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10.10.09 / Deutsche Pionierleistung / Zahlreiche Hindernisse verzögerten den Bau der Bagdadbahn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-09 vom 10. Oktober 2009

Deutsche Pionierleistung
Zahlreiche Hindernisse verzögerten den Bau der Bagdadbahn

Während seine Verwandten produktive Erfinder und Industrielle waren kümmerte sich Georg von Siemens um die Finanzierung der zukunftsweisenden Projekte. Doch der Mitbegründer der Deutschen Bank war keineswegs nur im Namen seiner Familie aktiv, schon damals sorgte er dafür, dass das Bankhaus weltweit mit dabei war. Vor allem bei der Finanzierung des internationalen Eisenbahnbaus war die Deutsche Bank bis zu Siemens’ frühem Krebstod 1901 involviert. Und so ist Georg von Siemens auch einer der Hauptfiguren in dem Buch „Schienen für den Sultan – Die Bagdadbahn: Wilhelm II., Abenteurer und Spione“ von Wolfgang Korn.

Der Historiker und Journalist Korn hat sich detailiert mit dem Bau der Bahn befasst. Die Mühsal bei der Erschließung der herben Täler und kargen Berge der von Konstantinopel (seit 1930 Istanbul) bis Bagdad führenden Bahnstrecke schildert der Autor eindringlich. Aber nicht nur die körperlichen Leistungen der für deutsche Ingenieure unwirtlichen Gegenden würdigt er, auch auf ihre Hartnäckigkeit geht er ein. Denn nicht nur im unter ersten Auflösungserscheinungen leidenden Osmanischen Reich unter Sultan Abdülhamid II., auch im Deutschen Reich fanden die technischen Visionäre lange kein Gehör. Erst mit der Thronbesteigung von Wilhelm II. 1888 und der, zu dieser Zeit im Deutschen Reich um sich greifenden Interesse für den Orient fanden Ingenieure wie Wilhelm Pressel und Heinrich August Meißner Gehör.

Während das Interesse an einer von Deutschen erbauten Bagdadbahn beim Kaiser eher naiv und sporadisch war, hatte der Bankier Georg von Siemens knallharte wirtschaftliche Gründe für die Finanzierung des Projektes. Zwar war das Osmanische Reich finanziell klamm, doch die von Siemens durchaus als völkerverbindend gedachte Bahn erzeugte bei der muslimischen Bevölkerung eine hohe Spendenbereitschaft. Grund hierfür war die Tatsache, dass eine Bahn quer durch das Osmanische Reich vielen Muslimen die von ihrem Glauben auferlegte Reise nach Mekka erleichterte. Doch der Bau der Bahn erwies sich als langwierig. Politische Entwicklungen, regional begrenzte kriegerische Konflikte, nicht zuletzt der Erste Weltkrieg und der Zerfall des Osmanischen Reiches sorgten dafür, dass die Fertigstellung der gesamten Strecke sich bis 1940 hinzog.

Wolfgang Korn weiß zahlreiche Anekdoten zum Bau der verschiedenen Streckenabschnitte zu erzählen. So soll die Wardabrücke, über die die Bahn fährt, den Namen erhalten haben, weil ein deutscher Ingenieur beim Sturz von einem Baugerüst „Warda“ gerufen habe, um niemanden mit sich in die tödliche Tiefe zu reißen. Warda heißt auf Türkisch Achtung.

Aber auch auf umrühmliche Leistungen der Deutschen geht er ein. So nutzten sie während des Ersten Weltkrieges die bis dahin fertiggestellten Teilstücke der Strecke, um im Osmanischen Reich Flugblätter zu verteilen. Auf denen war zu lesen, dass Kaiser Wilhelm II. dem Islam beigetreten sei und die Unterstützung der Osmanen im Heiligen Krieg gegen die Briten erbitte. Auch belegt der Autor anhand zahlreicher Zeitzeugenberichte, dass der Völkermord an den christlichen Armeniern von vielen Seiten nach Deutschland drang, doch das offizielle Kaiserreich daran vorbeisah. Erst brauchte man den Sultan, später die an die Macht gekommenen Jungtürken als Verbündete. Und vor allem letztere nutzten die Bagdadbahn, um die ihnen verhassten, christlichen Armenier in Viehwagons in die Wüste zu transportieren.

Letztendlich erfüllte die Bahnstrecke nie die in sie gesetzten Erwartungen. Weder wirtschaftlich noch geostrategisch erlangte sie die erhoffte Bedeutung. Doch das ändert nichts an den vielseitigen Leistungen die Deutsche, Osmanen aber auch Beteiligte aus Frankreich, Italien und vielen anderen Ländern bei der Verwirklichung dieser Vision erbrachten.             Rebecca Bellano

Wolfgang Korn: „Schienen für den Sultan – Die Bagdadbahn: Wilhelm II., Abenteurer und Spione“, Fackelträger, Köln 2009, geb., 320 Seiten, 22,95 Euro


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