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17.10.09 / Mode der Dreißiger Jahre / Das Museum »Friedländer Tor« zeigt eine Kollektion deutscher Kleider, Fotos und Accessoires

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-09 vom 17. Oktober 2009

Mode der Dreißiger Jahre
Das Museum »Friedländer Tor« zeigt eine Kollektion deutscher Kleider, Fotos und Accessoires

Jedem ist das Wort „Mode“ geläufig, und doch ist dieser Begriff kaum eindeutig definierbar. Die Mode als Teil der zeitgenössischen Kultur gewährt interessante Einblicke auf den Einfluss historischer Ereignisse auf den Alltag und die Bevorzugung des Visuellen bei der Gestaltung des Lebensraums.

Mit der Ausstellung „Mode in Königsberg − Die 30er Jahre“ im Museum „Friedländer Tor“ beginnt ein Zyklus, der der Mode und ihren Erscheinungen im Leben Königsbergs vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gewidmet ist. In erster Linie wird die Ausstellung Bekleidungsmode zeigen. Mit dieser Ausstellung wird ein Zyklus vorbereitet, der sich über mehrere Jahre erstrecken soll. Partner des Museums sind russische und europäische Sammler, aber auch Bewohner des Königsberger Gebiets und Deutschlands, die Material, das Auskunft über das Leben in Königsberg gibt, aufbewahrt haben. Auch einige PAZ-Leser folgten dem in Folge 31 veröffentlichten Aufruf und trugen damit zum Gelingen der Ausstellung bei.

Zunächst wird die Periode der 30er Jahre gezeigt, die viele Parallelen mit dem heutigen Leben hat. Die Wirtschaftskrise zu Beginn der 30er Jahre veränderte Mode und Lebensstil erheblich: In dieser Zeit wurde der noch heute übliche Typ des Frauenkostüms endgültig festgelegt, es gab bedeutende Verbesserungen in der Massenproduktion von Kleidung, wodurch sich die breite Masse erstmals gut geschnittene und genähte Kleidung leisten konnte. Wie zur Zeit des Ersten Weltkriegs, dessen soziale Erschütterungen zur ruckartigen Veränderung des Lebensstils führte, stellte die Krise die Frauen wieder vor die Notwendigkeit, sich aktiv am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben zu beteiligen.

Die Ausstellung wurde mit einem symbolischen Spaziergang von Modellen in Originalkleidern dieser Epoche eröffnet. Die damalige Königsberger Mode traf so das heutige Königsberg, überraschte die Gäste der Vernissage mit unerwarteter Nähe und Aktualität. Dank der Reaktionsschnelle und Unterstützung der Sammler familiärer Gegenstände gibt die Ausstellung eine umfassende Vorstellung von der damaligen Damen- und Herrenmode. Die Ausstellung zeigt Fotos, ein ausführliches Panorama der Mode in verschiedenen Lebensbereichen: die Alltagshektik der Stadt, Sport und Erholung in der Natur, Stadtfeste und bedeutende Ereignisse im privaten Leben, Schaufenster und Verkaufsräume. Die realen Gegenstände Königsberger Bürger vervollständigen die Fotoausstellung und erlauben es auch, das Thema zu „erspüren“, das Gesehene in etwas Erlebtes zu übertragen.

An der Aktualität des Projekts gibt es keine Zweifel: In jüngster Zeit gibt es in Königsberg (wie auch auf der ganzen Welt) viel Interesse am Thema Mode und ihrer Geschichte. Man könnte auch sagen, dass man von der Kleidung eines Menschen auf dessen Stellung in der Gesellschaft schließen und dann direkte Brücken zu seiner kollektiven Vergangenheit schlagen kann, zu sich selbst. Das Erkennen des eigenen Platzes im kulturhistorischen Raum ist eine Frage der Selbstidentifizierung, die für die Bewohner des nördlichen Ostpreußens in den vergangenen Jahren besonders wichtig geworden ist.

Für die Königsberger ist die Hinwendung zur Geschichte der Mode eine neue Erfahrung, die Ihresgleichen noch nicht hatte. Es ist das erste Projekt in Russland, das nicht nur Kenntnisse über die Geschichte der Mode vermitteln, sondern auch Mode-Tendenzen in der Welt in Bezug auf historische Ereignisse zeigen soll, die anhand des Lebens in einer konkreten Region vorgestellt werden.

Die Ausstellung umfasst zirka hundert Exponate: über zwei Dutzend Fotos, Kleidungsgegenstände, Schmuck und Accessoires, Beispiele von Reklame und Souvenirartikeln mit den Logos von Königsberger Geschäften. Ein besonderes Bonbon sind Gegenstände, die dem Schickmachen vor dem Ausgehen dienten: verschiedene Arten von Lockenscheren und Flakons für Kosmetik. Rührend sehen die Beispiele für Nachtwäsche mit Perlmuttknöpfen und eingenähten Namensschildchen der Besitzer aus. In der Alltagshast des Modelebens versinken Reklameangebote der Geschäfte und Zeitungsausschnitte mit Ausverkaufsinformationen aus Zeitungen und Zeitschriften. Die Männergarderobe wird durch ein vollständiges Sortiment für die verschiedenen Lebenssituationen dargestellt: von der Wäsche bis zum Mantel aus dickem Tuch, Arbeitskleidung und Reithosen. Ein maßgeschneiderter Dreiteiler hat seine ursprüngliche Eleganz nicht eingebüßt. Alle Modelle zeichnen sich durch hochwertige Stoffe und gute Verarbeitung aus. Da sie für den Gebrauch auf Jahre hergestellt wurde, war die Kleidung bequem, praktisch und schön.

Die Frauenkleider, die noch in den Vorkriegsjahren hergestellt worden waren, überraschen durch modisches Aussehen und geschmackvollen Stil. Die ersten russischen Bewohnerinnen der Region kauften diese Kleider auf dem Markt, und obwohl sie sie ständig trugen, dienten sie ihnen viele Jahre und verblichen nicht.

Die originellen Beispiele von Kleidern und Accessoires vergangener Mode werden bis zum 26. Oktober ausgestellt.

Irina Koschewnikowa/MRK

Foto: Museum Friedländer Tor: In den alten Gemäuern soll sich das Alltagsleben in Königsberg widerspiegeln.


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