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31.10.09 / Russisches Manöver beunruhigt Nachbarn / Zur Militärübung »Zapad« (Westen) gehörte auch eine groß angelegte amphibische Landung bei Pillau – Besuch Medwedjews

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Russisches Manöver beunruhigt Nachbarn
Zur Militärübung »Zapad« (Westen) gehörte auch eine groß angelegte amphibische Landung bei Pillau – Besuch Medwedjews

Zapad“ heißt auf Russisch „West“ und ist seit Jahrzehnten der Name für das größte Manöver der russischen Marine. Es wird wechselnd in verschiedenen Seegebieten durchgeführt, wobei die eigentlich nicht beteiligten russischen Flotten Einheiten abordnen. Nachdem die Nato mit großem Aufwand 2009 die Übung BALTOPS in der Ostsee abgehalten hatte, fand Zapad 2009 in diesem Jahr vom 18. bis 29. September in der Ostsee und auf dem Festland statt. Nord- und Schwarzmeerflotte hatten Einheiten in die Ostsee verlegt. Die Übung gliederte sich in verschiedene Abschnitte, deren erster – im Beisein von Präsident Dmitri Medwedjew – eine groß angelegte amphibische Landung in der Nähe des ostpreußischen Pillau war.

Die Vorgehensweise erinnerte an Zapad 1981. Zu diesem Manöver hatten damals unter anderem der Flugzeugträger „Kiew“ von der Nordmeerflotte und der Hubschrauberträger „Leningrad“ aus dem Schwarzen Meer in die Ostsee verlegt. Der Höhepunkt von Zapad 1981 war eine beeindruckende amphibische (Kampf-)Landung am Strand nördlich von Pillau. Zapad 2009 bestand nicht nur aus Marineübungen, sondern setzte sich mit Luftlandungen, Bodenmanövern mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern in Weißrussland fort. Dort war Medwedjew mit dem weißrussischen Präsidenten Lukaschenko zugegen.

Angesichts der Wahl des Übungsnamens setzten sofort Spekulationen ein. Beunruhigt zeigten sich insbesondere die ostmitteleuropäischen Staaten, die vor 20 Jahren noch Teil des Sowjetimperiums waren. Polen scheint dabei ein schlechtes Gewissen zu haben, denn Warschau ließ in den letzten zwei Jahrzehnten kaum eine Gelegenheit aus, um gegen den östlichen Nachbarn Front zu machen. Aber auch im Baltikum macht man sich Sorgen. Der lettische Verteidigungsminister Imants Liegis sieht das russisch-weißrussische Truppenmanöver als die Übung eines Überfalls auf das Baltikum. Dieses Manöver habe einen politischen Hintergrund, sagte Liegis nach Angaben einer Onlinezeitung. Die russischen und weißrussischen Truppen hätten bei der Übung „das eingekesselte Kaliningrad“ befreit, wofür eine Invasion in die baltischen Nato-Staaten simuliert worden sei. Auch der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves zeigte sich sehr beunruhigt und verlangte den Beistand der Nato-Partner. In der Tat ist es fraglich, ob der rasche Beitritt der drei baltischen Staaten zur Nato ohne Rück­sicht auf russische Befindlichkeiten klug gewesen ist. Denn besondere Verteidigungsanstrengungen hat keine der drei baltischen Republiken unternommen. Man verließ sich lieber auf die Allmacht der USA. Ob dieser Scheck aber gedeckt ist, erscheint fraglich. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warnt vor Hysterie, „die Übung hätte für keinen der Nato-Staaten eine Bedrohung dargestellt.“

Offiziell hieß es von russischer Seite: „Die Übungsinhalte deckten ein sehr breites Spektrum ab und reichten von strategischer Abschreckung über die Bewältigung bewaffneter Konflikte bis hin zu Katastrophenhilfe.“ Russischen Medienmeldungen war leider nicht zu entnehmen, ob die amphibischen Einheiten eine von Küstenverteidigungstruppen abzuwehrende gegnerische Landung simulierten oder eine Kampflandung gegen einen vom Gegner besetzten Küstenabschnitt. Als vorrangiges Übungsziel wurde immer wieder die Gewährleistung der Sicherheit der Russisch-Weißrussischen Union (gegen Bedrohungen „aus dem Westen“) herausgestellt. Nach Darstellung des russischen Generalstabschefs waren die Grenzen zwischen offensiven und defensiven Übungsanteilen ohnehin „fließend“.

Für die USA und ihre Verbündeten zeigte Zapad 2009 aber ganz deutlich, dass die Illusion von der Beherrschung der Weltmeere ausgeträumt ist. Unter dem Druck der USA hatten verschiedene Nato-Partner ihre U-Jagd-Kapazität abgebaut, um stattdessen Landungsschiffe zu beschaffen. Trauriges Beispiel hierfür sind die Niederlande, die sich von allen 24 Mehrzweckfregatten getrennt haben und nun nur noch sehr eingeschränkt zu einem „richtigen“ Seegefecht fähig sind. Die Zeiten des „Kampfes gegen den Terror“ mit schlecht gerüsteten Wüstenkriegern im Irak oder Afghanistan gehören für die Nato-Marinen der Vergangenheit an, weil es zur See wieder „richtige“ Rivalen wie Russland, China oder Indien gibt. Da Russland einen massiven Ausbau seiner Seestreitkräfte angekündigt hat, steht auch die Deutsche Marine vor der Herausforderung, den Schwerpunkt wieder bei der eigenen Küstensicherung zu setzen, statt Kriegsschiffe weit entfernt vor fremden Küsten patrouillieren zu lassen.             Hans Lody


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