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24.10.09 / Graue Zeitbombe der reichen Länder / Alzheimer-Krankheit fordert von betreuenden Angehörigen viel Kraft – Auch die Psyche ändert sich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Graue Zeitbombe der reichen Länder
Alzheimer-Krankheit fordert von betreuenden Angehörigen viel Kraft – Auch die Psyche ändert sich

Als die „graue Zeitbombe der reichen Länder“ hat man die Alzheimer-Demenz schon bezeichnet. Experten befürchten, dass dieses Leiden, an dem Prominente wie Walter Jens, Ernst Albrecht und Ronald Reagan erkrankt sind,  Krebs als Todesursache bald überholen könnte.

Infektionen und Entzündungsprozesse beschleunigen den Verlauf der Alzheimer-Krankheit deutlich. Das fanden Mediziner der Universität Southampton heraus. Schon eine Erkältung kann den Abbau des Gedächtnisses fördern. Die Wissenschaftler untersuchten 222 Alzheimer-Patienten ein halbes Jahr lang. 110 Teilnehmer der Studie hatten während dieser Zeit eine akute Infektion oder eine entzündete Wunde. Bei diesen Patienten verlief der Erinnerungsverlust doppelt so schnell wie bei den übrigen.

In Deutschland leben zurzeit etwa 700000 Menschen, die an einer Alzheimer-Demenz leiden. Jährlich treten 125000 Neuerkrankungen auf. Im Durchschnitt leben Betroffene noch 3,3 Jahre, nachdem die Erkrankung festgestellt wurde. Schließt man Patienten aus, bei denen die Erkrankung stufenweise rasch fortschreitet, überleben die Erkrankten im Schnitt 6,6 Jahre.

Bei der Alzheimer-Demenz kommt es nicht nur zu intellektuellen Störungen in mehreren Bereichen, wie dem Denkvermögen, der Orientierung, der Auffassung, der Lernfähigkeit und der Sprache sowie dem Gedächtnis. Außer diesen kognitiven Beeinträchtigungen treten auch Veränderungen im Gefühlsleben, Sozialverhalten oder bei Motivation und Antrieb auf. Es kommt zu psychischen Auffälligkeiten, wie Depressionen, Schlafstörungen mit nächtlichem Umherwandern, Unruhe, Angst, Wahnwahrnehmungen, Halluzinationen und Aggressionen sowie Apathie.

Bereits in den leichten beziehungsweise frühen Erkrankungsstadien der Alzheimer-Demenz sind die Betroffenen infolge der genannten Einbußen in der selbstständigen Lebensführung eingeschränkt. Schreitet die Erkrankung fort, kommt es zu ausgedehnten Funktionseinbußen, die eine umfassende Pflege notwendig machen. Die Betroffenen müssen nun rund um die Uhr beaufsichtigt werden.

Zunehmend sind auch jüngere Menschen von dem langsamen Verlust des Gedächtnisses betroffen. Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft geht davon aus, dass drei Prozent der Betroffenen vor dem 65. Lebensjahr erkranken. Das mag allerdings auch daran liegen, dass das Leiden heute viel früher und viel besser diagnostiziert werden kann.

Die Diagnose Demenz oder Alzheimer ist für die Betroffenen, aber auch für die Angehörigen meist ein Schock. Viele Fragen stellen sich: Wie geht es weiter? Welche Vorsorgemaßnahmen müssen getroffen werden? Wo findet man Unterstützung? Wie kann man die Situation so lange wie möglich stabilisieren? Vereine wie die Berliner Alzheimer Angehörigen-Initiative e. V. (AAI) stehen über das Internet unter www.alzheimerforum.de nicht nur Hauptstädtern zur Seite. So findet alljährlich an dem Sonnabend, der dem Welt-Alzheimer-Tag (21. September) am nächsten liegt, im Roten Rathaus ein halbtägiges Alzheimer-Symposium mit Kurzvorträgen zu medizinischen, pflegerischen und rechtlichen Themen statt. Dort kommen auch Angehörige zu Wort, und in Fachbeiträgen werden hervorzuhebende Aspekte der Vereinsarbeit vorgestellt. Jedes Alzheimer-Symposium steht unter einem Thema, an dem sich die einzelnen Vorträge ausrichten. In diesem Jahr heißt es am 31. Oktober (9 bis 14.30 Uhr): „Alzheimer – Mit der Krankheit leben“. Fachleute sprechen über das demenzfreundliche Krankenhaus, über Gesprächsgruppen für Frauen mit beginnender Demenz oder über den Einsatz tierischer Therapeuten wie Hund oder Katze.

Es ist ein langer schwieriger Weg, den die Angehörigen mit den Erkrankten gehen. Und nicht jeder geht am Anfang so damit um wie der betroffene Psychologe René van Neer (siehe rechts), der seine Erkrankung als Herausforderung betrachtete: „Was passiert am Ende des Lebens mit dem Gehirn?“, fragt er. „Alzheimer ist ein Abenteuer. Ich lasse mich darauf ein.“

Die Krankheit kann zwar nicht aufgehalten, aber ihr Verlauf kann durch verschiedene Maßnahmen im Verlauf verlangsamt werden. Wichtig ist, dass die Patienten nicht überfordert werden und bei den Übungen auch Erfolgserlebnisse vermittelt bekommen. Und sie brauchen Geduld – viel Geduld.     S. Osman

Foto: Tägliche Zuwendung: Alzheimer-Patienten benötigen viel Geduld.


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