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14.11.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-09 vom 14. November 2009

Falsche Väter / Warum sie alle nach Berlin kamen, was wirklich »größte Klarheit« brachte, und was man alles im roten Rausch zu sehen bekommt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Regisseure von Kitsch-Dramen lieben diese Geschichte und haben sie schon unzählige Male kopiert: Der junge Mensch ist vor ein paar Wochen 19 geworden. Obwohl in Sachen Familie bei ihm nicht alles top lief und manche blühenden Träume geplatzt sind, ist er im Großen und Ganzen doch recht ordentlich durchs Leben gekommen. Es gibt nichts, was ihm wirklich fehlt, seine Prognose ist günstig, es könnte alles so weiter gehen wie bisher.

Tut es aber nicht, denn eines Tages fliegt die Haustür auf und wie Kai aus der Kiste springt ein Mann herein: „Ich bin’s! Dein verschollener Papi!“ Jetzt geht’s los: Waaas? Wer willst Du sein? Wo warst Du mein ganzes bisheriges Leben lang? Warum kreuzt Du ausgerechnet jetzt auf? Was willst Du überhaupt von mir?“ usw.

Ein herrlicher Stoff für tränenreiche Versöhnungsszenen, aber auch für schreckliche Enthüllungen und hässliche Enttäuschungen. Richtig eklig wird’s, wenn sich herausstellt, dass der „Papi“ in Wahrheit ein missgünstiger Verwandter ist, der sich dereinst  monatelang um die Abtreibung des Ungeborenen bemüht hatte. Der selbst nach der Geburt noch offen darüber sprach, den Säugling kalt „auszuradieren“. Und der sich nun bloß einschleimen will, weil er meint, der mittlerweile stattliche junge Mensch könnte ihm noch einmal nützlich sein. Ja, das ist ein Stoff!

Indes, es ist halt eine recht Hollywood-typische Geschichte, echten Menschen passiert sowas eigentlich nicht. Ganzen Ländern erstaunlicherweise schon eher: Das neuvereinte Deutschland kann sich, 20 Jahre nach seiner Zeugung und 19 nach seiner Geburt, vor zweifelhaften Vaterschaftsbegehren kaum retten. Letzten Montag kamen die „Väter“ dutzendeweise nach Berlin und riefen „Ich war’s!“ um die Wette. Dabei waren sich einige nicht zu schade, ihre Konkurrenten öffentlich madig zu machen: Lech Walesa ätzte gegen den anwesenden Michail Gorbatschow, der Russe habe in Wahrheit weder die Mauer weg- noch die deutsche Einheit herbeigewünscht. Polen dagegen, beteuerte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk an der Spree, habe sich „mit der größten Klarheit“ von allen europäischen Ländern für die Wiedervereinigung Deutschlands ausgesprochen.

Ach ja? Dann haben wir damals wohl einiges in den falschen Hals bekommen. Walesa regte noch nach der Vereinigung an, Deutschland bei Bedarf „von der Landkarte zu radieren“. Zweifellos, das war „größte Klarheit“, aber doch eher die des erwähnten missgünstigen Verwandten.

Nicolas Sarkozy will sogar am 9. November höchstpersönlich in Berlin gewesen sein, um der Mauer mit Hammer und Meißel zu Leibe zu rücken. Er belegt das mit einem Foto. Das soll allerdings vom 16. November stammen. Oder vom 10.? Oder 11.? Keiner weiß es genau, macht aber auch nichts: Er war da und hat gemeißelt, während sein damaliger Präsident Mitterrand eifrig gemauert hat, um die deutsche Einheit noch zu verhindern.

Gordon Brown war auch in Berlin, verkniff es sich aber, uns ein Lied über das Ringen der britischen Regierung für die deutsche Einheit vorzusingen. Dem Briten fehlt offenkundig die Chuzpe der polnischen Vertreter. Hemmt ihn sein Feingefühl? Vermutlich eher Realismus: England hat mit die schlechtesten Karten als falscher Einheitsvater, denn Maggie Thatcher hatte viel zu laut und vor allem zu dumm gegen die Einheit gekeift, als dass man sie nachträglich zur Freundin der Deutschen umfrisieren könnte, ohne alle Lacher auf seine Seite zu ziehen.

