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10.10.09 / Tories mobilisieren gegen den EU-Vertrag / David Cameron intrigiert, doch der schwedische Ministerpräsident hält dagegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-09 vom 10. Oktober 2009

Tories mobilisieren gegen den EU-Vertrag
David Cameron intrigiert, doch der schwedische Ministerpräsident hält dagegen

Wenn es nach dem irischen Ministerpräsidenten Brian Cowen geht, dann haben seine Landsleute mit ihrem jetzigen Ja zum Lissabon-Vertrag „ihrem Willen Ausdruck verliehen, im Herzen Europas zu bleiben“. Skeptiker vermuten eher, dass den Iren ihr Hemd näher war als der Rock, sprich, die Finanzkrise ließ das solidarische System der Europäischen Union in einem neuen Licht erstrahlen. Beim ersten Referendum im Sommer 2008 waren die Iren aufgrund ihres Wirtschaftsaufschwunges der letzten Jahre noch voller Selbstbewusstsein, doch das ist nun geschwunden: Die grüne Insel wurde hart von der Wirtschaftskrise getroffen. Und so mancher Kritiker ließ sich von seiner Regierung überzeugen, dass man Brüssel inzwischen einige Vorteile abgehandelt habe.

Letztendlich zeigen jedoch beide Abstimmungskämpfe der Jahre 2008 und 2009, wie empfänglich die Menschen für Propaganda für oder gegen die EU sind und wie leicht Befürworter und Gegner die Masse manipulieren können. Das liegt auch daran, dass die EU mit all ihren Institutionen dermaßen unübersichtlich ist, dass kaum ein Normalbürger die jeweiligen Funktionen und Aufgaben benennen kann. Auch der Lissabon-Vertrag ist nicht dazu angetan, den Menschen zu verdeutlichen, warum die EU für sie gut ist. Auch nach dem zweiten Referendum dürfte sich das Wissen der meisten Iren zum EU-Vertrag immer noch auf ausgewählte Argumente beschränken.

Und während dieses Mal die Befürworter der EU in Irland mit 67 Prozent obsiegten, erobern auf der Nachbarinsel die Gegner des Lissabon-Vertrages die Meinungsmacht. So waren sich die britischen Konservativen nicht zu schade, auf ihrem Parteitag in Manchester Horrorbilder von der EU heraufzubeschwören. Auch soll Tory-Chef David Cameron zusammen mit dem tschechischen Präsidenten Václav Klaus eine kleine Verschwörung angezettelt haben.

In Prag haben Parlament und Senat nach einigem Ringen bereits ihr Ja zum EU-Vertrag gegeben. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift von Klaus, doch der, ein vehementer Gegner der EU, lässt sich Zeit mit der Unterzeichnung. Diese hatte er mit den Argumenten verzögert, dass er erst abwarten wolle, bis das deutsche Verfassungsgericht eine Klage bearbeitet und die Iren befragt worden seien. Beides ist nun geschehen, und jetzt fehlt nur noch die Unterschrift von Klaus und seinem polnischen Amtskollegen. Doch Lech Kaczynski hat bereits bekundet, er wolle nun bald die Ratifizierungsurkunde seines Landes unterschreiben und gen Rom zu den anderen senden.

Cameron bietet Klaus nun den unredlichen Handel an, dass, wenn dieser seine Unterschrift bis zur Parlamentswahl in England im Juni 2010 zurückhält, Cameron nach seinem erhofften Wahlsieg sofort die Briten in einem Referendum über den EU-Vertrag abstimmen lassen würde. Und auch ohne große Abstimmungskämpfe lässt sich vermuten, dass die schon immer EU-skeptischen Briten mit klarer Mehrheit gegen den Vertrag stimmen würden. Aus diesem Grund hatte die Labour-Regierung diesen auch gar nicht ihrem Volk vorgelegt. Dieses fühlte sich übergangen, und daher stößt David Cameron mit seinen neuesten Angriffen gegen die EU auf offene Ohren. Auch scheint sich kaum jemand auf der Insel daran zu stoßen, dass die Tories bereits vor Monaten aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei ausgetreten sind und nun einen isolierten Block mit weitgehend aus Osteuropa stammenden Splitterparteien bildet.

Der „Spiegel“ bezeichnet vor kurzem die neuen Verbündeten der britischen Konservativen als „unappetitlich“, da es sich weitgehend um EU-skeptische NS-Verehrer, Antisemiten und Schwulenhasser handle. Doch derzeit wurmt die Briten etwas anderes viel mehr. Denn ihre geschwächte Labour-Regierung will mit Unterstützung der Franzosen und der Deutschen ihren gechassten Ex-Premier Tony Blair in das Amt des EU-Präsidenten hieven. Dieses Amt entsteht neu, wenn alle 27 Mitgliedsstaaten den EU-Vertrag ratifiziert haben.

Die Vorstellung, dass Tony Blair ein hohes Amt in der EU bekommt, ist den meisten Briten zu viel des Guten. Noch heute nehmen sie es Blair übel, dass er sie aufgrund seiner engen Partnerschaft zum ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush in den Irakkrieg involvierte.

Doch während in London und Prag die Gegner des EU-Vertrages diesen noch zu verhindern suchen, arbeitet Stockholm am Gegenschlag. Der schwedische Ministerpräsident Frederik Reinfeldt, derzeit EU-Ratsvorsitzender, droht den Tschechen damit, ihnen bei der Besetzung der neuen Kommission im November ihren Kommissar zu entziehen. Das ist laut dem Vertrag von Nizza durchaus rechtens, denn der sieht nicht für jedes Land einen eigenen Kommissar vor. Erst wenn Lissabon Nizza ersetzt, ändert sich dies. Allerdings soll Prag den nächsten EU-Ratsrepräsentanten für die Außenpolitik, also den Nachfolger von Javier Solana, stellen. Dieser kann dann zugleich Vizepräsident der EU-Behörde werden, allerdings nur, wenn Lissabon in Kraft tritt, denn nur der neue EU-Vertrag sieht diese Ämterverschmelzung vor.

Mit diesem Anreiz möchte Reinfeldt die Tschechen locken. Er hofft, dass diese mögliche Machtfülle den Druck auf Václav Klaus erhöht. Schon jetzt geht dessen Verweigerungshaltung vielen Tschechen zu weit. Doch um seine Strategie auch umzusetzen, braucht Reinfeldt die Zustimmung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem neuen tschechischen Premierminister Jan Fischer.

Wie der Portugiese Barroso entscheiden wird, hängt noch von der allgemeinen Stimmung bei den EU-Mitgliedstaaten ab, Fischer hingegen dürfte seinen Segen gegen. Dieser befürwortet den EU-Vertrag und kann die Winkelzüge seines Staatspräsidenten schon lange nicht mehr gutheißen.    Rebecca Bellano


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