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19.12.09 / Der Materialist am Hofe Friedrichs des Großen / Julien Offray de LaMettrie hielt sich für eine Art Maschine – Als Leibarzt und Vorleser im Dienst des toleranten Preußenkönigs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

Der Materialist am Hofe Friedrichs des Großen
Julien Offray de LaMettrie hielt sich für eine Art Maschine – Als Leibarzt und Vorleser im Dienst des toleranten Preußenkönigs

Julien Offray de LaMettrie wurde am 25. Dezember 1709 in St. Malo geboren. Sein Vater wollte, dass er die kirchliche Laufbahn einschlagen solle, doch er interessierte sich mehr für die Heilkunde. Er studierte unter anderem bei dem berühmtesten Arzt seiner Zeit, Hermann Boerhave (1668–1738) in Leyden, was damals bereits als Empfehlung genügte. Er übersetzte einige lateinische Werke Boerhaves ins Französische. Dann praktizierte LaMettrie zunächst in seiner Heimatstadt, aber sein unruhiger Geist trieb ihn zum Militär, wo er als Regimentsarzt im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748) an verschiedenen Schlachten teilnahm. Als er 1744 schwer erkrankte, beobachtete er an sich selbst eine zunehmende Abnahme der geistigen Kräfte, die die Abnahme seiner körperlichen Kräfte begleitete. Die Schlussfolgerungen schrieb er in dem Buch „Histoire naturelle de l’ame“ (Naturgeschichte der Seele) nieder und stellte die Beziehungen zwischen Physis und Psyche dar. Damit machte er sich viele Feinde; sein Buch wurde öffentlich verbrannt, und er wurde aus der Armee ausgestoßen. LaMettrie ging nach Leyden und publizierte im naturalistischen Geiste weiter. Bevor er selbst im damals freisinnigen Holland in eine gefährliche Lage geriet, wurde er von Friedrich dem Großen (1712–1786), der durch seinen Akademiepräsidenten Pierre-Louis Maupertuis (1698–1759) auf ihn aufmerksam gemacht worden war, nach Berlin eingeladen. Maupertuis kam ebenfalls aus St. Malo. Am 7. Februar 1748 kam LaMettrie in Berlin an. Am 18. Februar 1748 schrieb Friedrich an Maupertuis über LaMettrie: „Ich freue mich sehr über die Acquisition, die ich mit LaMettrie gemacht habe. Er hat allen Geist, den man haben kann, und ist darüber hinaus auch noch ein guter Arzt. Er hat meine Gunst dadurch gewonnen, dass er mir getreulich versichert hat, dass Sie mit der Medizin noch lange leben werden und bei einer gewissen Vorsicht nichts für Ihre Schwindsucht zu befürchten haben.“

LaMettrie wurde Mitglied der Berliner Akademie und einer der Vorleser Friedrichs. Im Jahr 1748 erschien sein Buch „L’homme machine“ (Der Maschinen-Mensch) anonym in Leyden. Es wurde zu einem grundlegenden Werk des Materialismus, da es in realistischer Weise die Befindlichkeiten des Menschen darstellte und den menschlichen Körper mit einer Maschine verglich, dessen Äußerungen wie die Bewegungen einer Maschine zu berechnen seien. LaMettrie war in Berlin weiterhin rastlos schriftstellerisch tätig. Allerdings trieb seine Hybris den noch nicht ganz 42-Jährigen am 11. November 1751 dazu, eine riesige getrüffelte Fasanenpastete zu verschlingen, so dass er – wohl an einem Schlaganfall und nicht durch Gift, wie es kolportiert wurde – starb.

Zu seinem Tode hieß es in Meusels Medizinischer Bibliothek, Erfurt/Leipzig 1752, Band I, S. 655: „Die Maschine, die den Namen Julius Offray de LaMettrie führet, hat am 11. November alle Glieder von sich gestrecket. Im Andenken wird sie zwar wohl bleiben, über den Stillstand ihrer Bewegung aber wird sich schwerlich jemand betrüben. Denn es war eine gefährliche Maschine, die … viel weiser als ihr Schöpfer sein wollte“

Friedrich, der an dem stets fröhlichen und geistvollen Arzt Gefallen gefunden hatte, widmete ihm einen Éloge, der am 24. Januar 1752 vor der Akademie verlesen wurde.       Jürgen Ziechmann

Bild: Stets fröhlich und geistvoll: Julien Offray de LaMettrie


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