19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.11.09 / Lobbyisten auf dem Sprung / FDP will ermäßigte Mehrwertsteuer für Hoteliers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Lobbyisten auf dem Sprung
FDP will ermäßigte Mehrwertsteuer für Hoteliers

Ein aus Sicht des Übernachtungsgewerbes schöner Lobby-Erfolg trägt derzeit Zwist in die schwarz-gelbe Koalition in Berlin. Es geht um die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent „für Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe“ ab dem 1. Januar 2010. Bisher gilt der Regelsatz von 19 Prozent. Auf den Nachlass hatte sich die Runde der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP am Ende der Koalitionsverhandlungen geeinigt. Inzwischen ist der Plan in den Entwurf für das „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ eingegangen.

Von Anfang an von Unionspolitikern als steuerpolitische Kröte begriffen, die der neuen Koalition zuliebe zu schlucken sei, kündigte nun ausgerechnet das ebenfalls schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein Widerstand an. Ohne die Stimmen aus Kiel fände das Gesetz im Bundesrat eher keine Mehrheit. Der FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, forderte Kompensationen vom Bund für die erwarteten Steuerausfälle seines Landes von schätzungsweise jährlich 70 Millionen Euro.

Damit fällt die FDP im Norden ihren Parteifreunden in Berlin in den Rücken. Die hatten im Verein mit den Lobbyisten des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes die Ermäßigungsforderung im Koalitionsvertrag platziert. Vermutet wird, dass vor allem der FDP-Tourismuspolitiker Ernst Burgbacher mit seinem Parteifreund Ernst Fischer, dem Cheflobbyisten des Hotel- und Gaststättengewerbes, über Bande gespielt habe. Das Übernachtungsgewerbe sieht in dem Coup Chancengleichheit in Europa und Möglichkeiten für mehr Wachstum und Beschäftigung. Kritiker bemängeln indes, die durch die Ermäßigung eingesparte eine Milliarde Euro würde weder den Gästen als Preisnachlass noch den Beschäftigungszielen zugute kommen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) soll in den Koalitionsverhandlungen den Plan als „ein bisschen gaga“ verurteilt haben. Nichtsdestotrotz verteidigen FDP-Bundespolitiker die Zusage des Koalitionsvertrages. FDP-Chef Guido Westerwelle verwies auf die Zustimmung der Unionsparteien. Gar ein Machtwort der Kanzlerin gegen renitente unions- und FDP-regierte Länder verlangte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Regierungssprecher Ulrich Wilhelm lehnte das im Namen der Kanzlerin ab. Derzeit „hängt“ der Gesetzentwurf auch deswegen.

Die Steilvorlage für die Steuernachlass-Forderung kam allerdings von der Europäischen Kommission und von den Finanzministern der Mitgliedstaaten. Die Kommission hatte Anfang März 2009 ein Konsultationspapier verbreitet, das mögliche Felder auflistet, auf denen die Mitgliedstaaten ermäßigte Mehrwertsteuersätze einführen könnten. Der Vorschlag enthielt neben arbeitsintensiven Dienstleistungen auch Hotel- und Gaststättendienstleistungen. Das Papier fand Mitte März weitgehend die Zustimmung der Finanzminister. Da der deutsche Gesetzgeber bisher nicht für eine nachvollziehbare Systematik bei den ermäßigten Sätzen gesorgt hat, dürfte die Politik weiterhin mit solchen Forderungen konfrontiert werden.           J.V.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren