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24.10.09 / Genialischer Feuerkopf aus Königsberg / Der Freidenker und Dramatiker Albert Dulk vertrat eine »Religion ohne Gottperson und Kultus«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Genialischer Feuerkopf aus Königsberg
Der Freidenker und Dramatiker Albert Dulk vertrat eine »Religion ohne Gottperson und Kultus«

Unser Königsberg ist jetzt politisch und kirchlich in einer unglaublichen Gärung, von der man auswärts kaum eine richtige Vorstellung haben mag“, notierte Karl Rosenkranz, Nachfolger auf dem Lehrstuhl Kants an der Königsberger Albertina, 1844 in seinem Tagebuch. Zu den unruhigen Geistern dieser Zeit zählte der am 17. Juni 1819 in Königsberg als Sohn des Chemieprofessors und Apothekenbesitzers Friedrich Philipp Dulk geborene Albert Dulk. Zunächst wandte er sich wie der Vater der Chemie zu, lernte in der väterlichen Apotheke und studierte in Königsberg Medizin, Naturwissenschaft und Philosophie. In Breslau und Gumbinnen arbeitete Dulk als Apothekergehilfe; die Politik aber war es, die ihn vollauf interessierte. In Breslau hatte er promoviert und bemühte sich nun um eine Zulassung als Privatdozent in Königsberg. Die wurde ihm wegen seiner politischen Umtriebe verwehrt. Als radikalster Vertreter für eine „Religion ohne Gottperson und Kultus“ setzte er sich auch für die demokratische Freiheit und eine Verfassung ein. Sein Hauptstreben aber galt der Reform der Religion. So war er Mitbegründer des „Deutschen Freidenkerbundes“ und der Stuttgarter freikirchlichen Gemeinde.

1844 hatte Dulk sein erstes Drama „Orla“ veröffentlicht und darin seine Ansichten über ein modernes Leben dargestellt. Ansichten, die er selbst verwirklichte, indem er versuchte, eine Doppelehe zu führen. Ein Versuch, der offensichtlich fehlschlug, denn Dulk zog sich für einige Zeit als Eremit in eine Grotte des Sinai zurück, „um dem Geist des Urchristentums nahe zu kommen“. Acht Jahre lebte der Königsberger schließlich in einer Sennhütte am Genfer See, bis er sich 1858 endgültig in Stuttgart niederließ, wo er vor 125 Jahren, am 29. Oktober 1884 starb.

Eisermann nennt Dulk in der „Altpreußischen Biographie“ einen „genialischen Feuerkopf“, einen „bezwingenden Redner und Rhapsoden“. „Er gefiel sich dauernd in der Herausforderung des Allgewohnten und Landesüblichen.“ Nach „Orla“ erschien 1848 das Drama „Lea“, das im Stadttheater Königsberg uraufgeführt wurde. „Das Trauerspiel ,Lea‘ soll die Tragik des auf schwindelnde Höhen emporsteigenden und dann ebenso schwindelnd tief stürzenden Süß Oppenheimer darstellen. Dem dramatischen Geschehen fehlt aber die überzeugende innere Konsequenz. Allzusehr stehen die Ereignisse ohne inneren Zusammenhang nebeneinander. ,Das Beste in einzelnen, gut charakterisierenden Vorgängen stammt aus der unter dem Titel genannten Vorlage, der Novelle Wilhelm Hauffs‘, urteilte schon Dulks Zeitgenosse Rudolf Gottschall“, so Helmut Motekat in „Ostpreußische Literaturgeschichte“ (München 1977). Als bedeutendstes Drama nennt Motekat „Jesus, der Christ“, das Dulk 1855 vollendete, das aber erst 1865 erschien. Darin zeigt Dulk nach Art der Passionsspiele den Gegensatz zwischen Jesus und Judas auf. 1859 erschien schließlich die Tragödie „Simson“, 1867 das Doppeldrama „Konrad II“ als „historisch-belehrendes Lesedrama“. Neben Gedichten, die meist politischer oder religiöser Natur sind, ver-

fasste Albert Dulk auch theoretische Schriften wie „Die Stimme der Menschheit“ in zwei Bänden (1875–1880) oder „Der Irrgang des Lebens Jesu“, ebenfalls in zwei Bänden (1884/85).

Albert Dulk liebte den Kampf – nicht nur als Dichter und Freidenker. So mag denn auch erwähnt sein, dass es ihm im Sommer 1865 nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen als Erstem gelang, den Bodensee von Romanshorn nach Friedrichshafen zu durchschwimmen. „Der Schwimmer war ohne alle und jede Hilfsmittel, nur eine Leine war an Bord, welche zugeworfen werden sollte, falls es nötig würde“, berichtete ein Augenzeuge. „Nur ein einziges Mal wurde eine kleine Pause gemacht, damit der Schwimmer einen Schluck Wein aus der Gondel empfangen konnte. Beim Schloss in Friedrichshafen stieg Herr Dulk frisch ans Land und genoss im Kronengarten sein Bier.“    os


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