Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/header.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 25
19.12.09 / GEZ greift nach Handy und PC / Radio und Fernsehen wollen mehr Geld – aber wozu eigentlich? – Die Rundfunkgebühr als Ersatzsteuer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

GEZ greift nach Handy und PC
Radio und Fernsehen wollen mehr Geld – aber wozu eigentlich? – Die Rundfunkgebühr als Ersatzsteuer

Während die Bundespolitiker noch über Steuersenkungen streiten, wollen die Länderchefs den Bürgern tiefer in die Tasche greifen – mit Hilfe der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ), die künftig auch für Mobiltelefone und Computer Fernseh-Gebühren kassieren soll.

„20 Prozent auf alles außer Tiernahrung“, „25 Prozent auf alles, was einen Stecker hat“ – die flotten Werbesprüche einer bundesweiten Baumarktkette scheinen bei den Ministerpräsidenten offene Ohren gefunden zu haben: Da kann man was draus machen, zum Beispiel GEZ-Gebühren auf alles, was einen Bildschirm hat, und sei er noch so klein.

Die 16 Länderchefs, nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) zuständig für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, sind in Krisenzeiten besonders intensiv darauf aus, neue Geldquellen zu erschließen. Eine solche glauben sie nun entdeckt zu haben – in Form internettauglicher Mobiltelefone und Computer, mit denen auch Radio- und Fernsehprogramme empfangen werden können, letztere allerdings technisch und inhaltlich eingeschränkt.

Nach heutiger Rechtslage kann die GEZ für solche „neuartigen Rundfunkgeräte“ eine monatliche Grundgebühr von 5,76 Euro kassieren, in Privathaushalten allerdings nur dann, wenn nicht bereits ein anderes Gerät angemeldet ist. Die volle Gebühr für Radio und Fernsehen hingegen liegt bei derzeit 17,98 Euro. Die Differenz von 12,22 Euro war es, die die Ministerpräsidenten hellhörig machte.

Ihre Kalkulation: Von den derzeit 32,2 Millionen privaten GEZ-„Kunden“ zahlen 2,4 Millionen nur die Radiogebühr. Offenbar gelten sie als potentielle Schwarzseher, solange sie nicht gerichtsfest beweisen können, dass sie sich nicht mit Hilfe irgendwelchen neuzeitlichen Geräts klammheimlich Zugang zu ARD oder ZDF verschaffen. Nach den einschlägigen Erfahrungen, die zum Beispiel der Erlanger Verein „Bürger fragen Journalisten“ in den letzten Jahren machen musste, ist ein solcher Beweis vor deutschen Gerichten kaum zu erbringen.

Wenn man, so eine der Ideen der jüngsten Ministerpräsidentenrunde, die Rundfunkgebühr einheitlich auf 17,98 Euro festsetzte, würde das allein 30 Millionen Euro pro Monat zusätzlich in die öffentlich-rechtlichen Kassen spülen. Dabei wird in Unionskreisen das Modell einer Haushaltsabgabe bevorzugt: Jeder der 40 Millionen Haushalte zahlt, sofern er nicht aus sozialen Gründen befreit ist oder beweisen kann, dass er über kein empfangsfähiges elektronisches Gerät verfügt. Optimisten errechnen Mehreinnahmen von über einer Milliarde Euro im Jahr.

In der SPD-dominierten rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, die als Koordinierungsstelle für die Medienpolitik der Länder fungiert, will man jedoch nicht ausschließen, dass eine solch eklatante Umkehr der rechtsstaatlich üblichen Beweispflicht dereinst doch noch vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden könnte. So setzt man in Mainz eher auf eine gerätebezogene Einheitsgebühr von 17,98 Euro: Wer einen internettauglichen Computer, Laptop oder Mobiltelefon besitzt, wird automatisch zum GEZ-Gebührenzahler, falls er das nicht ohnehin schon ist. Da nach diesem Modell die erwarteten Mehreinnahmen geringer ausfallen würden, denkt man in diesem Zusammenhang gleich auch an eine generelle Anhebung über die 18-Euro-Marke hinaus.

Die FDP, die aufgrund ihrer jüngsten Wahlerfolge auch zunehmend Einfluss auf die Medienpolitik der Länder nehmen kann, wartet mit einem deutlich weitergehenden Vorschlag auf. Sie will die GEZ-Gebühr durch eine einheit­liche Medienabgabe ersetzen, die – so der medienpolitische Sprecher ihrer Bundestagsfraktion, Müller-Sönksen – „niedriger ist als die jetzige Gebühr und von jedem erwachsenen Bürger mit eigenem Einkommen gezahlt wird“. Bei diesem Modell wären in der Tat rechtsstaatliche Bedenken bezüglich der Beweislast ausgeräumt.

Bei den geräte- oder haushaltsbezogenen Modellen stellt sich vor allem das Problem einer ebenso wirkungsvollen wie rechtsstaatlich sauberen Kontrolle. Wer erfüllt die vielfältigen Kriterien einer Gebührenbefreiung aus sozialen Gründen? Wer bildet mit wem einen „Haushalt im Sinne des RFinStV“ (Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag)? Wer hat welches Handy in der Tasche, welches Laptop im Kinderzimmer, welches Radio im auf die Schwiegermutter zugelassenen Zweitauto, welchen auch privat nutzbaren Computer im Büro? Die Liste solcher Fragen ließe sich schier endlos fortsetzen – bis hin zu der bitteren Erkenntnis, dass man, um Gebührengerechtigkeit zu erreichen, ein Ausmaß an staatlich sanktionierter Schnüffelei installieren müsste, das die heutigen Praktiken des GEZ-Außendienstes deutlich in den Schatten stellen und den Aktivitäten der Stasi nahe kommen würde.

Ein weiteres Problem blieb in der aktuellen Debatte um die Gebührenpläne der Ministerpräsidenten völlig ausgeblendet: Sind die Programmangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio wirklich jene 7,26 Milliarden Euro Zwangsgebühren wert, die die GEZ im Jahr 2008 einkassierte? Braucht man wirklich so viel Geld, um das Volk zur besten Sonnabend-Sendezeit mit Gottschalk und Silbereisen zu beglücken, sich von hasserfüllten Pseudokabarettisten belehren zu lassen, wie dumm es sich mehrheitlich bei den letzten Wahlen verhalten hat, oder in seichten Vorabendserien bestaunen zu dürfen, welche Abartigkeiten zeitgemässes Liebesleben zu bieten hat? Erinnern wir uns der 80er Jahre, als um die Zulassung privater TV-Sender gestritten wurde: Waren wir da nicht alle (der Autor dieser Zeilen eingeschlossen) der Meinung, dass Konkurrenz das Geschäft belebt und die Qualität hebt? Ein schrecklicher Irrtum, wie wir heute sehen. ARD und ZDF passen sich immer weiter dem Niveau – will sagen: der Niveaulosigkeit – der Privaten an – und dafür sollen wir immer mehr zahlen?            Hans-Jürgen Mahlitz

Foto: Kann-Option: Wer einen Computer hat, kann theoretisch damit auch fernsehen.     Bild: pa


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren

Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/sidebar.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 48