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14.11.09 / Ja, und nun...? / Die Kanzlerin hat ziemlich offen die Lage des Landes beschrieben, aber kaum konkrete Schlüsse gezogen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-09 vom 14. November 2009

Ja, und nun...?
Die Kanzlerin hat ziemlich offen die Lage des Landes beschrieben, aber kaum konkrete Schlüsse gezogen

Jetzt ist sie also doch noch gekommen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Regierungserklärung die angesichts der ernsten Lage unvermeidliche „Blut Schweiß und Tränen“-Rede gehalten. Entschlossenheit war der Schlüsselbegriff ihrer Rede, und doch erteilte die Regierungschefin allen „unpopulären Maßnahmen“ eine Absage.

Wann denn sonst, wenn nicht gleich nach der Regierungsübernahme sind schmerzhafte Reformen durchsetzbar? Gerade weil das so ist, war der Koalitionsvertrag für viele dem Gemeinwohl des Landes verpflichtete Bürger so enttäuschend: Wenig konkret, voller Formelkompromisse, ohne realistische Bestandsaufnahme und vor allem ohne klare Benennung der Gegenmaßnahmen schien das Dokument der wenig rosigen Lage des Landes durchaus nicht zu entsprechen.

Mit ihrer ungewöhnlich spät gehaltenen Regierungserklärung hat die Bundeskanzlerin nun einen Teil dieser Defizite erledigt. Die Bestandsaufnahme war ziemlich ungeschminkt, beispielsweise erinnerte Merkel daran, dass die Krise, die in ihren Auswirkungen erst im nächsten Jahr den Höhepunkt erreichen werde, fünfmal schwerer sei als die bisher schwerste Rezession in der Bundesrepublik in den 70er Jahren.

„Die Probleme werden erst noch größer, bevor es wieder besser werden kann“, erklärte Merkel klar in einer Situation, in der beispielsweise die Börsianer schon wieder „Aufschwung spielen“, noch bevor Abschwung und Krise den Arbeitsmarkt und die öffentlichen Haushalte und Sozialkassen ganz erreicht haben.

Auch die demographische Schieflage benannte sie ohne Umschweife: Dem Land würden bald Millionen junger Menschen fehlen, erklärte die Kanzlerin schnörkellos, in einer Zeit, in der viele andere Politiker immer noch über die „Chancen des demographischen Wandels“ schwätzen.

Oft fiel in der Rede das Wort „Entschlossenheit“. Das Land stehe „vor einer Bewährungsprobe wie seit der Einheit nicht mehr“, man dürfe sich da „keinen Sand in die Augen streuen“.

An dieser Stelle begannen allerdings schon die Fragen. Beispielsweise hat die Kanzlerin am Dienstag im Bundestag zwar eine „schonungslose Analyse der Lage des Landes“ angekündigt. Allerdings hätte eben diese Analyse  der Regierungserklärung doch wohl eigentlich vorangehen müssen, das Parlament wäre der Ort gewesen, dem Volk die Ergebnisse der Bestandsaufnahme vorzulegen. Nicht nur an dieser Stelle fragte sich das Publikum, welche zusätzlichen Einsichten denn noch erforderlich wären, um dann schließlich irgendwann zur Tat zu schreiten.

Hier fiel die Regierungserklärung besonders enttäuschend aus. Muss die Quintessenz einer so vergleichsweise klaren Bestandsaufnahme wirklich die schroffe Absage an Ausgabenkürzungen („Ich glaube, jede Diskussion über einen solchen Weg erübrigt sich.“) sein? Stattdessen erneuerte Merkel das Versprechen einer doppelten Steuersenkung zu Beginn des nächsten und übernächsten Jahres. Allein ab 1. Januar sollen die Bürger um 22 Milliarden entlastet werden, Anfang 2011 soll dann eine große Steuerreform folgen, wenn auch hier keine genaueren Angaben über das Entlastungsvolumen gemacht wurden.

Wichtigster „Ansatzpunkt“ für die Überwindung der Krise, so Merkel, sei ein starkes wirtschaftliches Wachstum. Bei allem Respekt für die in Wirtschaftsfragen kompetente und bestens beratene Regierungschefin: So ähnlich redete schon Bundeskanzler Schröder Ende 2001, bevor eine dreijährige lähmende Stagnation folgte. Wenn starkes Wachstum der wichtigste „Ansatzpunkt“ zur Überwindung des Rezession ist, dann klingt das ähnlich wie die Weisheit eines Medizinmanns in der afrikanischen Savanne, starker Regen sei das beste Mittel zur Überwindung der Dürre. Schön und gut, aber was könnte außer Steuersenkungen der Beitrag der Bundesregierung dazu sein?

Bildung, Bürokratieabbau, Nachbesserungen am 115 Milliarden Euro schweren „Deutschland-Fonds“ zur Rettung der Unternehmen − schön und gut und alles nicht falsch, aber hier blieb die Regierungserklärung fast ebenso konturenlos wie der Koalitionsvertrag. Tatsache ist: Mit Bürokratieabbau hätten Bürger und Unternehmen schon in der letzten Legislaturperiode um 20 Milliarden Euro pro Jahr entlastet werden sollen, tatsächlich wurde es viel weniger. Tatsache ist: Investitionen in Bildung sind wichtig, aber sie entfalten − von der Grundschule an gerechnet − erst nach vielen Jahren die produktivitätssteigernde Wirkung, mit der sie sich schließlich amortisieren können. Und schließlich: Der „Deutschlandfonds“ ist (im Unterschied zum Bankenrettungsfonds SoFFin) nichts anderes als der Einstieg in die Staatswirtschaft − ein durch und durch sozialdemokratisches Projekt und gleichsam ein Krematorium für Steuermilliarden, das eine bürgerliche Regierung, der an der Stärkung der Wirtschaft gelegen ist, am besten gar nicht erst reformieren, sondern abschaffen sollte.    K. Badenheuer

Foto: Ein bisschen Entschlossenheit: Im Ton dynamisch vermied die Kanzlerin die Benennung wirksamer Maßnahmen.


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