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19.12.09 / Aufstand der verratenen Generation / Griechenland ist am Ende seiner Mogeleien angekommen − Kauft Brüssel die Hellenen raus?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

Aufstand der verratenen Generation
Griechenland ist am Ende seiner Mogeleien angekommen − Kauft Brüssel die Hellenen raus?

Bilder von randalierenden Jugendlichen und wütenden Polizisten bestimmen derzeit das Bild von Griechenland. Doch die Demonstrierenden haben genügend Gründe für ihren Aufstand.

Sie nennen sich selbst sarkastisch die „Generation 700“. Dahinter steckt ein niederschmetternder Blick in die eigene Zukunft: Mehr als 700 Euro im Monat werden sie, so glauben viele junge Griechen, in ihrem Leben wohl nie verdienen.

Es ist dies nicht der dumpfe Pessimismus jugendlicher Schulabbrecher, die zwischen Trägheit, und Hoffnungslosigkeit hin- und herschwanken und dabei nicht selten die Wut über ihr eigenes Versagen an der „Gesellschaft“ abarbeiten. In Griechenland prallt eine Generation selbst gut ausgebildeter junger Menschen auf die Mauern einer zweigeteilten Gesellschaft. Hier diejenigen, die keinen Zutritt mehr bekommen zum sozialen Aufstieg, dort jene, die, vom Arbeitsrecht bis zur Altersversorgung, von großzügigen sozialen „Errungenschaften“ begünstigt ein sicheres, süßes Leben führen. Was die Empörung der Jungen noch steigert: Dieser Tage müssen sie hören, dass die Schicht jener Begünstigten ihnen nicht allein die Chancen in der Gegenwart raubt, sondern dass sie sich über eine ausufernde Staatsverschuldung auch gleich noch an das Geld macht, dass die „700er“ dereinst erst noch verdienen müssten.

Mit einer Neuverschuldung in Höhe von knapp 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) allein 2009 (Deutschland: rund drei Prozent) ist Griechenland Europameister der roten Zahlen. Die Gesamtverschuldung wird im kommenden Jahr wahrscheinlich 125 Prozent des BIP erreichen (Deutschland: 70 Prozent) und auch danach drastisch weitersteigen. Die Herabstufung des Landes durch die US-Ratingagentur Fitch auf das Niveau von Südafrika hat zuletzt Gerüchte über einen möglichen Staatsbankrott ins Kraut schießen lassen.

Der träte ein, wenn die Anleger keine griechischen Staatsanleihen mehr annähmen, weil ihnen das Ausfallrisiko zu groß ist. Oder auch, wenn sie derart hohe Zinsen für die als riskant eingestuften Papiere verlangten, dass Athen die Zinsen nicht mehr aufbringen könnte. Im Endstadium eines Staatsbankrotts treten beide Entwicklungen gewissermaßen als teuflisches Paar auf: die Angst der Anleger und darob explodierende Zinsen.

Von hoher EU-Seite in dieser Hoffnung bestärkt, verlassen sich die Griechen jedoch augenscheinlich darauf, dass die Partnerländer ihnen in einem solchen Fall schon aus der Patsche helfen würden. Das jedoch ist zweifelhaft. Erstens fürchten viele das schlechte Vorbild: Wenn Griechenland mit seiner Schuldenmacherei durchkommt auf Kosten der EU-Partner, wie werden sich dann andere Wackelkandidaten wie Irland, Portugal, Spanien oder Italien gebärden?

Zweitens ist gerade Griechenlands Verhalten in den vergangenen drei Jahrzehnten seit seinem EG-Beitritt 1981 keineswegs dazu angetan, bei den anderen Europäern starke Regungen von Solidarität zu entfachen. Just 1981 kam der Sozialist Andreas Papandreou, der Vater des erst im Oktober an die Macht gelangten Giorgos Papandreou, ins Amt des Premiers. Er hatte seinen Wählern den Austritt aus der Nato und den Abschied von der EG versprochen. Bald jedoch stellte Papandreou senior fest, wie viel Geld aus Europa in seine Kassen floss.

So begrub er den Plan und verteilte mit EG-Geldern und mittels einer sprunghaft ansteigenden Neuverschuldung soziale Wohltaten an sein Volk. Die Gesamtschuld stieg von 1981 bis 1990 von 30 auf 80 Prozent des BIP.

Hauptzahler auf der EG-, dann EU-Seite war naturgemäß Deutschland. Umso größer war die Überraschung in Berlin, als Athen im Jahre 2000 Wiedergutmachungsforderungen an Deutschland für die Zeit des Zweiten Weltkriegs stellte und ernsthaft damit drohte, im Falle der Nichtzahlung die Deutsche Schule und das Deutsche Archäologische Institut in Athen zu pfänden. Dabei entsprachen die Forderungen nicht einmal einem Bruchteil der Milliardensummen, die der deutsche Steuerzahler via EU seit 1981 an die Hellenen überwiesen hatte.

Erst im Juni 2002 stellte das Oberste Gericht Griechenlands fest, dass griechische Gerichte für derartige Klagen gar nicht zuständig seien, womit der Spuk ein Ende hatte. Der diplomatische Schaden war jedoch angerichtet, in der deutschen Öffentlichkeit stand Hellas als undankbarer und hemmungsloser Gierhals da.

Im Bereich der EU-Balkanpolitik stellte sich Athen regelmäßig quer, zeigte offen Sympathien für Aggressor Serbien und blockierte die gemeinsame Anerkennung der Republik Mazedonien, weil es in Nordgriechenland eine gleichnamige Provinz gibt und man angeblich Gebietsforderungen befürchtet habe.

In den Euro mogelte sich Griechenland 1999 nur mithilfe massiv gefälschter Haushaltszahlen, wie erst 2004 zufällig entdeckt wurde. Auch das derzeitige Verschuldungsniveau liegt knapp doppelt so hoch, wie von Athen bis vor wenigen Wochen behauptet hat.

Kurz: Diplomatisch hat Griechenland den Gegnern einer EU-Rettung des Landes vor dem Staatsbankrott genügend Argumente geliefert, ganz besonders, was Deutschland betrifft. Doch auch abgesehen von den „besonderen“ Beziehungen zwischen Athen und Berlin wünschen sich manche Kommentatoren gar, dass die EU-Partner Griechenland pleitegehen lassen, wenn der Bankrott da ist. Das erst nämlich sei der überfällige Härtetest für die europäische Gemeinschaftswährung, der Aufschluss gäbe über die tatsächliche Überlebensfähigkeit des Euro-Systems.         Hans Heckel

Foto: Überall Polizei: Studentinnen der „Generation 700“ fühlen sich nicht nur von ihrer Uni ausgesperrt.        Bild: Getty


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