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17.10.09 / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-09 vom 17. Oktober 2009

Hol Dir den Nobelpreis / Warum die Nordmänner für Obama schwärmen / Wie mit dem Mehrfachmandat zu sparen ist / Was Thilo Sarrazin falsch macht
Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

Die Römer, das ist dem gebildeten Menschen seit Asterix bekannt, die Römer, die spinnen. Aber die Norweger! Wer behauptete so etwas von den Norwegern? Gut, ja, früher, als sie sich noch mit Doppelzopf und Vollbart schmückten, da mögen sie vielleicht etwas einfältige Haudraufs gewesen sein, die ihre Nachbarn über die See kommend überfielen und ausraubten. Aber das ist lange her. Doch heute? Da gelten die Nordmänner allenfalls als ein wenig tranig, weil ihr Land so lang und weilig ist.

Das mit den Überfällen jedenfalls ist vorbei. Haben wir gedacht. Bis sie uns überfallen haben mit der Ankündigung: Nobelpreis für Barack Obama! Donnerwetter, haben wir gedacht, dass die etwas angetrockneten Herren vom norwegischen Nobelkomitee zu solchen Späßen in der Lage sind. Und das auch noch auf Kosten ihres Preises! Toll, wie locker die das machen, echt cool. Bis wir, immer noch von Zweifel getrieben, merkten: Die machen ja gar keinen Spaß, die meinen es ernst.

Da fiel uns zum Glück wieder der Gallier Asterix ein. Von dem wissen wir nämlich nicht nur, dass die Römer spinnen, von dem haben wir auch erfahren, dass die Nordmänner fürchterlich viel Met saufen. Mehr als gut für sie ist. Darum gibt es ja auch in einigen norddeutschen Städten nahe der Grenze und Fährhäfen ein paar Einkaufsmärkte, die zu wesentlichen Teilen aus einer Schnapsabteilung bestehen. Dort fallen die Nordmänner und auch ihre Weiber in Scharen ein und schleppen Kisten voller Schnaps heraus, so wie sie einst bei Asterix Gold und Jungfrauen abschleppten. Und wenn sich die Schnapskisten im Kombi stapeln, dass die Achse kracht, dann sind Nordmann und Nordweib so recht von Herzen froh und vergnügt.

Könnte es also nicht auch so gewesen sein: Die Herren vom Nobelkomitee wollten sich mal was gönnen, schleppten die Schnapskisten, bestiegen die Fähre nach Oslo, probierten schon mal kräftig, was sie da eingesackt hatten, wurden dabei immer fröhlicher – und als sie Oslo erreichten, da waren sie alle ein bisschen obama.

Und nun hat Präsident Barack Obama ein Problem damit, weil die Jungs vom Nobelkomitee so hemmungslos gepichelt haben.

Armer Obama. Erst zu Lebzeiten vorzeitig selig gesprochener Heilandverschnitt (was in der Reihenfolge eigentlich auch nicht geht). Dann, kaum dass der politische Alltag ihn in Richtung Normalmaß zurückstutzt, entmannt, politisch entmannt, selbstverständlich. Wie soll einer mit dem Friedensnobelpreis am Hals mal ordentlich auf den Tisch hauen, wenn es erforderlich ist? All die kleinen Stänkerer im Süden Amerikas und im Nahen Osten, die dürfen sich besonders über diese Preisverleihung freuen.

Wenn einmal alle auf Schaum geschlagen Vorwände für die Zuerkennung der Auszeichnung wie Eischnee auf ihre Substanz zusammenfallen, dann bleibt nichts außer Ankündigungen. Das genügt nicht. Es sei denn, das Nobelkomitee will die Voraussetzungen für die Vergabe generell ändern, ohne das zuvor kundzutun. Der Zeitgeist lebt schon einige Zeit von der großspurigen Ankündigung. Wird diesem Trend entsprochen, dann genügt demnächst die Ankündigung, nunmehr die Pille für das ewige Leben entwickeln zu wollen und schon ist man Aspirant auf den Nobelpreis.

Dankenswerterweise und durchaus noch etwas altmodisch, lieferte Barack Obama bereits zwei Tage später eine mögliche Begründung, warum er die Auszeichnung doch verdient. Er wiederholte sein schon im Wahlkampf gegebenes Versprechen, die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in den Streitkräften der USA zu beseitigen. Das ist doch was. Die armen Schwulen und Lesben, sollte man meinen, werden von rüden Heteros permanent gepisakt, da muss man sie doch schützen. Nun hat der Kandidat für den Friedensnobelpreis versprochen, die Sache zu ändern. Was braucht es mehr für einen Friedensnobelpreis?

