deutschland beteiligt. Wenn diese Arbeitsgruppen sich „festbeißen“, so wurde vereinbart, dann soll das Problem in der großen Runde der 27 führenden Politiker bereinigt werden. Ob dieses Prozedere zu zügigen Verhandlungen führen kann, erscheint allerdings fragwürdig, wenn man nur bedenkt, dass die Posten erst ganz am Ende verteilt werden sollen. Also treibt über 120 überwiegend persönlich ambitionierte Beteiligte in sämtlichen Sachverhandlungen stets im Hinterkopf die große Frage um, wie sich diese oder jene Sachentscheidung auf ihre ganz persönlichen Chancen auf ein Amt als Staatssekretär oder Minister auswirken könnte. Nur eine Vereinfachung wurde noch vor den Verhandlungen getroffen: Am Tisch sitzen nicht drei Parteien, sondern zwei. CDU und CSU waren verantwortungsbewusst genug, ihre internen Unterschiede soweit auszugleichen, dass sie der gestärkten und überaus selbstbewussten FDP als ein Verhandlungspartner gegenübertreten können. Dass in Berlin Profis in Sachen Taktik am Werk sind, wurde auch daran erkennbar, wie selten in den letzten Tagen öffentlich die Worte „muss“ und „darf nicht“ gefallen sind. Man vermeidet medialen Druck und hält sich alle Optionen offen. Freundliche Worte über „Teamgeist“, „Partnerschaft“ und „Fairness“ gehören zum fes-ten Ritual und sagen rein gar nichts über die tatsächliche Stimmung am Verhandlungstisch. Dass die Gespräche inhaltliche Überraschungen bringen könnten, erscheint durchaus möglich. Am ersten Tag beispielsweise überraschte FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms mit dem Ruf nach Abschaffung von Hartz IV. Natürlich verstehen die Liberalen darunter etwas ganz anderes als die Linkspartei – sie wollen ein „Bürgergeld“, das alle steuerfinanzierten Sozialleistungen einschließlich der Grundrente ersetzen soll. Je nach Ausgestaltung könnte auch die Union an dem mit wenig Aufwand zu verwaltenden Instrument Gefallen finden. Konrad Badenheuer |
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