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24.10.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

wer nach Ostpreußen reist, hat zumeist viele Fragen im Gepäck – und kommt mit noch mehr zurück. Herr Günter Schäfer aus Backnang wandte sich an uns mit einer Bitte, die auf den ersten Blick erfüllbar schien, das war leider nicht der Fall. Das Ehepaar Schäfer hatte im Sommer eine Info-Reise durch Ostpreußen unternommen, die Familie von Frau Schäfer stammte aus dem Kreis Labiau und so fuhren sie an einem freien Tag dorthin. Ein russischer Taxifahrer aus Insterburg brachte sie nach Trainlauken/Kreuzberg, dem früheren Heimatort von Paul Preikschat, Vater von Frau Fischer. Der Russe schien auch den kleinen Ort gefunden zu haben, aber es steht kein Haus mehr bis auf die ehemalige Molkerei, in der jetzt eine russlanddeutsche Familie aus Kasachstan wohnt. Weitere Nachforschungen vor Ort waren nicht möglich. Nun hörte Herr Schäfer von seiner in Ostpreußen geborenen Tante, dass die Familie des früheren Besitzers oder Betreibers der Molkerei Trainlauken/Kreuzberg jetzt im Schwarzwald leben würde, wie sie aus unserer Zeitung erfahren habe. Leider konnten wir nichts Näheres feststellen, da keine weiteren Angaben vorhanden sind, und müssen nun die Bitte an unsere Ostpreußische Familie weitergeben. Wer kennt die Familie aus Kreuzberg und kann Herrn Schäfer die Anschrift vermitteln? Aber vielleicht meldet sie sich ja auch selber bei ihm. Sicher wäre das Ehepaar Schäfer an weiteren Informationen über den südlich von Spannageln gelegenen, zum Kirchspiel Popelten/Markthausen gehörenden Ort interessiert, (Günter Schäfer, Größeweg 8/1 in 71522 Backnang, Telefon 07191/82853)

Zu der Frage einer in Königsberg lebenden Russin nach einer Familie aus der heutigen Uliza Wosduschnaja, die Herr Walter Perkuhn uns nach seiner Heimatreise übermittelte, hat sich ein erstes Mosaiksteinchen für dieses doch recht schwierige Such-Puzzle ergeben. Frau Ingrid Nowakiewisch aus Haiger-Allendorf fand aufgrund eines 1992 auf ihrer ersten Königsberg-Reise erstandenen Stadtplanes heraus, dass es sich um die frühere Woermannstraße in Ratshof handelt. Wir konnten dann anhand eines Königsberger Adressbuches die Bewohner des Hauses Nr. 73 feststellen, leider befand sich unter ihnen nicht die gesuchte Familie Meier. Allerdings war sich die Russin bei dem Gespräch mit Herrn Perkuhn auch nicht ganz sicher gewesen, ob diese Königsberger Familie, in der sie als Haushilfe arbeitete, auch so hieß. Vielleicht stimmen auch die heutigen Hausnummern nicht mit den damaligen überein. Falls jemand von den ehemaligen Bewohnern des Hauses Woermannstraße 73 – verzeichnet sind die Familien Stalschuß, Raatz und Rodeck – diese Zeilen liest, wären wir für eine kurze Meldung dankbar. Es könnte auch sein, dass sich jemand von den anderen Bewohnern der Woermannstraße an die Ukrainerin Natalja Alexeejewna Sinizina erinnert, die während des Krieges in einem Haushalt gearbeitet hat. Antworten bitte an Herrn Walter Perkuhn, Bloherfelder Straße 98 A in 26129 Oldenburg, Telefon (0441) 53337.

