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28.11.09 / Drei große Motive / Warum Bismarck den Sozialstaat wollte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Drei große Motive
Warum Bismarck den Sozialstaat wollte

Bismarcks Sozialgesetze waren ihrer Zeit weit voraus, sie wurden bald in vielen europäischen Ländern und später weltweit nachgeahmt. Im Grunde waren es drei Motive, die Bismarck zu dieser geschichtsmächtig gewordenen Innovation bewegten: Er wollte der antimonarchischen Sozialdemokratie, der er zutiefst misstraute, politisch „das Wasser abgraben“, er wollte die Staatsloyalität der Arbeiterschaft festigen und schließlich drittens, handelte Bismarck als gläubiger Christ auch aus einem religiösen Antrieb, der sogar vorrangig gewesen sein könnte. Daran erinnert LO-Sprecher v. Gottberg, der zu dieser Thematik einst eine Universitätsarbeit verfasst hatte. „Bismarck fühlte sich als Christ an die vierte Bitte das Vaterunsers in der Interpretation von Martin Luther gebunden“, so v. Gottberg. Dessen „kleiner Kathechismus“ bezieht die „Brotbitte“ nämlich strikt auf die Gemeinschaft und nicht nur den je individuellen Bedarf.

Darüber hinaus wollte Bismarck zweifellos den starken, paternalistischen Staat mit enger und wechselseitiger Loyalität zwischen Staat und Untertan. Das angelsächsische, liberale Ideal des Nachtwächterstaates war ihm fremd. Wie in Preußen beim Verhältnis zwischen dem Gutsherren und seinen Leuten sollte auch hier Gehorsam auf der einen Seite Fürsorge auf der anderen gegenüberstehen.

„Warum solle nicht der Soldat der Arbeit eine Pension haben wie der Soldat und der Beamte?“, fragte Bismarck suggestiv. In der Tat ist es bei vergleichbarer Loyalität gegenüber dem Staat nicht schlüssig, dass Arbeiter und Angestellte mit ihren Steuern nur einseitig die Altersversorgung der Beamten finanzieren. In diesem Sinne sprach Bismarck davon, „in der großen Masse der Besitzlosen die konservative Gesinnung zu erzeugen, welche das Gefühl der Pensionsberechtigung mit sich bringt“.

Außer den Alten und Invaliden nahm sich Bismarcks Sozialgesetzgebung der Jahre 1883 bis 1889 auch der Kranken und Unfallopfer an. Den Anfang machte das „Gesetz betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter“. Mit ihr wurde die gesetzliche Grundlage für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) geschaffen. Nachdem der Reichstag es am 29. Mai 1883 verabschiedet hatte, trat es vor 125 Jahren, am 1. Dezember 1884, in Kraft.          M.R./K.B.


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