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28.11.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Brüllen, stampfen, fuchteln / Was die Äußerlichkeiten über das EU-Duo sagen, wann Deutschland polnische Wärter bekommt, und wie die neue Finanzblase wächst
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wer sind diese Leute? Die Namen des „neuen europäischen Führungsduos“ können wir uns immer noch nicht merken. Aber wir wissen immerhin, wie „Herr Dings und Frau Bums“ aussehen und machen uns anhand dessen so unsere Gedanken. Sicher, man soll nicht nach Äußerlichkeiten gehen. Wenn man aber gar nichts anderes zur Hand hat?

Der belgische Herr Dings sieht aus wie ein schüchterner grauer Mann, der seit Urzeiten in einem kleinen grauen Büro ganz am Ende des Korridors arbeitet. Alle mögen ihn und seine bescheidene Art, kennen tut ihn eigentlich keiner. Nur soviel ist rum: Seit er seine Stelle zur Zeit der Regentschaft Konrad Adenauers angetreten hat, war er nicht einen Tag krank, weil er sich ausschließlich von Vollwertkost mit Kamillentee oder abscheulichen Vitamin-Getränken ernährt und nur zu ganz besonderen Anlässen ein „Likörchen zwitschert“. Oder auch zwei, aber dann wird er rot, nicht vom Alkohol, sondern vom schlechten Gewissen.

Und die Frau Bums aus England? Die hat sich über ihre Berufung gefreut wie eine grundehrliche Kleinverdienerin über den Gewinn einer Traumschiff-Reise durch den Bottnischen Meerbusen. Wirklich niedlich, ungetrübt sympathisch. Im Alltag könnte man sie sich gut als Verkäuferin vorstellen im (frei nach Thilo Sarrazin) „britischen Obst- und Gemüsehandel“.

Die beiden gehören dem ersten Eindruck nach also zu jener Menschengruppe, die den Laden am Laufen halten, ohne je groß in Erscheinung zu treten. Gute Arbeiter, nette Nachbarn, treue Freunde, alles mögliche, nur eines auf gar keinen Fall: durchsetzungskräftige Repräsentanten. Deshalb flogen die Großdarsteller des europäischen Theaters voller Erleichterung auf die beiden, denn die Merkels, Sarkozys, die Browns und Berlusconis suchten doch jemanden, den sie jederzeit mit dem kleinen Finger von der Bühne schnipsen können, wenn sie den Applaus für sich wollen. Und der sich widerstandslos auf die Bretter zurück­scheuchen lässt, wenn’s statt Beifall faule Eier gibt.

Vielleicht täuschen sie sich. Der Herr Dings erinnert den Verfasser dieser Zeilen auch an eine bestimmte Art von Lehrern. Ältere Herren, die immer leise, freundlich und väterlich auftraten, die im Falle eines Falles jedoch mit einem einzigen eisigen Blick selbst den übelsten Rabauken im Handumdrehen auf den Topf setzen konnten. Und die Frau Bums? Warten wir’s ab.

Auf dem schlammigen Grund unserer schwarzen Seele hoffen wir natürlich inständig, dass sich das Komplott aus geltungsgierigen Staatenlenkern und machthungrigen Eurokraten kräftig verrechnet hat, als sie die beiden aus der Masse zogen, weil sie meinten, die seien am pflegeleichtesten.

Für den britischen Premier Gordon Brown bleibt der Trost, dass mit der „EU-Außenministerin“ auch nach dem Frühsommer 2010 wenigstens einer aus seiner Partei noch einen schicken Posten hat. Denn von da an dürfte Spanien das letzte große EU-Land in Händen von Sozialisten sein, weil die britischen Wähler Browns Labour Party sehr wahrscheinlich auf Kur in die Opposition schicken. Erholung haben die Inselsozis ebenso dringend nötig wie ihre deutschen Genossen.

Browns mutmaßlicher Nachfolger, der Konservative David Cameron, plant bereits für die Welt von morgen. Er will unter anderem die immer noch 25000 Mann starke britische „Rheinarmee“ aus Deutschland abziehen. Das sagte sein wahrscheinlicher Verteidigungsminister Liam Fox, um dann etwas sehr Interessantes anzufügen: Die aufgegebenen Standorte der Briten könnten ja von den Polen besetzt werden, damit diese die britische Rolle „bei der Kontinental-Verteidigung übernehmen“.

