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21.11.09 / Der Ball liegt jetzt bei Merkel / BdV hält an Benennung von Erika Steinbach fest – Auch Michael Wolffsohn weist Polemik zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-09 vom 21. November 2008

Der Ball liegt jetzt bei Merkel
BdV hält an Benennung von Erika Steinbach fest – Auch Michael Wolffsohn weist Polemik zurück

Der Streit um die Benennung von Erika Steinbach für den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ schwelt weiter. Der BdV hat auf seiner Präsidiumssitzung am Dienstag die Bundesregierung zur Klärung ihrer Position aufgefordert. Die Frage des selbstbestimmten Nominierungsrechtes sei ein „Demokratietest“.

Schon in den Tagen davor hatten die kleineren Koalitionsparteien FDP und CSU immer deutlicher Stellung bezogen: Guido Westerwelle wies mit immer neuen, immer gegriffeneren „Argumenten“ eine Berufung der verdienten Menschenrechtspolitikerin zurück, die CSU stellte sich nochmals mit eindeutigen Worten hinter die Berufung der CDU-Bundestagsabgeordneten, der ein freundschaftlicher und direkter Draht zur Bundeskanzlerin nachgesagt wird. Merkel aber hielt sich – zumindest bis zum Redaktionsschluss dieser Zeitung – restlos bedeckt, was bei den Betroffenen umso mehr Überraschung und auch Irritation auslöste, als die Kanzlerin in den zurückliegenden Monaten etliche Vertriebenentreffen besuchte, damit ihre Nähe zu den Vertriebenen zumindest optisch zu erkennen gab und genug Gelegenheit hatte, ihre Parreifreundin Steinbach in dieser Sache klar zu unterstützen.

Da diese Klarstellung auch in den Tagen vor der BdV-Präsidiumssitzung ausblieb, begannen in Berlin bereits Spekulationen: Ob der BdV die Nominierung von Frau Steinbach womöglich zu- rückziehen und Merkel damit eine späte Stellungnahme (mit Ärger bei diesem oder jenem Koalitionspartner) ersparen würde? Immerhin hatte Erika Steinbach in den zurückliegenden Monaten beiläufig schon einmal erklärt, es sei nicht ihr Berufsziel, „Museumsdirektorin“ zu werden. Allerdings entschied der BdV letztlich anders. Nach der Sitzung des Präsidiums in Frankfurt veröffentlichte der Verband folgende Erklärung, die wir nachfolgend im Wortlaut dokumentieren:

„BdV-Präsidium fordert Bundesregierung zur Klärung auf: Selbstbestimmtes Nominierungsrecht ist Demokratietest!

Das BdV-Präsidium hat auf seiner Sitzung am 17. November 2009 in Frankfurt einstimmig beschlossen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, während ihrer Klausurtagung in Schloss Meseberg den Weg für die Umsetzung des selbstbestimmten Nominierungsrechts des BdV für die komplette Besetzung des Stiftungsrates der Stiftung ,Flucht, Vertreibung, Versöhnung‘ zu ebnen.

Es ist ein Demokratietest für unser Land.

Die gegen eine Berufung von BdV-Präsidentin Erika Steinbach, MdB, angeführten Argumente weisen wir zurück. Wir stehen uneingeschränkt hinter ihr. Das BdV-Präsidium hält an ihrer Benennung fest.“

Damit liegt die „heiße Kastanie“ nun also mitten auf dem Berliner Kabinettstisch. Die Statuten der unselbständigen Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sehen nämlich drei Sitze für den BdV mit ensprechendem Nominierungsrecht vor. Die eigentliche Entscheidung liegt dann zwar bei der Bundesregierung, es ist jedoch fester Usus in der Demokratie, dass die Nominierung durch den betroffenen Verband von der Bundesregierung durch eine entsprechende Bestellung respektiert wird, wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprechen. Eben davon kann aber – außer in den Phantasien einiger polnischer Nationalisten und den taktischen Spielen ihrer Helferinnen und Helfer in der Bundesrepublik – im Falle von Frau Steinbach ernstlich nicht die Rede sein.

Auch nach Einschätzung des BdV-Vizepräsidenten Wilhelm v. Gottberg liegt mit dem Beschluss des BdV-Präsidiums der Ball nun bei der Bundesregierung. Falls von deren Seite noch Klärungsbedarf bestehe, so v. Gottberg gegenüber der PAZ, würde der BdV eine Gesprächseinladung gewiss annehmen.

Auch Frau Steinbach selbst betonte die Gesprächsbereitschaft und auch Geduld des BdV. Sie halte es „für klug, dass die Bundesregierung auf ihrer ersten Klausur in Meseberg Zeit hat, ihre Positionen zu beraten“, erklärte Steinbach nach der Präsidiumssitzung. Damit solle das Kabinett die Möglichkeit bekommen, eine „menschenrechtskonforme Lösung zu finden, die den vielen Freiheitspostulaten im Koalitionsvertrag entspricht“, stichelte Steinbach in Richtung der FDP und ihres Parteichefs Westerwelle.

In der breiten Diskussion um das Bennennungsrecht des BdV hat nun auch der Historiker Michael Wolffsohn Stellung genommen. Der Dozent an der Münchner Bundeswehruniversität ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der von Steinbach angeführten BdV-nahen „Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen“, auf die die ganze Idee zurückgeht. Wolffsohn lobte nun die „Engelsgeduld von Erika Steinbach“. Die Politikerin stehe „für einige offenbar als Dauerfußmatte zur Verfügung“. Auch Wolffsohn übte Kritik an Westerwelle, ohne dessen Namen zu nennen. Von einem liberalen Politiker erwarte er „Rationalität und Fairness“, nicht aber, dass sich der Außenminister „auf dem Rücken der Vertriebenen“ zu profilieren versuche.

Einen ganz neuen Aspekt hat Westerwelle zuletzt mit dem Hinweis aufgeworfen, dass Frau Steinbach im Oktober 1991 gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als neuer deutsch-polnischer Grenze gestimmt hatte. Tatsächlich lehnte Frau Steinbach zusammen mit zwölf weiteren Abgeordneten von CSU und CDU den Vertrag seinerzeit ab, weil noch „keine befriedigenden Lösungen“ für die „berechtigten Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen und der jenseits von Oder und Neiße lebenden Deutschen“ gefunden worden seien, wie es in einer zusätzlichen Erklärung der 13 Abgeordneten heißt. Dies gelte „insbesondere für die Verwirklichung des Rechtes auf Heimat sowie für eine einvernehmliche Regelung der durch den Vertrag offen gebliebenen Eigentums- und Vermögensfragen“. Bundesaußenminister Westerwelle (FDP) hat nun ungewollt auch daran erinnert. Konrad Badenheuer

Foto: „Zeit für eine menschenrechtskonforme Lösung“: Erika Steinbach (r.), Wilhelm v. Gottberg (l.), Oliver Dix (Mitte) und Alfred Herold (halb verdeckt) bei der Sitzung des BdV-Präsidiums am Dienstag in Frankfurt.


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