Wer nichts macht, der macht bekanntlich nichts verkehrt. Diesen Vorwurf kann man Oskar Lafontaine nun wirklich nicht machen. Im Gegenteil, den Mann treibt eine geradezu manische Ämterhäufung. Der Mann sammelt Ämter, von denen man gar nicht wusste, dass sie in eine gemeinsame Sammlung passen. Zum Bespiel die Sache mit den Mandaten. Bundestagsabgeordnete vermitteln gerne den Eindruck, sich Tag und Nacht – und über das erträgliche Maß hinaus – für Volk und Vaterland abzurackern. Landtagsabgeordnete greifen nicht ganz so hoch, nehmen aber auch für ihr Amt keine Rücksicht auf die Gesundheit. Allenfalls noch ein kleiner Nebenverdienst als Anwalt oder so, zu mehr bleibt keine Zeit.

Ach, was sind das für Stümper, unorganisiert und leistungsschwach. Oskar Lafontaine hat ein Mandat für den Bundestag in Berlin und eines für den Landtag in Saarbrücken. Und Gemeinderat? Wäre doch auch ganz interessant. Vor allem ließe sich mit solchen politischen Reisekadern viel Geld sparen. Doppelmandate müssen ja nicht gleich das Doppelte kosten. Da darf man von den Mehrfach-Mandatsträgern durchaus etwas Mengenrabatt erwarten. Dafür dürfen sie auch überall hin, wo es Häppchen und Schampus gibt. Jeweils in wechselnden Funktionen.

Allerdings besteht bei solchen Mehrfachmandaten immer die Gefahr, dass der Überblick abhanden kommt. Oder sollte Oskar Lafontaine gerade deshalb seinen überraschenden Umzug nach Saarbrücken angekündigt haben, damit seiner Partei das Regieren dort erspart bleibt? Dem Mann wäre das zuzutrauen.

Besonders gut für Mehrfachmandate sind Leute geeignet, die a) gar nichts sagen, b) immer wieder das Selbe von sich geben, weil es erprobt und nichtssagend ist, c) es sozialistisch verklärt ist. Bereits aus dieser knappen Aufstellung ergibt sich: Thilo Sarrazin, Vorstand der Bundesbank, wäre keinesfalls für ein Mehrfachmandat geeignet. Es gibt Leute, die behaupten, er ist für gar kein Mandat geeignet, weshalb er auch den schönen Job bei der Bundesbank abgeben sollte. Dabei war Thilo Sarrazin auch mal Finanzsenator in Berlin und als solcher ein intimer Kenner der dortigen sozialen Verhältnisse. Die gefallen ihm nicht, und das sagte er. Allerdings falsch. Hätte er gesagt, Berlin hat zu viele Leute mit Antriebshemmungen, zu hohe Geburtenraten bei Bildungsfernen und mit Migrationshintergrund, und hätte dann noch Gutscheine für Minderbegabte vorgeschlagen, die Sache wäre in Ordnung gewesen. So sagt man das. Wahrscheinlich wäre Sarrazin noch gelobt worden.

Aber das hat er nicht gesagt. Er hat vom Leder gezogen, als habe er noch niemals etwas Politischer Korrektheit gehört. Er diagnostiziert für Berlin einen „Schlampfaktor“ und eine „68er-Tradition“, er stellte fest, eine große Zahl der Araber und Türken in Berlin erfülle „keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel“. Und dann setzt er noch eins drauf: „Die Türken erobern Deutschland genau so, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.“ Und schließlich diese Ungeheuerlichkeit: „Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert.“

Irgendwie kommt einem das alles bekannt vor, irgendwo hat man das schon gehört. Oder vielleicht selbst gedacht. Und dann dämmert allmählich der Verdacht, dass das gar nicht so falsch ist. Nur sagen tut das niemand. Jedenfalls kein Politiker und kein Funktionär. Warum eigentlich nicht? Vielleicht wünscht sich der Bürger gelegentlich statt einer Weichspülung etwas mehr Klartext. Beim Volk jedenfalls fand Sarrazin überwiegend Zustimmung. Das muss Ursachen haben. Vielleicht unterscheidet sich die Wahrnehmung des Volkes entschieden von jener der Volksvertreter. Gut ist das überhaupt nicht.

Hinweis: Hans Heckel ist bis zum 26. Oktober im Urlaub.


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