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09.01.10 / Größter Kühlschrank der Welt / Die jährliche Stromrechnung liegt bei fast 20 Millionen Euro

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-10 vom 09. Januar 2010

Größter Kühlschrank der Welt
Die jährliche Stromrechnung liegt bei fast 20 Millionen Euro

Der Teilchenbeschleuniger LHC ist nicht nur wissenschaftlich, sondern auch bau- und materialtechnisch eine gigantische Herausforderung. Der 27 Kilometer lange Ringtunnel liegt zwischen 50 und 150 Meter unter der Erde; beim Bau vor 20 Jahren gab es eine Abweichung von nur einem Zentimeter.

In der gesamten Anlage muss ein nahezu reines Vakuum herrschen. Um das zu erreichen, braucht man eine Pumpenleistung, die ausreichen würde, um das Hauptschiff des Kölner Doms zum luftleeren Raum zu machen.

Für die Experimente müssen die Protonen auf über 99,9 Prozent der Lichtgeschwindigkeit gebracht werden. Sie prallen dann mit jeweils 300000 Kilometer pro Sekunde aufeinander. Bei Höchstgeschwindigkeit läuft ein Proton in einer einzigen Sekunde 11245 Mal rund um die Kreisbahn.

Als „Antrieb“ dienen insgesamt 9600 Magnete. Dafür wurden 10000 Tonnen Eisen verbaut, mehr als für den Eiffelturm.

Die Protonen werden in zwei gegenläufige Strahlen gebündelt. Vor dem Zusammenprall erreicht jeder Strahl eine kinetische Energie, die der eines ICE bei Tempo 150 entspricht.

Neben anderen Rekorden ist der LHC auch der größte Kühlschrank der Welt. Das ganze System mit seinen 4700 Tonnen Material muss auf 1,9 Kelvin (-271,3 Grad Celsius) heruntergekühlt werden, 0,8 Grad kälter als im Weltraum. Als Kühlmittel nimmt man 120 Tonnen Helium.

Der Energieaufwand ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Immerhin verfügt der LHC über eine Leistungsaufnahme von 120 Megawatt, das entspricht ungefähr dem Verbrauchspotential aller Haushalte im Kanton Genf. Der jährliche Gesamtverbrauch liegt bei 800 Gigawattstunden. Dafür kassiert der französische Stromkonzern EDF, der überwiegend preisgünstigen Atomstrom liefert, jährlich fast 20 Millionen Euro.

Natürlich ist ein solch komplexes System auch störanfällig, so war es kaum verwunderlich, dass der erste Probebetrieb im Herbst 2008 mit einer Reihe von Pannen endete, die zwar das Projekt insgesamt nicht in Frage stellten, aber doch eine Verzögerung von einem Jahr verursachten.

Und wie steht es um die Sicherheit? Vereinzelte Kritiker hatten vor so genannten Schwarzen Löchern bei den Experimenten gewarnt. Solche Gebilde entstehen im Weltall beim Kollaps massereicher Sterne: Die Gravitation wird hier so stark, dass alle Materie aus der Umgebung aufgesogen wird und nicht einmal mehr Lichtstrahlen ihnen entweichen können – daher sind sie unsichtbar. Die Mini-Massen, die bei den LHC-Experimenten zum Einsatz kommen, können aber bei weitem nicht genügend Gravitation für ein Schwarzes Loch entwickeln. Ebenfalls aus physikalischen Gründen ausgeschlossen ist ein „Urknall im Labor“. Die Energie-, Masse- und Strahlungsmengen, mit denen wir es hier zu tun haben, erscheinen uns auf unserer kleinen Erde zwar gigantisch. In den Maßstäben des Universums aber sind sie geradezu winzig. H.J.M.


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