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05.12.09 / Der Feind im Netz / Gerade mittelständische Firmen sind für Wirtschaftsspione interessant – China und Russland »führend«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 05. Dezember 2009

Der Feind im Netz
Gerade mittelständische Firmen sind für Wirtschaftsspione interessant – China und Russland »führend«

Mehrere Milliarden Euro Schaden entstehen der deutschen Wirtschaft jährlich durch Wirtschaftsspionage. Ein Haupturheber ist seit Jahren bekannt: die Volksrepublik China.

Stetig und ungebremst breitet das Reich der Mitte sein politisches Agentennetzwerk in Deutschland aus. Peking sammelt Daten und knackt elektronische Sicherungssysteme. Die Bundesanwaltschaft geht nun mit gezielten Razzien gegen Chinesen vor. Sie sollen unter anderem missliebige Exil-Uiguren bespitzelt und bedroht haben. Als Schaltzentrale dient deutschen Sicherheitsbehörden zufolge das chinesische Generalkonsulat in München, nicht zum ersten Mal, denn München ist ein europaweites Zentrum der Uiguren.

Der Vorwurf, China spioniere die Bundesrepublik Deutschland politisch aus, ist relativ neu – Wirtschaftsspionage dagegen nicht. Diese wiegt angesichts der finanziellen Schäden schwer, löst aber aufgrund des deutschen Handelsaufkommens mit China politisch weniger Reaktionen aus, als zu vermuten wäre.

Als vor zwei Jahren das Kanzleramt im Mittelpunkt chinesischer Daten-Hack-Aktionen stand, reagierte die Bundesregierung sehr zurückhaltend. Ein Grund ist Deutschlands Abhängigkeit vom postkommunistischen Schwellenland und dessen Exporten. Sie schlägt sich beispielsweise in der Erwartung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nieder: 2009 werde China zum „zweitwichtigsten Einfuhrland für Deutschland avancieren“ – vor Frankreich. Deutschland kann zudem eher auf französischen Käse verzichten als auf den fernöstlichen Warenfundus.

Die Außenhandelsbilanz Deutschlands mit China ist stark negativ: 2009 stehen deutsche Ausfuhren im Wert von 39 Milliarden Importen aus China für 70 Milliarden Euro gegenüber. Damit sich die Bilanz ausgleicht, scheint politisch verhaltenes Auftreten opportun.

Doch gerade auf Deutschlands größten Hoffnungsträger bei dieser Mission, den Mittelstand, haben es chinesische Hacker und Wirtschaftsspione abgesehen. Davor warnte schon Anfang 2007 der Verfassungsschutz. Diese Firmen bieten oft innovative und somit für das Reich der Mitte attraktive Technologien, die vergleichsweise schlecht vor elektronischen Angriffen geschützt sind. Da zu viele deutsche Firmen aus falschverstandenem Kostenbewusstsein auf eine wirksame, aber teurere Sicherung ihrer Computer-Systeme verzichten, machen sie potenziellen Produktpiraten und ihren Spähern die Arbeit leicht. Gerade die vermeintlich günstige Internet-Telefonie biete ein Einfallstor, so der Verfassungsschutz. Aber auch der deutsche Hang zum günstigen Praktikanten birgt demnach Risiken. China treibe als wichtiger Handelspartner der Bundesrepublik zusammen mit Russland hierzulande die meiste Spionage, so die Behörde. Offizielle Beschwerden bei chinesischen Stellen führen allenfalls zur Schließung einiger Internet-Seiten von Produktpiraten, die allzu offensichtlich vorgehen. Chinas Behörden ermittelten 2007 nach massiven Vorwürfen aus dem Ausland in 400 Fällen, verhängten nach eigenen Angaben Bußgelder von insgesamt 70000 Euro.

Ob Politik oder Wirtschaftsspionage: Peking braucht Agenten oft nicht einmal persönlich einzuschleusen und so schlimmstenfalls deren Ausweisung riskieren. Die Datenfänger sind bereits in der gesamten westlichen Hemisphäre aktiv, oft bequem und gefahrlos von Zuhause aus. Systemtreue Kreise beziehungsweise der chinesische Geheimdienst nutzen nicht nur neueste Computertechnik, oft genügen auch simple E-Mails als „Werkzeug“. Im März war nach einer Sicherheitsüberprüfung im indischen Rechnersystem der tibetischen Exilregierung ein regelrechtes Geisternetzwerk gefunden worden. Aufgedeckt wurde das Netz von Wissenschaftlern des in Toronto (Kanada) beheimateten Munk Centre for International Studies. Von chinesischen Standorten aus wurden ganze Computer über dieses Netzwerk ferngesteuert – laut Studie insgesamt 1295 Rechner, darunter auch solche der Außenministerien des Iran, Litauens, Nordkoreas, Indonesiens, der Philippinen und Bhutans. Praktisch jeder, der mit der exiltibetischen Regierung elektronisch Kontakt hatte, kam als Ausspäh-Opfer in Betracht. Die Agenten drangen auch in Konsulate in Deutschland auf elektronischem Wege ein. Wählerisch gehen sie nicht vor: Asiatische Organisationen, Banken aber auch ein Computer im Nato-Hauptquartier hielten dem chinesischen Fremd-Zugriff nicht stand. Die dafür nötigen Spionage-Programme wurden als E-Mails vermeintlicher tibetischer Mönche getarnt. So waren chinesische Stellen bestens über Aktionen der Exiltibeter auf der ganzen Welt im Bilde, konnten Nachrichten lesen, an der chinesischen Grenze unliebsame Tibeter wie Europäer und Amerikaner abfangen, aber auch westliche Diplomaten vor dem Besuch bei Exil-Tibetern „warnen“. Peking wusste über entsprechende Einladungen bestens Bescheid. Auch wenn Wissenschaftler der britischen Universität Cambridge die chinesische Regierung direkt für die Cyber-Attacken verantwortlich machen, kommen als Urheber nach wie vor auch patriotische Privatpersonen in Betracht. Das offizielle China jedenfalls weist jede Beteiligung weit von sich.    Sverre Gutschmidt

Foto: Spionage per Internet: Schlecht geschützte Firmensysteme können von überall in der Welt geknackt werden.


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