Und noch einmal „Znin“, und diesmal so ausführlich, dass sich Herr Paul Salewski, wenn er in diese Stadt im Posener Land fahren will, einen Reiseführer sparen kann – den es auch gar nicht geben dürfte, jedenfalls nicht in deutscher Sprache. In polnischer vielleicht, denn der für Herr Salewski und uns bisher unbekannte Ort, der Dietfurt heißt, spielt heute eine touristische Rolle, weil er zwischen zwei Seen in einer reizvollen Moränenlandschaft liegt und auch historisch viel Interessantes bietet. Es gibt ein Museum für Druckereimaschinen, darunter auch einige deutscher Herkunft, in dem achteckigen Rathausturm befinden sich historische Relikte, und Eisenbahnfans werden im Kleinbahnmuseum auf ihre Kosten kommen. Nicht nur als Betrachter sondern auch als Benutzer, denn eine Kleinbahn fährt historisch getreu von Znin nach Biskupin, einer rekonstruierten Siedlung aus der Lausitzer Zeit. Dies alles und noch viel mehr erwartet Herrn Salewski auf seiner Reise, denn Frau Renate Penski aus Hilchenbach hat ihm dies ausführlich mitgeteilt und als Beleg vier Farbaufnahmen beigelegt. Und damit sich auch unsere Leser einen Eindruck von dieser zwischen Hohensalza, Gnesen und Bromberg gelegenen Stadt machen können, hat sie uns ebenfalls diese Fotos zugesandt – als kleinen Dank dafür, dass wir ihr schon zweimal zu Auskünften verholfen haben. So können wir mit einer dieser schönen Farbaufnahmen unsere heutige Kolumne bildlich beleben. Dafür sagen wir nun wieder ein herzliches Dankeschön. Übrigens werden einige Leserinnen und Leser auch schon Dietfurt passiert haben, wenn sie auf einer Busreise nach Ostpreußen waren, aber Durchfahrten ergeben ja nur ein flüchtiges Bild. Sollte das wieder einmal geschehen, also aufgemerkt: „Znin“ ist der polnische Name für Dietfurt, das – wenn man die vor etwa 100 Jahren gemachte Aufnahme mit der heutigen vergleicht – viel von seiner Vergangenheit bewahrt hat.

Es gibt schon Zufälle: Kaum hatten wir diese westpreußische Stadt enträtselt, da kam eine Anfrage aus Frankreich, die ebenfalls in diese Richtung zielt, allerdings ohne Foto und ungleich schwieriger. Zumal die Absenderin der E-Mail, Frau Camille Stein aus Theding, ihre Fragen in Französisch gestellt hat und wir sie auch in dieser Sprache beantworten müssen, da sie kein Deutsch kann. Das ist nicht leicht, denn, wie schon angedeutet, der von Frau Stein gesuchte Ort liegt in Westpreußen – das haben wir bereits ausgelotet – und da müssen wir uns durch die deutsch-polnische Geschichte ackern. Es handelt sich dazu um einen sehr kleinen Ort mit mehrfachem Namenswechsel: Brinsk, ehemals zum Kreis Strasburg, Regierungsbezirk Marienwerder gehörend, ist der Geburtsort der Mutter von Frau Stein, über den diese nähere Angaben haben möchte, um die mütterliche Familiengeschichte erkunden zu können. Franziska Janowski, * 10. Juni 1891, war die Tochter von August Janowski und seiner Frau Marianne geborene Zaporowski. Zu jener Zeit gehörte das 1753 erstmals genannte Brinsk – auch Brinsker Buden genannt – zu Preußen, die Einwohnerzahl betrug etwa 700. Frau Steins Mutter ist also noch im deutschen Kaiserreich geboren. Wann sie ihren Heimatort verließ, ist unbekannt, vielleicht nach dem Ersten Weltkrieg, als nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags der Kreis Strasburg zu Polen kam. Nach der Rückkehr zu Deutschland erhielt Brinsk 1942 einen neuen Namen: Langendorf. Heute nennen die Polen ihn „Brynsk“. So viel in groben Zügen zur Ortsgeschichte, über die wir Frau Stein noch ausführlicher informieren werden. Zur Familiengeschichte haben wir herausgefunden, dass ein August Janowski am 28. Oktober 1874 in Brinsk geboren wurde, das könnte aber schwerlich der gesuchte Großvater von Frau Stein sein. Aber es gab noch einen zweiten Brinsker Bürger dieses Namens, hier liegt allerdings keine Geburtsangabe vor. Da insgesamt 17 Janowskis im 19. Jahrhundert in Brinsk verzeichnet sind, muss es sich um eine alteingesessene Familie handeln. Der Name Zaporowski taucht nirgends auf, die Großmutter muss also aus einem anderen Ort stammen. Vielleicht kann hier unsere Familie helfen. Wer kommt aus dieser Gegend, wer kannte Familien dieses Namens und gibt es noch Nachkommen? Da die Korrespondenz in französischer Sprache geführt werden muss, können sich die Betreffenden an uns wenden.

