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28.11.09 / Philosoph an der Wirtschaftsspitze / Vor 20 Jahren wurde Alfred Herrhausen, der Chef der Deutschen Bank, ermordet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Philosoph an der Wirtschaftsspitze
Vor 20 Jahren wurde Alfred Herrhausen, der Chef der Deutschen Bank, ermordet

Für viele Bundesbürger war es vor 20 Jahren ein Schock. Im Jubel über den Fall der Mauer und die nachfolgenden Erfolge der friedlichen Revolution auf der anderen Seite des Eisernen Vorhanges schien sie auf einmal der Schatten des Deutschen Herbstes des vorausgegangenen Jahrzehnts eingeholt zu haben. Während der Sozialismus im Osten unblutig zusammenbrach, schien er im eigenen Staat noch einmal sein schreckliches Antlitz zu zeigen. Vor 20 Jahren, am 30. November 1989, fiel Alfred Herrhausen einem Bombenattentat zum Opfer. Es beraubte die Bundesrepublik eines ihrer mächtigsten und visionärsten Bürger.

Gerne hätte der am 30. Januar 1930 in Essen geborenen Preuße Herrhausen nach der Schulzeit, unter anderem besuchte er die NS-Elite-Reichschule Feldafing, Philosophie studiert. Diese Neigung lebte er aber auch in seinem späteren Berufsleben aus, was sich durch eine ungewöhnliche Tiefe und Ethik bemerkbar machte. Sie spiegelt sich in seiner Grabinschrift: „Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, was wir sagen, auch tun. Wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“ Die Nachkriegszeit war jedoch keine gute Zeit für brotlose Kunst. Nolens volens studierte der Sohn eines Vermessungsingenieurs statt Philosophie Betriebswirtschaftslehre.

Seine Berufskarriere begann Herrhausen 1952 als Direktionsassistent beim Arbeitgeber seines Vaters, der Ruhrgas AG. 1955 wechselte er zu den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW). Das dortige Aufsichtsratsmitglied Friedrich Wilhelm Christians konnte Herrhausen dann 1969 für den Wechsel zu seinem Arbeitgeber gewinnen, der Deutschen Bank.

Als Wilfried Guth 1985 altersbedingt in den Aufsichtsrat überwechselte, wurde Herrhausen dessen Nachfolger als einer der beiden Vorstandssprecher. Als der andere Vorstandssprecher, Christians, 1988 ebenfalls in den Aufsichtsrat wechselte, wurde für diesen kein Nachfolger bestellt. Vielmehr wurde Herrhausen alleiniger Vorstandsvorsitzender. Auch im Vergleich mit seinem Nachfolger (Hilmar Kopper), der „nur“ Vorstandssprecher wurde, zeigt sich Herrhausens Ausnahmestellung, die er seit 1988 auch formal besaß.

Alfred Herrhausen war zu diesem Zeitpunkt 58 Jahre alt. Viel wäre von ihm noch zu erwarten gewesen. Bevor er jedoch sein ebenso ambitioniertes wie vielfältiges Programm voll entwickeln konnte, riss ihn ein Jahr nach der Übernahme der Alleinverantwortung eine Bombe aus dem Leben. Es tauchte ein Bekennerschreiben der Rote Armee Fraktion (RAF) auf, nicht zuletzt die Professionalität des Vorgehens der bis heute unbekannten Täter und deren Tatwerkzeug, eine per Lichtschranke gezündete Bombe, gaben allerdings Verschwörungstheorien Raum. Beweisen ließ sich bis heute keine. Doch die Tatsache, dass Herrhausen sich unter anderem mit seinen Entschuldungsplänen für die Dritte Welt Feinde in Wirtschaft und Politik gemacht hatte, gab Anlass für Spekulationen. Mysteriös erscheint nicht zuletzt der Umstand, dass seine Personenschützer ihm nicht sofort zu Hilfe eilten, obwohl dies ihre Aufgabe gewesen wäre.     Bel/M.R.


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