26.04.2024

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14.11.09 / Neue Gründerzeit an der Spree

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-09 vom 14. November 2009

Neue Gründerzeit an der Spree
von Harald Fourier

Wie die Friedrichstraße vor dem  Mauerfall ausgesehen hat – daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Nur die leeren Regale in einem „Konsum“-Markt sind mir in Erinnerung geblieben. Die Erinnerung an „Mitte“ setzt bei mir erst nach 1990 ein, als Berlins Mitte fast vollständig aus Bauzäunen zu bestehen schien. Und heute? Da ist die Friedrichstraße ein Prachtboulevard, auf der die Touristen bummeln, als sei es das Normalste von der Welt.

Wie hat sich die Stadt verändert in den 20 Jahren seit der Grenzöffnung! Seit 1990 schuften und werkeln Bauarbeiter auf den Großbaustellen der Hauptstadt, um die Folgen des Sozialismus zu beseitigen.

Inzwischen wurde wertvolle Bausubstanz gerettet, wurden Baulücken geschlossen. Alt und Neu wurden passend zusammengefügt, denken wir nur an den Hackeschen Markt oder den Gendarmenmarkt. Besser hätte es wohl kaum bewerkstelligt werden können. Oder nehmen wir den Prenzlauer Berg, jenen verrotteten Stadtteil, der binnen zweier Jahrzehnte den Aufstieg zur besten Gegend hingekriegt hat. Die schönen Gründerzeit­häuser strahlen jetzt in neuen Farben und zeigen, wie sich ein neues Bürgertum selbst aus dem von SED und Stasi verursachten Schlamassel herausgezogen hat.

Eine der letzten Monumentalbaustellen ist der Bau einer neuen BND-Zentrale in Mitte. Dort stehen so viele Kräne gleichzeitig auf  einer früheren Freifläche wie vor 15 Jahren am Potsdamer Platz. Was machen die eigentlich, wenn sie mal fertig sind?

Berlin ist auch weiterhin zu diesem Zustand als Dauerbaustelle verurteilt. Berlin scheint verdammt dazu, immerfort zu werden und niemals zu sein. Das wusste vor 100 Jahren schon der Publizist Karl Scheffler, dessen einprägender Satz deswegen so oft zitiert wird, weil er so zutrifft.

Zwar sind die großen Projekte im Zusammenhang mit der Vereinigung abgeschlossen: Regierungsviertel, Museumsinsel, Potsdamer Platz, Hauptbahnhof, Sanierung des heruntergekommenen Altbaubestandes. Denoch stehen der Stadt  einige wichtige Aufgaben noch bevor: der Wiederaufbau des Stadtschlosses oder die Schließung des Autobahnrings zum Beispiel.  Auch Mediaspree und Adlershof warten noch darauf, dass dort Leben einzieht. Und wenn diese Dinge erledigt sind, dann wird der stückweise Rückbau der hässlichen, in die Jahre gekommenen Plattenbauten auf uns  zukommen. Sie prägen Teile Ost-Berlins wie auch das Märkische Viertel oder die Gropiusstadt im Westen.

Berlins neue Gründerzeit. Wir sind noch immer mittendrin.


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