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19.12.09 / Die Tageszeitungen in der Krise / Ruf nach Staatshilfen jetzt auch hier – Wochenzeitungen behaupten sich – PAZ mit leichtem Zuwachs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

Die Tageszeitungen in der Krise
Ruf nach Staatshilfen jetzt auch hier – Wochenzeitungen behaupten sich – PAZ mit leichtem Zuwachs

Während sich die Wochenzeitungen halten, hat sich der dramatische Abstieg der Tageszeitungen verschärft. Der Verleger Neven DuMont fordert nun staatliche Hilfe für die Branche. Andernfalls könnte es in 15 bis 20 Jahren in der westlichen Welt „keine Tageszeitung mehr geben“.

Das Internet, geänderte Gewohnheiten und die Wirtschaftskrise setzen den Tageszeitungen schwer zu. Nur wenige unter 35-Jährige haben noch eine Tageszeitung abonniert, die Auflage schrumpft rapide. Das Internet hat die Tagespresse in die Zange genommen: Der Wettlauf um die neueste Nachricht ist für sie nicht mehr zu gewinnen. Außerdem ist das Kleinanzeigengeschäft „auf Nimmerwiedersehen“ ins Internet abgewandert. Auch die anderen Teile des Anzeigengeschäfts brechen weg. Allein zwischen 1998 und 2008 (jeweils im vierten Quartal) sank die verkaufte Gesamtauflage um gut 19 Prozent, die Anzeigenerlöse um etwas über 25 Prozent.

Pessimisten verweisen hinsichtlich der Zukunft der Tagespresse auf die USA: Nach dramatischen Auflagerückgängen schon seit den 90er Jahren ist ihre Verbreitung allein zwischen April und September 2009 nochmals um fast elf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen − trotz des Bevölkerungswachstums in den USA. Die Massenentlassungen unter Journalisten haben ein Ausmaß erreicht, das nur noch mit den Bankern vergleichbar ist. Vor allem aber: Die Tagespresse hat ihre einst dominierende Position in der politischen Meinungsbildung verloren, das Internet ist hier auf Platz 1 gerückt.

Soweit ist es in Europa noch nicht, doch auch hier ist die Medienlandschaft in einem tiefgreifenden Umbruch: Während die deutschen Wochenzeitungen ihre Gesamtauflage von knapp zwei Millionen Exemplaren seit Jahren halten können, brechen auch hier die Tageszeitungen ein.

Die Folge ist ein rigoroser Sparzwang, der die Titel immer austauschbarer macht und die Probleme womöglich eher verstärkt. Dass die traditionell linksintellektuelle „Frankfurter Rundschau“ inzwischen dieselben Wissenschafts- und Medienseiten bringt wie die „Berliner Zeitung“, obwohl sie ganz andere Leser hat, mag noch funktionieren. Doch im April sollen auch die Wirtschafts- und Politikredaktionen beider Blätter weitgehend verschmelzen. Ob das die Leser akzeptieren, ist  offen, sicher ist: Die Zeitungslandschaft verliert ein Stück Originalität, die Bundespolitik ein Stück öffentlicher Begleitung und Kontrolle. Das Beispiel dieser „unsichtbaren Fusion“ zweier großer Blätter steht dabei nur beispielhaft. Überall bei den Tageszeitungen wird gekürzt und gestrichen, verkleinert und ausgelagert.

Der Altverleger Alfred Neven DuMont hat nun angesichts der bedrohlichen Lage Hilfe der Politik gefordert. Wenn es so weitergehe, könnte es in 15 oder 20 Jahren in der westlichen Welt „keine Tageszeitung mehr“ geben, warnte er in seinen Zeitungen. Dies wiederum würde für die politische Elite „einen weitgehenden Freibrief in ihren Aktionen bedeuten“, meint DuMont. Der Staat müsse deswegen das bedrohte „Kulturgut Zeitung“ schützen.

Andere Länder hätten bereits reagiert: Großbritannien verzichte auf die Mehrwertsteuer für Zeitungen und Frankreich finanziere für mehrere 100 Millionen Euro Freiabonnements, vor allem für junge Leser.

Wenn DuMont erklärt, es sei nach dem Vorbild anderer europäischer Nationen „zu fordern, dass die deutsche Politik zielstrebig ein eigenes Programm auflegt“, dann hat das einen pikanten Beigeschmack: Der 82-Jährige ist nämlich nicht nur Ehrenvorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV), sondern auch Aufsichtsratschef der M. DuMont Schauberg-Gruppe (MDS). Dieser Konzern verlegt unter anderem die erwähnten Blätter „Frankfurter Rundschau“ und „Berliner Zeitung“, außerdem den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Mitteldeutsche Zeitung“.

Die Tatsache, dass DuMont offensichtlich nicht nur als „elder statesman“ für eine bedrohte Branche redet, sondern unmittelbar das eigene Geschäft im Blick hat, bedeutet freilich nicht, dass die Sorgen über die Verarmung der Medienlandschaft unbegründet wären. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur noch wenige Tageszeitungen mit − stark ausgedünnter − Vollredaktion, die unmittelbare Folge ist eine Verarmung des politischen Lebens mit unguten Folgen für die Landespolitik. Umgekehrt gab es in Bayern jahrzehntelang eine unfreiwillige Symbiose zwischen der CSU und der „Süddeutschen Zeitung“. Letztere berichtete meist überkritisch über auch geringe Unregelmäßigkeiten bei der von ihr ungeliebten Partei, die die absolute Mehrheit gepachtet zu haben schien. Dies zwang die CSU zu „preußischer Korrektheit“, aber nicht aus Tugendhaftigkeit, sondern nur aus Furcht vor der nächsten Breitseite der „SZ“. Dem Land kam es zu Gute.

Just an dieser Stelle ist der Hilferuf DuMonts besonders unlogisch: Wie soll politische Kontrolle ausgerechnet von Zeitungen ausgeübt werden, die staatlich gefördert werden? In der aktuellen Diskussion musste DuMont denn auch einräumen, dass diese Aufgabe nicht zuletzt von kritischen Wochenblättern ausgeübt wird. Tatsächlich sind diese von der Zeitungskrise bisher kaum betroffen, weil sie im sich immer schneller drehenden Informationsstrudel des Internets Orientierung bieten und nicht dem Zwang des Kampfes um Aufmerksamkeit im Sekundentakt unterliegen.

Dirk Ippen, einer der erfolgreichsten deutschen Zeitungsverleger, beschreibt Zeitungen ganz in diesem Sinne als „Solidarsysteme“. Der Leser müsse sich mit „seiner“ Zeitung identifizieren können, und dafür sei regionale Verwurzelung entscheidend: „Der Redakteur muss sich mit der Region identifizieren. Und das muss im Text spürbar sein.“ Das gelte selbst in Beiträgen über Reden der Kanzlerin: „Der regionale Blick in die Welt ist doch trotzdem anders.“ In gewisser Weise stellt die Preußische Allgemeine übrigens den Versuch dar, dieses Konzept mit dem untergegangenen Staat Preußen und der in ihrem gewachsenen Gepräge nicht mehr existierenden Region Ostpreußen umzusetzen. Ihre Auflage ist zuletzt wieder leicht gestiegen. Konrad Badenheuer

Foto: Der Griff zur Tageszeitung wird immer seltener: Vor allem junge Menschen bevorzugen das Internet.     Bild: pa


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