Was muss da für eine Herzlichkeit geherrscht haben bei den Feiern zu 20 Jahren Mauerfall – bei soviel Heuchelei: Du lügst mich an und ich helfe Dir noch dabei, so die routinierte Absprache zwischen den Deutschen und ihren Freunden aus Paris, London und Warschau. Warum macht Berlin den faulen Zauber mit? Schwer zu sagen. Hat vermutlich was mit „Gesicht wahren“ zu tun. Wir können denen ja schlecht die Wahrheit entgegen bellen: „Wir wollten unsere Einheit. Ihr wolltet sie verhindern. Wir haben gewonnen, Ihr habt verloren. Ätsch!“ Nun ja, „gewonnen“ mit allerhand Abstrichen, aber immerhin.

Ein gewisser Winkel unseres Volkes meint indes bis heute, 1989 regelrecht verloren zu haben. Man sehnt sich dort nach DDR und SED und manchmal auch nach der Stasi, wie eine niedersächsische Linke-Politikerin, von der wir schon berichteten. Doch wer Kummer hat, der hat auch Likör. Zeitgemäße Kummerträger bevorzugen Cannabis, weshalb die Linkspartei in Nord­rhein-Westfalen per Wahlprogramm das „Recht auf Rausch“ ergriffen und gleich ein paar tiefe Züge aus der Haschpfeife genommen hat.

Und siehe da: Es wirkt! Hoch auf dem roten Trip entfaltet sich den Linken die wunderbare Welt des Bolschewismus neu, so, wie man sie sonst nur noch aus den wonnevollen Erzählungen über Lenin, Stalin und ihre apokalyptischen Greifer kennt.

Das rote NRW-Programm rückt alles wieder gerade: Die „immanente Verbindung von Faschismus und Kapital“ etwa sei an Rhein und Ruhr „geleugnet“ worden, heißt es da. Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn von diesem Punkt aus läuft die Argumentationskette der Bolschewisten wie von selbst ab: Das „Kapital“ wird vertreten durch die bürgerlichen Parteien und ihre sozialdemokratischen Büttel. („Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ schrien die Lenin- und Stalin-Adepten im Deutschland der 20er Jahre.) Jenes „Kapital“ wiederum steht hinter dem Faschismus („immanent“, also unauflöslich), und „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.

Hier geht der Sack zu, denn so gesehen sind alle, die den Kommunisten im Wege (also rechts von ganz links) stehen, „Verbrecher“. Wie man mit diesen verfährt, ist aus der Geschichte wohlbekannt: „Kommse mit, stellnse keine Fragen.“ Tja, die Geschichte – leider haben die Leute noch nicht alles vergessen und gruseln sich ein bisschen vor den dunkelroten Wiedergängern und ihrem totalitären Rausch. Diese Angst muss ihnen genommen werden, um die NRW-Linke an die Macht zu bringen. Was gar nicht so einfach ist, denn bekanntlich funktionieren Rechtsstaat, bürgerliche Demokratie und Freiheit selbst in schwersten Krisen immer noch besser als ihre dunkelroten Gegenstücke. Daran müsste gearbeitet werden. Doch keine Bange, die NRW-Kommunisten haben dafür einige Lösungen vorgelegt in ihrem Programm.

Eine Strategie der Marxisten lautet traditionell: „Die Verhältnisse zum Tanzen bringen“, also alles ordentlich durcheinander wirbeln. Dazu wollen die Rheinland-Bolschewisten die Gefängnisse abschaffen. Dann könnten nämlich alle Kriminellen frei ihrer Beschäftigung nachgehen. Das wär’ ein „Tanz“, was? Wenn’s lange genug rundgegangen ist, werden die normalen Staatsbürger die Nase voll haben von „Freiheit“ und „Entfaltung“. Man sagt ja, dass Diktatur nur akzeptiert wird von Gesellschaften, die von Chaos und Willkür gebeutelt sind und nach Ordnung schreien. Wenn erst freigelassene Mafia-Banden das „Gesetz“ in ihre Hand genommen haben, könnte mancher Zeitgenosse am demokratischen Rechtsstaat rasch verzweifeln. Schlau, die NRW-Linken.

Durch Abschaffung der Schulnoten und Verstaatlichung von Wirtschaftsbetrieben legen sie zudem die Axt an die Leistungsfähigkeit des Bildungs- und des Wirtschaftssystems, auf das auch dieses bald zusammenbrechen möge. Dann hätten die Leute von Marktwirtschaft und „Eliteförderung“ ebenso genug.

Schließlich wäre alles derart im Dutt, dass niemand mehr bezweifeln könnte, dass das „kapitalistische System auf allen Ebenen gescheitert“ ist. Dann ist das Land reif für die neue rote Ordnung, zu deren Schutz man (natürlich nur vorübergehend) sicher auch ein paar Gefängnisse wieder öffnen müsste, um dort die letzten Faschisten zu besseren Menschen zu machen.


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