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19.12.09 / Faszination fremder Welten / Der Forscher Alexander von Humboldt inspirierte Maler zu besonderen Leistungen – Ausstellung in Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

Faszination fremder Welten
Der Forscher Alexander von Humboldt inspirierte Maler zu besonderen Leistungen – Ausstellung in Berlin

Fernreisen waren im 19. Jahrhundert eine aufwendige Unternehmung, um so mehr war man neugierig auf das, was Reisende berichteten. Einer der Touristen in Sachen Wissenschaft war Alexander von Humboldt, der seinerseits andere inspirierte. Eine Ausstellung in Berlin zeigt Werke von Malern aus dem Kreis um von Humboldt.

Alexander von Humboldt (1769–1859) war der erste Mann, der nicht nur als neugieriger Abenteurer die Neue Welt bereiste, sondern dem es vielmehr darum ging, Tatsachen zu sammeln und sie in einem riesigen wissenschaftlichen Werk aufzuzeichnen. Durch die Beschreibung dieser Reisen, durch das Sammeln und Beobachten der verschiedenartigsten Formen und Erscheinungen der Natur und menschlicher Lebensformen, die Erforschung der Naturgesetze im Verhältnis zueinander wurde Alexander von Humboldt der Begründer einer neuen Epoche wissenschaftlicher Reisen.

Mit seinen Erkenntnissen begeisterte er nicht nur die einschlägige Fachwelt. Auch Johann Wolfgang von Goethe war angetan und sagte zu Eckermann über Alexander von Humboldt: „Humboldt ist heute einige Stunden bei mir gewesen: Was für ein Mann ist das! Man kann sagen, er hat an Kenntnissen und lebendigem Wissen nicht seinesgleichen und eine Vielseitigkeit, wie sie mir gleichfalls noch nicht vorgekommen ist. Wohin man rührt, er ist überall zu Hause und überschüttet uns mit geistigen Schätzen. Er gleicht einem Brunnen mit vielen Röhren, wo man überall nur Gefäße unterzuhalten braucht, und wo es uns immer erquicklich entgegen strömt.“ Auch Maler ließen sich von Humboldts Begeisterung für diesen Landstrich anstecken. Im Berliner Kupferstichkabinett wird derzeit eine Ausstellung zur mittel- und südamerikanischen Kunst nach Humboldt gezeigt. Die Maler Johann Moritz Rugendas (1802–1858), Ferdinand Bellermann (1814–1889) und Eduard Hildebrandt (1817–1868) unternahmen in der Nachfolge Humboldts im 19. Jahrhundert ausgedehnte Reisen durch Lateinamerika. In den vor Ort entstandenen Reiseskizzen und Naturstudien erlebten die von Humboldt angeregten Darstellungen des amerikanischen Subkontinents eine europaweit beachtete Blüte. Von den Landschaften, der Flora und Fauna, den Ortschaften, Volkstypen, Sitten und Gebräuchen der von ihnen durchstreiften Regionen entwarfen die Künstler ein faszinierendes Bild.

„Das Kupferstichkabinett besitzt qualitätsvolle Werke, die von den Reisen der Künstler zeugen. Sie stammen von Rugendas dreijährigem Aufenthalt in Mexiko (1831–34), von Bellermanns Aufenthalt in Venezuela (1842–45) und Hilde-brandts erster Brasilienreise (1844)“, erläutert Sigrid Achenbach, Oberkustodin am Kupferstichkabinett und Kuratorin der Ausstellung. „Die meisten Arbeiten wurden durch Humboldts Vermittlung von Friedrich Wilhelm IV. für das Kupferstichkabinett erworben. Sie gehören zum Grundstock einer einzigartigen Spezialsammlung von Naturbildern ferner Länder, vor allem der Tropen. In der Ausstellung werden erstmals zahlreiche Einzelblätter, ebenso Skizzenbücher der drei Künstler gemeinsam gezeigt.“

Achenbach weiter: „Alle drei Maler standen in engem Kontakt mit Alexander von Humboldt, der sie beriet und nach Kräften förderte. Er sah in ihnen große Talente und erwähnte sie lobend im zweiten Band seines ,Kosmos‘. Der große Naturforscher hatte die Vorstellung, dass es möglich sei, Kunst und Wissenschaft zu verbinden und über die genaue Beobachtung der tropischen Natur auch zu einer Erneuerung der europäischen Landschaftsmalerei zu gelangen. In den Skizzen, die Rugendas aus Mexiko, Bellermann aus Venezuela und Hildebrandt aus Brasilien mitbrachten, waren nach Auffassung Humboldts diese Ideen bereits in einer bis dahin unerreichten Vollkommenheit und Lebendigkeit umgesetzt.“

Mit ihren vor der Natur gezeichneten Landschaften gelangen den Malern Studien von einer Lichtintensität, die denen der späteren Impressionisten in nichts nachsteht. In diesem Zusammenhang ist der in Danzig geborene Hildebrandt erwähnenswert. Sigrid Achenbach nennt ihn im Katalog einen sensiblen und präzisen Beobachter. „Er ist der ,Meister des realistischen Bildes der Tropen‘. Wie kein Zweiter beherrschte er die Kunst der Inszenierung, die sich mit einer seltenen Virtuosität der Pinselschrift paart. Seine Spezialität ist die Wiedergabe atmosphärischer Phänomene, von Licht und Luft, von Schwüle, Hitze und Kühle…Es gelingt ihm, die feinsten Witterungseinflüsse und klimatischen Veränderungen im Tagesablauf der Tropen bildlich umzusetzen.“

Rugendas, Bellermann und Hildebrandt sind heute nur noch Kennern ein Begriff, die Ausstellung trägt dazu bei, sie wieder in Erinnerung einer breiten Öffentlichkeit zu rufen. Sie demonstriert aber auch, dass es vor Erfindung der Fotografie durchaus möglich war, die Besonderheiten fremder Welten darzustellen.        Silke Osman

Die Ausstellung „Kunst um Humboldt“ ist bis zum 11. April 2010 im Berliner Kupferstichkabinett, Matthäikirchplatz, dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr zu sehen, Katalog aus dem Hirmer Verlag. München, 276 Seiten, im Museum 29,90 Euro, im Buchhandel 39,90 Euro

Foto: Eduard Hildebrandt: Tamandatuy (Öl auf Papier, 1844)       Bild: Kupferstichkabinett, SMB


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