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12.12.09 / Mit der »Trapp-Familie« die Herzen erobert / Ruth Leuwerik steht dem Film heute distanziert gegenüber – Die Zuschauer aber wollten sie in dieser Rolle sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-09 vom 12. Dezember 2009

Mit der »Trapp-Familie« die Herzen erobert
Ruth Leuwerik steht dem Film heute distanziert gegenüber – Die Zuschauer aber wollten sie in dieser Rolle sehen

Die Trapp-Familie“ war Ruth Leuweriks einziger internationaler Erfolg. Die Heimatfilmreihe war über die deutschen und europäischen Grenzen hinaus bekannt. Allein im Jahr 1956 strömten 27 Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos. Wenige Jahre später produzierten Richard Rodgers und Oscar Hammerstein ein Musical mit dem Titel „The Sound of Music“. 1965 entstand schließlich die gleichnamige Leinwand-adaption, die bis heute zu den meistgesehenen Filmen zählt. Ausgerechnet Hauptdarstellerin Ruth Leuwerik mag aber „Die Trapp-Familie“ nicht.

Es ist nicht so, dass sie den musikalischen Heimatfilm verabscheut. Schließlich drehte sie 1958 die Fortsetzung „Die Trapp-Familie in Amerika“. Tatsächlich hatte sie das Angebot aus Vernunftgründen angenommen. „Es war halt mal ein internationaler Erfolg vonnöten“, so die mittlerweile 85-jährige Schauspielerin in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk zu ihrem runden Geburtstag im Jahr 2009. In den 1950er Jahren zählte sie zu den gefragtesten und beliebtesten weiblichen Künstlerinnen. Dennoch musste etwas Neues her. So spielte sie die blutjunge Novizin Maria, die mit ihren Gesangskünsten erst die sieben Kinder ihres Arbeitgebers Baron Trapp (Hans Holt) verzaubert, dann den Baron selbst und zuletzt auch das internationale Publikum. Der Erfolg stellte sich umgehend ein. Leuweriks Karriere befand sich zu diesem Zeitpunkt auf ihrem Höhepunkt.

Überhaupt meinen es die 1950er Jahre gut mit der Schauspielerin. Mit Dieter Borsche bildet sie gleich zu Beginn ihrer Karriere ein beliebtes Leinwandpaar. Konkurrenz bekommen sie nur von Sonja Ziemann und Rudolf Prack sowie Maria Schell und O. W. Fischer. Die drei Paare bestimmen über Jahre das Filmgeschehen im deutschsprachigen Raum. Nachdem Borsche immer mehr zum Charakterbösewicht wird, gelingt es Leuwerik, Maria Schells Platz an der Seite von O.W. Fischer zu erobern. Als Partner war er interessant und großartig, wird die Ak-trice einige Jahre später feststellen. Und über seine exzentrischen Ausbrüche blickt sie galant hinweg. Ruth Leuwerik hat zu dieser Zeit ein ausgezeichnetes Händchen für gute Rollen. Sie weiß, das Publikum bevorzugt starke, selbstbewusst auftretende und emanzipierte Frauen. Leuweriks Frauenfiguren wissen sich zu behaupten und haben eigene Ideen – im Gegensatz zu Maria Schell, die für gefühlsbetonte Rollen eingesetzt wird. Gefühlsduselei im Kino wird nicht mehr so gerne gesehen. Umso erstaunter ist die Schauspielerin, als ausgerechnet die erotischen Abenteuer einer aus der Ehe ausbrechenden Frau in „Die Rote“ auf der Berlinale 1962 bei Kritik und Publikum durchfallen. Das Ganze erhält eine parodistische Note, als sich Regisseur Helmut Käutner sowie Roman- und Drehbuchautor Alfred Andersch auf der Bühne in die Haare kriegen.

Ruth Leuweriks Entschluss Mitte der 1960er Jahre, eine siebenjährige Pause von der Schauspielerei einzulegen, entpuppt sich als Fehler. In diesen Jahren befindet sich die deutsche Filmlandschaft in einem wichtigen Wandel. Der Publikumsgeschmack ist nach dieser Auszeit nicht mehr der gleiche. Mit dem Fernsehfilm „Das weite Land“ versucht sie 1970 die Rückkehr. Als dieser und einige weitere Versuche erfolglos bleiben, lässt es Ruth Leuwerik sein. Sie hat schließlich vieles erreicht und ist mittlerweile in dritter Ehe mit dem Augenarzt Dr. Heinz Purper verheiratet. Erst in der mehrteiligen „Buddenbrooks“-Verfilmung im Jahr 1979 glänzt sie wieder als Schauspielerin.

Ruth Leuwerik lebt heute mit ihrem Mann zurückgezogen in einer Villa in München. Als ihr zum 80. Geburtstag am 23. April 2004 das Berliner Filmmuseum eine Ausstellung widmet, findet sie es merkwürdig, Jahrzehnte nach Ende der Filmkarriere immer noch ein Vorbild zu sein. „Ich bin bereit, es zu glauben, bin aber auch verblüfft“, wird die Schauspielerin vom „Hamburger Abendblatt“ zitiert. Das ist einer der wenigen öffentlichen Auftritte, welche die Leuwerik in den vergangenen Jahren wahrnahm. Im Gegensatz zu früher scheut sie nun die Öffentlichkeit. Und so bleiben Anekdoten wie jene, dass sie aus Geldmangel bei den Dreharbeiten zu dem Film „Vater braucht eine Frau“ 1952 in der Garderobe übernachtet habe, eine Seltenheit. Andrea Niederfriniger/Ricore

Foto: Ruth Leuwerik: Beim Besuch der Ausstellung im Berliner Filmmuseum


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