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28.11.09 / Diktator Bologna

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Diktator Bologna
von Hans Heckel

Eigentlich ist es das Ziel von Streiks und Demonstrationen, die Mächtigen zum Einlenken zu bewegen. Dieses Einlenken beginnt für gewöhnlich damit, dass die Mächtigen, die Entscheider, den Protestierern recht geben.

Das haben die Kultusminister und die Bundesbildungsministerin im Falle der Studenten in Windeseile getan. Alle überbieten sie sich in Verständnis für das „berechtigte Anliegen“ und tun so, als sprächen die Demonstranten nur aus, was sie selbst schon lange dächten. Wenn es aber zum Schwur kommt, dann reichen sie die heiße Kartoffel der Verantwortlichkeit eilig weiter, um sich möglichst schadlos aus der Affäre zu ziehen.

Wie konnte es zu dem Desaster an den deutschen Hochschulen überhaupt kommen, dass (von wenigen krakeelenden Dauerprostestierern abgesehen) einer derart genügsamen Studentengeneration schließlich der Kragen platzte?

Im Rausch von „Globalisierung“ und „Europäisierung“ haben 29 europäische Länder unter eifriger deutscher Beteiligung den sogenannten „Bologna-Prozess“ in Gang gesetzt. Für Deutschland bedeutete er die flächendeckende Einführung eines angelsächsischen Studiensystems aus „Bachelor“ und „Master“, womit die alten deutschen Studiengänge hinweggefegt wurden.

Wichtiger als die Frage, ob die Umstellung unter dem Aspekt der Qualität von Forschung und Lehre überhaupt sinnvoll sei, war den Entscheidern das Ziel, eine europaweit einheitliche Lösung zu finden – die sich für Deutschland als Fiasko erwies.

Aber warum, wenn das jetzt alle Beteiligten und Betroffenen einsehen, schafft man „Bologna“ nicht wieder ab? Diese Frage stellt  niemand. Die Antwort wäre auch allzu vorhersehbar: „Bologna“ zu kassieren wäre ein

Rückschritt auf dem Weg zur europäischen Einheit. Und an diesem Punkt ist die offene Debatte in Deutschland regelmäßig am Ende. „Europa“ braucht keine Widerworte zu fürchten. Diesem Ziel ordnen wir alle Vernunft und alles Interesse bereitwillig unter.

Sogar unsere demokratischen Rechte: Die Bundesländer verteidigen bei jeder Gelegenheit ihre „Kulturhoheit“, die auch die Hoheit über die Hochschulen umfasst, gegen den deutschen Bund. Das sei ein „Grundpfeiler unseres föderalen Systems“, auf dem unsere „Demokratie fußt“. An Europa jedoch geben sie ohne Murren ein in 200 Jahren gewachsenes System der Studiengänge hin.

So stimmen jetzt Bund, Länder und Uni-Leitungen den Studenten voller Verständnis zu. Doch ihre Kompetenz, das Problem von Grund auf zu lösen, haben sie an „Europa“ abgegeben wie an einen fernen Diktator, der das Volk nur die kleinen Dinge entscheiden lässt. Daher fällt der deutschen Politik auch kaum mehr ein, als das Bafög zu erhöhen, als ginge es darum überhaupt.

Foto: „Bildung statt Bachelor“: Politiker von Bund und Ländern haben den Beschwerden der Studenten in Sachen „Bachelor“-Studiengängen beigepflichtet, doch ändern können sie nichts: Die Reform der Studiengänge geschah auf Druck der EU und kann kaum wieder rückgängig gemacht werden.


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