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21.11.09 / Siechtum unter Palmen / Kubas Misere schreitet voran – Madrid will mit EU-Linie brechen und dem Castro-Regime helfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-09 vom 21. November 2008

Siechtum unter Palmen
Kubas Misere schreitet voran – Madrid will mit EU-Linie brechen und dem Castro-Regime helfen

Mit Mini-Reformen will die rote Führung Kubas dem Niedergang entgehen. Doch Ratlosigkeit und sozialistischer Dogmatismus, Unterdrückung und Schlendrian ziehen das Land immer weiter in die Tiefe.

Hinter den Kulissen tobe ein Machtkampf, munkeln Kenner der politischen Szene auf Kuba: Reformwillige um den neuen Staats- und Regierungschef Raúl Castro lägen sich mit den Betonköpfen aus der Zeit seines Bruders und Vorgängers Fidel in den Haaren – daher das ständige Hin und Her von Reförmchen einerseits und Rück-schritten andererseits.

Möglich ist aber auch, dass die kommunistische Führung in Havanna flügelübergreifend einfach nicht weiß, was sie machen soll. Die wirtschaftliche Misere verschärft sich zusehends, eigentlich besteht dringender Handlungsbedarf. Doch: Zu präsent ist das Beispiel der Sowjetunion, wo die von der kommunistischen Führung selbst eingeleiteten Neuerungen das System schließlich hinfortspülten. Aus diesem Dilemma weiß das Castro-Regime offenkundig keinen Ausweg, weder in der Wirtschaftspolitik noch darin, wie sie mit Menschen- und Bürgerrechten umgehen soll.

Es ist nicht lange her, da rief der frischgebackenen neue Herrscher des Landes Raúl Castro die Bürger dazu auf, öffentlich Kritik zu äußern. Das Parteiorgan „Granma“ druckt vorsichtige Unmutsäußerungen per Leserbrief ab, in denen auf die himmelschreienden Missstände hingewiesen wird – freilich ohne die sozialistische Heilslehre an sich in Frage zu stellen.

Tauwetter? Vor wenigen Tagen wurden die bekannte Regimekritikerin Yoani Sánchez und einer ihrer Mitstreiter von roten Häschern auf offener Straße entführt, zusammengeschlagen und nahe der kubanischen Hauptstadt auf die Straße geworfen – Methoden wie im Stalinismus. Sánchez betreibt die Internetseite „Generación Y“, auf der sie ihre Eindrücke des täglichen Lebens der Kubaner in alle Welt verbreitet, auch auf deutsch. Auf Kuba selbst unternehmen die Kommunisten alles, um den Zugang zu der Seite so gut wie unmöglich zu machen. Im Rest der Welt jedoch ist Sánchez das Fenster Kubas geworden, was die rote Führung zur Weißglut treibt.

Der kubanische Widerstand nahm den Übergriff auf Yoani Sánchez zum Anlass, die Welt an die immer noch über 200 politischen Gefangenen zu erinnern, und an die fortdauernde Diktatur überhaupt. Immer noch geben sich vor allem europäische Linke Illusionen hin, wenn es um den „Sozialismus unter Palmen“ geht.

Exilkubaner mit engen Bindungen an die Heimat berichten vor allem von der prekären Lebensmittelversorgung. Reis sei so ziemlich das einzige, was sich jeder leisten könne. Staatsbedienstete bekommen täglich ein gut belegtes Butterbrot extra. Doch statt es selbst zu essen, verkaufen sie es lieber auf der Straße. Überall in Havanna kann man daher „Sandwiches“ erwerben, vom Verkehrspolizisten, vom Parkaufseher oder auch vom Wachpersonal vor einem Regierungsgebäude. Mit dem Geld kaufen die „privilegierten“ Staatsdiener vermutlich lieber eine Extraportion Reis oder Brot.

Horrende Grundsteuern verhindern trotz der schlechten Versorgungslage zudem, dass Lebensmittel in nennenswertem Umfang privat angebaut werden. Im Unterschied zur DDR, die durch subventionierte Ankaufpreise privaten Kleinanbau gezielt förderte, strangulieren die kubanischen Kommunisten selbst diese Quelle noch. Mit dem Durchschnittsgehalt von umgerechnet elf Euro monatlich ist indes kaum über die Runden zu kommen. Deshalb handeln die Kubaner mit allem, was sie in ihrem Betrieb zusammenraffen können. Das volkswirtschaftliche Resultat solch staatlich erzwungener Klauerei ist aus den roten Diktaturen Europas bekannt: Die Produktivität der kubanischen Wirtschaft liegt am Boden.

Dazu trägt auch bei, dass die Motivation der Beschäftigten darunter leidet, dass (abgesehen von der kleinen Partei-Elite) jeder nahezu das Gleiche verdient, ob Chefarzt oder Hilfsarbeiter. Hier zumindest will das Regime nun ansetzen und verspricht, eine „leistungsorientierte“ Bezahlung einzuführen.

Die Frage ist nur: Bezahlung womit? Auf Kuba kursieren zwei Währungen, der gewöhnliche Peso und der „konvertible“. Letzterer entspricht in etwa den „Forum- Schecks“, mit denen Bewohner der DDR im „Intershop“ begehrte Westwaren kaufen konnten. Für den gewöhnlichen Peso hingegen bekommt man fast nichts mehr.

Hoffnungen setzt das Castro-Regime denn auch vor allem auf das Ausland. Venezuelas roter Präsident Hugo Chávez schickt täglich 90000 Fass Öl zum Sonderpreis. US-Präsident Obama lockerte die Restriktionen hinsichtlich von Reisen und Geldüberweisungen US-amerikanischer Exilkubaner. Und Spanien will die durchgängige EU-Linie, dass Zugeständnisse gegenüber Castro von mehr Achtung vor den Menschenrechten und echten Reformen abhängen sollen, aufbrechen. Noch sind alle diplomatischen Vertretungen von EU-Staaten gehalten, zu ihren Feierlichkeiten (etwa Nationalfeiertagen) auch Regime-Kritiker einzuladen. Doch als der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos vergangenen Oktober Havanna besuchte, lehnte er jedes Treffen mit Oppositionellen demonstrativ ab und stellte der kommunistischen Führung Spaniens Hilfe in Aussicht. Diese Politik der seit 2004 in Spanien regierenden Sozialisten führte bereits zu hörbaren Protesten jener EU-Partner, die bis vor knapp 20 Jahren selbst unter der roten Knute gelitten haben. Auch FDP-Außenpolitiker Werner Hoyer äußerte seinen Unmut über Madrid und forderte dazu auf, bei der gemeinsamen EU-Politik gegenüber Kuba zu bleiben. Hans Heckel

Foto: „Priviliegiert“: Staatsbedienstete erhalten pro Tag ein Sandwich, das sie auf der Straße weiterverkaufen.


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