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24.10.09 / Kapital-Scharia auf dem Vormarsch / Immer mehr westliche Banken akzeptieren die Vorschriften des Koran – Ein Markt von 400 Milliarden Dollar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Kapital-Scharia auf dem Vormarsch
Immer mehr westliche Banken akzeptieren die Vorschriften des Koran – Ein Markt von 400 Milliarden Dollar

Die Regeln des Koran werden immer öfter zum Standard bei Europas Banken: Ein neues Produkt mit einer neuen Dynamik scheint geboren. Die Briten praktizieren das Muster explizit, Franzosen und Deutsche wollen nachziehen. Lange Zeit galt das sogenannte Islamic Finance als ein Nischengeschäft in räumlich abgegrenzten Bereichen wie der Golfregion oder in Südostasien. Das begann sich mit dem Start der „Islamic Bank of Britain“ im Jahr 2004 allerdings zu ändern.

Heute gehören in England islamkonforme Finanzinstrumente bei nahezu allen britischen Geldinstituten zum Standardsortiment für muslimische, aber auch nicht muslimische Kunden. Das Bundesland Sachsen-Anhalt legte, um an die gewaltigen Finanzströme aus dem arabischen Erdölgeschäft zu kommen, bereits eine Anleihe auf, die sich an den Vorschriften der Scharia orientiert.

Auch die Franzosen bemühen sich derzeit um eine Lizenz für das Betreiben eines Islamic Ban-king Geschäfts. Die Qatar Islamic Bank hat einen entsprechenden Antrag gestellt und will als erste in unserem Nachbarland an den Markt kommen.

Nun zieht mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Frankfurt auch die Bundesrepublik nach. Ende Oktober ist eine Tagung mit Experten des Zentralrates der Muslime angesagt, zu der auch der Gouverneur der saudi-arabischen Notenbank, der Chef der Regulierungsbehörde Katars und der Direktor der Global University of Islamic Finance in Malaysia eingeladen sind. Es gilt, die Spielregeln klarzu-machen. Islamkonformen Banken soll so der Weg nach Deutschland geebnet werden.

In der Schweiz hat sich mit Ansiedlung der National Bank of Kuwait mit einer der Scharia unterliegenden Privatabteilung ebenfalls vermehrtes Interesse gezeigt, auch wenn die große UBS diese Sparte weiterhin als Nischenprodukt einstuft. Immerhin sollen rund 200 der insgesamt 5000 Milliarden Franken, die in der Eidgenossenschaft verwaltet werden, von arabischen Anlegern stammen.

Mit der neuen Anlageform dringen ganz neue Töne an die Ohren der als profitgierig verschrienen europäischen Bankmanager. Denn das Ziel des Islam-konformen Finanzwesens ist es, eine Volkswirtschaft zu schaffen, in der nach dem Zinsverbote des Propheten Mohammed alle Bürger vor Ungerechtigkeit und Ausbeutung geschützt werden, gleichgültig ob sie reich oder arm, Unternehmer oder Privatleute sind. Dazu gehören auch das Glücksspielverbot und die Ächtung von Investitionen in solche Branchen, also beispielsweise in Spielkasinos, aber auch bei Alkoholproduzenten und Schweinefleischverarbeitern.

Das islamische Finanzwesen unterscheidet sich vom westlichen in zwei Punkten: Einmal unterliegt es dem Zinsverbot (Formel: Zins ist Wucher), zum anderen sind bei den Produkten Risiko und Gewinn zwischen der Bank und dem Kunden aufgeteilt. Renditevereinbarungen im Voraus, Doppelverfügungen, anstelle des Zinses eine im Vorhinein festgelegte Gebühr sind einige der Instrumente, mit denen die Islam-Banken wirtschaften und natürlich auch Geld verdienen.

Eine der Säulen des Erfolgs islamischer Banken besteht darin, dass die Institute nicht auf „Pump“, sondern nur mit Guthaben arbeiten. Das hat sie weitgehend vor Problemen bewahrt, wie sie Amerikas und Europas Banken in den vergangenen zwei Jahren schüttelten. Eine Spekulation mit dem Handel von Schulden, etwa Hypotheken auf Immobilien, wäre im islamischen Bankwesen nicht möglich. Gerade aber ein solcher globaler Handel hat den amerikanischen Hypothekenmarkt in den Kollaps getrieben. Kauft ein Kunde ein Haus „auf Kredit“, so spielt sich das  folgendermaßen ab: Der Kunde schließt mit seiner Bank einen Vertrag, diese kauft das Haus in eigenem Namen und gibt das Objekt gegen einen gewissen, vorher ausgehandelten Aufpreis an den Kunden weiter. Ihm wird der Kaufpreis gestundet, er bezahlt in Raten ab. Der ursprüngliche Verkäufer kann auf das Objekt nicht mehr zugreifen. Aus dem Kredit wird so eine Art Tauschhandel, und der ist nach der Scharia zulässig.

In den letzten beiden Jahrzehnten sind überall auf der Welt hunderte islamischer Banken gegründet worden und es kursieren Schätzungen, dass sie jährliche Zuwächse von fast 30 Prozent einfahren. Weltweit stünden rund 2,5 Billionen Dollar Gesamtvermögen aus islamischen Geschäften zur Disposition, von denen aber bisher gerade einmal 400 Milliarden Dollar Scharia-konform angelegt seien, berichtet die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Turbulenzen bei den Nahostbanken haben allerdings auch Kritiker wachgerufen. So geriet die Shuaa-Bank in Dubai wegen krummer Geschäfte der beiden Baufirmen Saad und Algosaibi in eine Finanzklemme. Derzeit bemüht sich die Zentralbank der Emirate um Klärung und hat 52 Geldhäuser zur lückenlosen Offenlegung verdonnert. Joachim Feyerabend


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