Was heißt das denn? Da stimmt doch was nicht! Tief Luft holen. Und immerzu aufsagen: „Wir-sind-nur-von-Freunden-umgeben-Wir-sind-nur-von-Freunden-umgeben-Wir-sind-nur-von-Frrrr ...“ Verdammt! „Kontinental-Verteidigung“ – gegen wen? Die Russen kann Fox nicht meinen, denn um sich gegen die zu schützen, sollte Polen ja wohl kaum seine Truppen zum westlichen Nachbarn verschieben. Also gegen wen? Gegen uns, wie’s scheint. Nehmen wir’s von der positiven Seite: 20 Jahre nach Maggie Thatchers Teufelsritt gegen die deutsche Einheit hat uns endlich mal wieder ein Engländer über den wahren harten Kern der deutsch-britischen Freundschaft aufgeklärt. Als Deutsche brauchen wir das ab und zu, um nicht romantisch zu werden.

Unsere britischen Wärter durch polnische ersetzen will der Engländer vor allem, um Geld zu sparen. Britannien steht das Wasser bis zum Hals. Uns geht es nur wenig besser, wobei das Beste noch bevorsteht, wenn man den jüngsten Prognosen glaubt. Kaum haben wir die Fetzen der ersten Finanzblase halbwegs zusammengekehrt, reden die Analysten nämlich davon, dass sich bereits die nächste aufbläht, die abermals vor allem das Werk anglo-amerikanischer Megazocker sei. Die können’s eben. Von der letzten unterscheide sich die nächste Blase kaum, heißt es, nur dass sie noch viel größer und zerstörerischer werden dürfte.

Josef Ackermann von der Deutschen Bank macht uns vorsichtshalber schon heute damit vertraut, wer die Kosten der nächsten Verwüstung zu tragen habe: wir, die Arbeitnehmer, die Rentner usw. Es geht wie gehabt: Zur Zeit werden wieder astronomische Spekulationsgewinne eingefahren, die natürlich privat sind, weil wir ja in einer Marktwirtschaft leben. Dann schießen die giftigen Fontänen der „unterschätzten Risiken“ aus dem Börsenboden, die dann wieder „systemisch“ sein werden und daher von allen zu tragen sind, inklusive der Milliardenkosten.

Mit Ihrer Erlaubnis verschwinde ich jetzt mal kurz an die Alster. Zum Brüllen, Stampfen und Fuchteln.

Da bin ich wieder. Beißholz raus – so, es kann weitergehen. Nun fürchten sich verantwortungsbewusste Kommentatoren allerdings, dass wir beim nächsten Durchgang nicht mehr mitspielen wollen und die Politiker es womöglich nicht wagen würden, unter der Zornesröte des Volkes abermals zig Milliarden für die „Bankenrettung“ lockerzumachen. Dann aber würde es erst richtig fürchterlich, und zwar für alle. Die Weißglut steigt auf in einem mit der Erkenntnis, dass diese Kommentatoren recht haben.

Um den nächsten Schlamassel halbwegs lebendig zu überstehen, sollte man jetzt schon vorsorgen. Horst Seehofer will daher unbedingt Kosten sparen und hat herausgefunden, dass nur noch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen in den Länderfinanzausgleich einzahlen, während alle anderen Bundesländer herausholen, nachdem das eben noch reiche Hamburg mit seiner HSH Nordbank aufs Riff geknallt ist und als viertes Geberland wahrscheinlich ausfällt.

Das sei ungerecht, meint der bayerische Ministerpräsident. Zumal sich die „armen“ Nehmer Sachen leisteten, die sich die Bayern aus Haushaltsdisziplin verkniffen hätten wie etwa den Verzicht auf Studiengebühren.

Dieser Mann hat den Sinn von Umverteilung nicht verstanden. Natürlich müssen die Bayern sparen, damit die Kindergärten in anderen Ländern umsonst sind und das Studium auch nichts kostet. Das ist der Kern des Sozialen, so wie wir es heute verstehen. Aus diesem Grunde ist der deutsche Durchschnittsverdiener auch verpflichtet, Entwicklungshilfe für Länder aufzubringen, deren „Eliten“ sich ein Leben gönnen, das er mit seinem Jahresgehalt keine zwölf Stunden finanzieren könnte. Wobei die „Eliten“ in ihren darbenden Ländern selbstverständlich keine Steuern zahlen. Ihre Frauen brauchen das Geld für ihre flotten Einkaufsbummel in New Yorks sündteurer Fifth Avenue. Damit vertreiben sie sich die Zeit, wenn ihre Männer bei den Vereinten Nationen über die beschämende Armut ihrer Länder klagen und nach deutlich mehr Entwicklungshilfe rufen.


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