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14.11.09 / »Nun trete ich den Kreuzweg an« / PAZ-Serie über ostpreußische Märtyrer (Teil 2): Pfarrer Karl Heinrich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-09 vom 14. November 2009

»Nun trete ich den Kreuzweg an«
PAZ-Serie über ostpreußische Märtyrer (Teil 2): Pfarrer Karl Heinrich

Eine aus 80 Elitesoldaten bestehende Ehrenkompanie der polnischen Armee war aufmarschiert, als am 2. September 2001 in Groß Kleeberg, Landkreis Allenstein, ein Denkmal feierlich eingeweiht wurde. Es erinnert an die in den Jahren 1939 bis 1947 ermordeten Priester und Diözesanen des Bistums Ermland. In der Feierstunde verlas die Ehefrau des damaligen Premierministers Ludgarda Buzek eine Gedenkrede. In dieser wurde an das vergangene „Jahrhundert der Ideologien“ erinnert, das äußerst grausam „mit der ethnischen und religiösen Bevölkerung von Ermland und Masuren“ umgegangen sei. Die einheimische Bevölkerung sei zerschlagen und auseinandergerissen worden und habe das tragische Schicksal [der Vertreibung] erleben müssen, wie Millionen anderer Menschen aus Mittel- und Osteuropa. Für die totalitären Regime von Nazi-Deutschland und für die Stalinisten Russlands habe ein Menschenleben nicht viel bedeutet.

Dazu zählte auch das Leben des Pfarrers Karl Heinrich, an dessen gewaltsamen Tod auch mit diesem Gedenkstein erinnert werden soll. Er ist einer der 45 Priester aus dem Ermland, die heute offiziell als Märtyrer der katholischen Kirche gelten. Im Sommer 1941 hatte Pfarrer Heinrich die Pfarrstelle der Diasporagemeinde Passenheim im Kreis Ortelsburg übernommen. Als sich die Bevölkerung im Januar 1945 den abziehenden deutschen Soldaten anschloss, ging der Pfarrer zusammen mit seiner Schwester und dem ebenfalls evakuierten Pfarrer Johannes Frank auf ein Gehöft in der Nähe des Ortes. Als sie hörten, dass Passenheim vom Feind besetzt und das Pfarrhaus abgebrannt sei, kamen sie dem Evakuierungsbefehl des deutschen Militärs schließlich nach. In Stock­hausen, Kreis Rößel, fielen sie dann aber in die Hände russischer Soldaten. Diese drohten damit, alle Anwesenden zu erschießen. Als die Rotarmisten bei der Rückkehr die Menschen jedoch kniend den Rosenkranz betend vorfanden, gingen sie fort, ohne ihre Drohung wahrzumachen.

Am 17. Februar 1945 führten die Soldaten die beiden Geistlichen fort. Allgemein bekannt war, dass es die Rotarmisten vornehmlich auf die Priester als Vertreter der Kirche abgesehen hatten. Zunächst verlautete, dass die beiden Chausseearbeiten verrichten sollten. Doch Pfarrer Heinrich verabschiedete sich von seiner Schwester mit den Worten: „Nun trete ich den Kreuzweg an.“ Knapp ein Jahr später kam die Todesnachricht.

Ein Heimkehrer berichtete später, schon der Hintransport nach Russland sei grausig gewesen. Man habe die Menschen zu je fast 100 in Viehwagen gepfercht, Rücken an Rücken und die Beine angezogen. An den 32 Tagen des Transportes seien bereits 200 Tote zu beklagen gewesen.

Im „Vernichtungslager Stalino“ sei es mit dieser Grausamkeit weitergegangen, berichtete ein anderer Heimkehrer. Dort habe Pfarrer Heinrich das Wort Gottes zweimal in der Woche verkündet, was ein großer Trost für alle Lager­insassen gewesen sei. Rührend habe er sich um die Kranken im Lager gekümmert, ohne sich dabei vor ansteckenden Krankheiten zu fürchten. Schon nach wenigen Monaten sei er dann im Mai oder Juni 1945 im Lager Smolensk gestorben und auf dem dortigen Friedhof begraben worden.

Dass Karl Heinrich einmal dieses Ende finden würde, konnte niemand ahnen, als er am 20. Juli 1896 als ältestes von sechs Kindern eines Bauunternehmers in der ostpreußischen Stadt Rößel geboren wurde. Nach der Notreifeprüfung 1917 am Gymnasium seiner Heimatstadt studierte er zuerst in Königsberg, dann in Berlin Altphilologie. Hier reifte der Entschluss, Priester zu werden. Nach dem Studium der katholischen Theologie in Braunsberg empfing er am 20. Juli 1924 in Frauenburg die Priesterweihe. Seine ersten Dienstjahre als Kaplan verbrachte Heinrich in dem kleinen Kirchspiel Lichtenau und in Tilsit, wo er sich mit der Diasporaseelsorge vertraut machen konnte. Da es ihm aber an den notwendigen litauischen Sprachkenntnissen mangelte, wurde er bald, 1928, in die Propsteigemeinde in Königsberg versetzt.

Ein Freund, der Benediktiner und Pfarrer Ildefons Bergmann, beschreibt den großgewachsenen Pfarrer Heinrich als außerordentlich gebildeten, mit feinem musi-schem Empfinden ausgestattetten und ausgesprochen fröhlichen Menschen: „Geist und Herz, Bil-dung und musische Veranlagung machten ihn in Scherz und Ernst zu einem feinen und überaus sym-pathischen Gesellschafter.“       H.E.B.

Nach: „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“, herausgegeben von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, 4., vermehrte und aktualisierte Auflage, Paderborn 2006.

Foto: Pfarrer Karl Heinrich


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