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14.11.09 / Nach Hamburg der Kunst wegen / Bedeutende Künstler des 20. Jahrhunderts malten Ansichten von Alster, Elbe und Hafen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-09 vom 14. November 2009

Nach Hamburg der Kunst wegen
Bedeutende Künstler des 20. Jahrhunderts malten Ansichten von Alster, Elbe und Hafen

Bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war Hamburg ein beliebtes Reiseziel – nicht nur für Vergnügungssüchtige. Auch Künstler aus Deutschland und ganz Europa kamen in die Hansestadt, um sich dort inspirieren zu lassen. Eine Ausstellung zeigt ihre „Hamburger Ansichten“.

„Hamburg, die schönste Stadt der Welt“, preist ein lokaler Rundfunksender die Elbmetropole. Ob das stimmt, sei dahingestellt, so zählte man in diesem Sommer trotz Wirtschaftskrise mehr als 800000 Übernachtungen monatlich. Einer der Gründe, um die Jahrhundertwende nach Hamburg zu reisen und dort zu malen, hieß Alfred Lichtwark (1852–1914). Der Gründer und Direktor des Hamburger Kunsthalle wollte dem Publikum zeitgenössische Kunst vermitteln und er hoffte, dies durch wiedererkennbare Motive leicht zu erreichen. Und so bat er ab 1889 bedeutende Maler wie Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, für die Kunsthalle Werke mit Hamburger Motiven zu schaffen. Am 19. Juli 1911 schrieb Corinth aus Tirol an Lichtwark nach Hamburg: „Natürlich übernehme ich sehr gern die Aufgabe, eine Landschaft aus Hamburg sowie ein Figurenbild zu malen. Über den Preis kann ich noch keine bestimmte Summe nennen, da ich noch gar nicht weiß, was mich in Hamburg erwartet ... “

Lovis Corinth kam denn auch im August 1911 an die Elbe und malte dort die Landschaften „Kaisertag in Hamburg“, „Illumination auf der Alster“ und „Blick auf den Köhlbrand“ sowie das „Porträt Carl Hagenbeck mit dem Walroß Pallas“. Die Kunsthalle erwarb von den Landschaften lediglich das „Köhlbrand“-Motiv; die „Illumination auf der Alster“ ist heute im Besitz der Sammlung der HypoVer-einsbank, der „Kaisertag in Hamburg“ befindet sich im Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Während der „Blick auf den Köhlbrand“ vielen Museumsbesuchern vertraut ist, wird so mancher die „Illumination auf der Alster“ für sich neu entdecken. Geradezu plastisch wirken die Funken des Feuerwerks auf Corinths Gemälde. Am 27. August 1911 entzündeten die Hanseaten zu Ehren Kaiser Wilhelms II. ein Feuerwerk und beleuchteten die Häuser rund um die Binnenalster. Der Monarch war am 26. August zur Parade des 9. Armeekorps in Groß Flottbek gekommen und besuchte einen Tag später ein Pferderennen sowie ein Bankett im Festsaal des Rathauses. Das Feuerwerk war der krönende Abschluss. Corinth erlebte dieses Ereignis rein zufällig, war er doch in Hamburg, um Carl Hagenbeck zu malen.

Die erste Begegnung mit Hamburgs Kunstfreunden war für Max Liebermann, den Berliner, keine erfreuliche. Schon 1872 hatten seine „Gänserupferinnen“ auf einer Ausstellung große Entrüstung beim Hamburger Publikum hervorgerufen – Liebermann war bald als „Arme-Leute-Maler“ verschrien. Und gar erst das Porträt, das er 1890 im Auftrag Lichtwarks von Bürgermeister Carl Friedrich Petersen malte. Die Hamburger Kunstwelt – und auch der Porträtierte – waren derart entsetzt von der Darstellung, dass Liebermanns Werk bis 1905 hinter einem Vorhang in der Kunsthalle verborgen werden musste.

Bald aber wuchs das Interesse der Hamburger Sammler und Kunstfreunde am Schaffen des Malers, hatte doch Max Liebermann mittlerweile neue Themen und die Sichtweise der Impressionisten für sich entdeckt. Wunderschön sind diese Motive, die Liebermann an der Alster und an der Elbe eingefangen hat. Schon der erste Blick des Besuchers fällt auf eines seiner berühmten Bilder: „Abend am Uhlenhorster Fährhaus“. Doch auch die berühmte „Terrasse im Restaurant Jacob an der Elbe“ ist zu sehen. Einen starken Kontrast bilden dann die dicken Schlepper im Hamburger Hafen, die Emil Nolde faszinierten und ihn daran erinnerten dass es in Hamburg nicht nur Freizeitvergnügen gibt, sondern auch harte Arbeit geleistet wird. Geschäftig geht’s auch in der Innenstadt zu, wie Oskar Kokoschka auf dem Jungfernstieg festgehalten hat. Max Slevogt fühlte sich im Nicolaifleet von den Kähnen der Gemüsebauern angezogen, die ihre Ware aus den Vier- und Marschlanden in die Stadt brachten.

80 Gemälde, Arbeiten auf Papier und Fotografien aus den Beständen der Kunsthalle sowie Leihgaben aus privaten und öffentlichen Sammlungen des In- und Auslandes sind zusammengekommen und zeigen die Vielfalt der „Hamburger Ansichten“. In sechs Abteilungen kann der Besucher  einen Spaziergang durch „die schönste Stadt der Welt“ unternehmen, von der Binnen- und Außen-alster über den Hafen und die Elbe bis hin zu den Vier- und Marschlanden sowie in das Alte Land oder an den Oberlauf der Alster mit seinen verschwiegenen Plätzen. So vielfältig wie die Motive, so unterschiedlich sind auch die Maler. Neben der Prominenz wie Liebermann, Corinth, Slevogt, Nolde und Heckel sind auch die Hamburger Maler Illies, Eitner und von Ehren mit Arbeiten vertreten. Auch Skandinavier wie Frits Thaulow oder Anders Zorn sowie die Franzosen Pierre Bonnard und Edouard Vuillard kamen an die Elbe. Silke Osman

Die Ausstellung „Hamburger Ansichten − Maler sehen die Stadt“ in der Hamburger Kunsthalle, Hubertus-Wald-Forum, Glockengießerwall, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr geöffnet, Eintritt 10 / 5 Euro, Katalog 24 Euro.

Foto: Lovis Corinth: Blick vom Neuen Jungfernstieg über die Binnenalster während der Illumination am Kaisertag 1911 (Öl; im Besitz der Sammlung HypoVereinsbank)


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