Ja, die Familienforschung wird immer schwieriger, weil die Jüngeren auf der Suche nach ihren Wurzeln zumeist nur wenige Angaben – oft nur mündlich überliefert – zur Verfügung haben und mit diesen in völliger Unkenntnis der geschichtlichen Abläufe und der damaligen Lage nichts anfangen können. Auch unsere Familienarbeit wird dadurch immer schwieriger und komplizierter. Da bin ich froh, wenn ein Schreiben kommt wie das von Frau Charlotte Fröhlich aus Köln, das sehr präzise Angaben enthält, so dass ich es im Wortlaut wiedergeben kann. Zugleich legt sie in wenigen Worten ihre eigene Lebensgeschichte vor, die wieder einmal ein Schicksal beinhaltet, das durch eine verlorene Kindheit gekennzeichnet ist. Charlotte Fröhlich schreibt:

„Ich bin seit langem auf der Suche nach dem Verbleib und den Lebensdaten meiner Mutter und deren Vorfahren. Ich wurde am 28. August 1934 unehelich in der Hebammenlehranstalt in Insterburg geboren, in der Melanchthonkirche auf den Namen Charlotte Marianne getauft und gleich darauf meinen Pflegeeltern Lisbeth und Erich Hochwald aus Königsberg-Ponarth übergeben. Ich habe versucht, über die genealogische Forschungsstelle der Mormonen und das Standesamt 1 in Berlin weitere Informationen zu erhalten, und man hat mir eine beglaubigte Geburtsurkunde übersandt. Leider ist von meiner Mutter nur der Name Martha Metschulat, der Beruf Stenotypistin und ihre Königsberger Adresse angegeben: 1934 Klapperwiese 9, 1937/1939 Altstädtische Bergstraße 43. Von meiner Pflegemutter habe ich erfahren, dass meine leibliche Mutter bei meiner Geburt sehr jung war und zur Entbindung in die Nähe ihrer Großmutter fuhr, die vermutlich in Insterburg oder Umgebung wohnte. Eingeschult wurde ich unter dem Namen Charlotte Metschulat. Auf der Flucht bin ich mit meiner Pflegemutter nach Berlin gekommen. Wir sind aber gleich nach Kriegsende zurück nach Königsberg gegangen, weil Frau Hochwald dort ihre Eltern vermutete. Ich bin dann mit anderen Kindern auf der Suche nach Essbaren auf einem Güterzug nach Litauen gefahren. Dort habe ich bis 1954 auf Bauernhöfen und zuletzt in einer Weberei in Kaunas mein Brot verdient. Am Heiligen Abend konnte ich durch die Mithilfe eines mir gut gesonnenen Chorleiters nach Deutschland ausreisen. Da ich meine Pflegeeltern nur unter ,Hochwald‘ suchen konnte, wurde ich unter diesem Namen registriert und trug ihn seit dieser Zeit, obgleich es anscheinend keine offizielle Adoption gegeben hat. Soweit meine Geschichte. Ich versuche nun herauszufinden, woher meine Mutter Martha gekommen sein könnte und ihre Familiengeschichte zu erfahren.“

Soweit der sehr informative Brief von Frau Fröhlich. Ob wir ihr bei der Spurensuche helfen können, ist fraglich. Im Rheinland, wo Frau Fröhlich heute wohnt, mag der Name Metschulat selten sein, in Ostpreußen war er es nicht. Wahrscheinlich hat Martha Metschulat aus beruflichen Gründen in Königsberg gewohnt, geboren könnte sie im Insterburger Raum sein. Vielleicht hat die junge Frau in Königsberg zur Untermiete gewohnt, als Stenotypistin ist sie wohl in einem größeren Königsberger Betrieb tätig gewesen. Es ist auch möglich, dass Martha Metschulat bald durch Heirat einen anderen Namen angenommen hat. Vielleicht gibt es irgendeinen Hinweis, der Frau Fröhlich helfen könnte, ihre mütterliche Familiengeschichte zu durchleuchten. Wenn überhaupt, kann das wohl nur unsere Ostpreußische Familie. (Charlotte Fröhlich, Honnefer Platz 5 in 50939 Köln, Telefon 0221/443462)

Eure Ruth Geede

Foto: Rathausturm in Dietfurt: Die Polen nennen die Stadt „Znin“.


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