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31.10.09 / Preußenreisen der Franken / Auch Süddeutsche kämpften für den Deutschordensstaat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Preußenreisen der Franken
Auch Süddeutsche kämpften für den Deutschordensstaat

In der Zeit nach 1300 tauchen in Ostpreußen zahlreiche fränkische Namen auf. Das liegt nicht zuletzt an den Preußenreisen des fränkischen Adels. Das Heer des Deutschordensstaates bestand zu großen Teilen aus Auswärtigen, darunter auch Franken. Hierbei handelte es sich zum einen um angeworbene Söldner aus anderen Territorien und Ländern. In der Armee waren aber auch die so genannten Reisigen vertreten, die aus vielen europäischen Ländern kommend, auf die „Reis“ gingen. Diese galten nicht als Söldner. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Ritter aus fränkischen Adelsgeschlechtern, die dem Ruf des Großmeisters des Deutschen Ordens zur Unterstützung folgten. In historischen Unterlagen finden sich Aufzeichnungen über 299 „Reisen“, wobei die größte im Jahre 1346/47 40000 Teilnehmer hatte. Aber auch kleine Unternehmungen mit nur 60 Personen sind überliefert.

Die „Reis“ darf man sich nicht als Gesellschaftsreise vorstellen. Die „Reise“ nach Preußen in der damaligen Zeit war dem „Aufbruch zu einem Kriegszug“ gleichzusetzen. Die Teilnehmer hatten keinen Sonderstatus als Kreuzfahrer, erhielten keine Bezahlung und mussten ihre eigenen Waffen mitbringen. Die Unterkunft erfolgte in mitgeführten Hütten, der Transport teilweise mit dem Schiff, wobei die Hansekaufleute nicht immer die besten Boote zur Verfügung stellten. Für die „Reis“ wählte man die Wintermonate mit ihrem Frost, um den aus Flüssen und Seen bestehenden etwa 50 Kilometer breiten natürlichen Grenzgürtel zwischen Ostpreußen und dem Baltikum besser überwinden zu können. Oft schaffte man weniger als die geplanten Tagesetappen von vier Meilen (etwa sechs Kilometer). Zudem kam es unter den verschiedenen beteiligten Nationalitäten immer wieder zu Streitigkeiten.

Sammelpunkt war meist das frontnahe Königsberg oder die Marienburg, wo mit höfischem Ritual gegenseitig zu Gastmahlen geladen wurde. Den Ruf an den Ehrentisch sah man als hohe Auszeichnung an. Für einfache Ritter, abgesunkene Edelherren und Unfreie war die „Reis“ ein materielles Verlustgeschäft, jedoch hatte die Verteidigung des Christentums in dieser Zeit einen derart hohen Stellenwert, dass die Teilnahme Ansehen, Ehre und zuweilen den Ritterschlag einbrachte.

Auf erhaltenen Gästelisten sind neben den Burggrafen von Nürnberg die Grafen von Henneberg aus Thüringen, die Landgrafen von Leuchtenberg aus der Pfalz, die Grafen von Wertheim, von Rothenstein, von Seckendorff und aus Öttingen verzeichnet, wobei eine sichere Identifizierung der Beteiligten nicht in jedem Falle möglich ist.

Mit der Niederlage des Deutschen Ordens in der Schlacht von Tannenberg 1410 gegen die Polen und Litauer endet die große Zeit der „Reisen“. Ab diesem Zeitpunkt begann, bedingt durch die Christianisierung der Litauer, die Umwandlung des Deutschordensstaates in eine weltliche Herrschaft.        Manfred E. Fritsche

Der Artikel basiert auf dem Vortrag „Die Preußenreisen des fränkischen Adels“, den der Leitende Archivdirektor am Staatsarchiv in Nürnberg Gerhard Rechter im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen im Rahmen der dortigen Ausstellung „Ein Franke zieht ins Preußenland“ gehalten hat.


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