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26.12.09 / Stets in Sorge um die Deutschen / Die letzten Tage von Konrad Adenauer − seine Sekretärin berichtet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-09 vom 26. Dezember 2009

Stets in Sorge um die Deutschen
Die letzten Tage von Konrad Adenauer − seine Sekretärin berichtet

Die Verfasserin von „Adenauers letzte Tage – Die Erinnerungen seiner engsten Mitarbeiterin“ ist eine ausgewiesene Adenauer-Expertin. Anneliese Poppinga wurde 1958 Sekretärin des Bundeskanzlers und blieb bis zu dessen Tod 1967 seine Mitarbeiterin. Sie hat mehrere Publikationen über den Gründungskanzler vorgelegt und führte bis 1990 die Geschäfte der „Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus“ in Rhöndorf bei Bonn. Auf knapp 170 Seiten widmet sich die promovierte Zeithistorikerin Adenauers letzten großen Reisen nach Israel im Mai 1966 und nach Spanien im Februar 1967. Zudem beschreibt sie in pietätvoller und berührender Weise die Sterbezeit des „Alten“ zwischen dem 17. März und dem 19. April 1967, seinem Todestag. Am 29. März hatte der Greis einen Herzinfarkt erlitten, von dem er sich nicht mehr erholen sollte.

Ein Ausblenden der aktuellen politischen Probleme, unbeschwerter Genuss des schönen Hauses und Gartens mit Blick auf die herrliche Rheinlandschaft, Zeit für Muße, Krimis lesen und Musik- hören: All dies kam für den rüstigen Politpensionär nicht in Frage. Gleichsam bis zum letzten Atemzug war Konrad Adenauers Leben von der Sorge um das deutsche Volk und die westliche Welt geprägt. Diese Stimmung drückt sich in folgendem Seufzer Adenauers aus: „Wenn ich nun nicht mehr alles so klar sehen müsste, dann wäre für mich manches vielleicht leichter. Aber diese schweren Sorgen, das ist nicht gerade angenehm am Ende eines Lebens, weiß Gott nicht. Nichts mit Träumereien am Kamin. Man kann nicht entfliehen …“

Unermüdlich schrieb er weiter an seinen Erinnerungen, sorgte sich darum, dass es mit der politischen Einigung Europas nicht recht vorankam und Amerikas Interesse von Europa immer mehr in Richtung Asien ging. Im Atomwaffensperrvertrag zwischen den USA und der Sowjetunion sah er die „Quelle der Unruhe“ und einen „Morgenthau-Plan im Quadrat“, der die Sicherheit Europas gefährden könne. Zwischendurch blitzt auch immer wieder sein Interesse vor allem an der Kunst anderer Länder auf. In Spanien, so teilte er seiner mitreisenden Sekretärin Poppinga mit, möchte er wohl leben. Dies hatte er noch von keinem anderen Land außer Deutschland gesagt.

Entgegen mancher Legenden, die in Adenauer nur den engagierten Europäer sehen (wollen), war ihm ein gesundes Nationalgefühl wichtig: „Denn Nationalgefühl, das müsse ein jedes Volk haben, auch das deutsche. Wir brauchten es.“ Ein gesundes, vernünftiges Nationalgefühl, das müsse wieder heranwachsen. Sonst bestehe die Gefahr, dass der Staat – und der Staat sei ja schließlich der Repräsentant des Volkes, und er werde auch in unserer Zeit der großräumigen Zusammenschlüsse seine Bedeutung behalten – irgendein nebulöses Gebilde sei, mit dem niemand sich identifiziere und von dem jeder meine, er habe nichts damit zu tun. Die Gefahr eines übertriebenen Nationalgefühls sei in der Bundesrepublik nicht gegeben, denn dies sei den Deutschen gründlich vergangen.

Erst in den letzten Wochen, die Poppinga voller Anteilnahme und doch ohne falsche Sentimentalität schildert, tritt das Politische zurück. Der Todeskampf beginnt. Adenauer möchte noch einmal Musik hören und lässt „Die schöne Müllerin“ auflegen. Die Erinnerungen an die Zeit der Inhaftierung im „Dritten Reich“ bedrängen ihn in der Nacht. Als es zu Ende geht, sagt Adenauer schlicht: „Do jit et nix ze kriesche“ („Da gibt es nichts zu weinen!“). Ansgar Lange

Anneliese Poppinga: „Adenauers letzte Tage – Die Erinnerungen seiner engsten Mitarbeiterin“, Hohenheim, Stuttgart 2009, 176 Seiten, 15 Euro


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