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09.01.10 / Astronom und Wahl-Altpreuße / Zum Gedenken an Professor Felix Schmeidler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-10 vom 09. Januar 2010

Astronom und Wahl-Altpreuße
Zum Gedenken an Professor Felix Schmeidler

Am Morgen des 29. Oktober 2008, neun Tage nach seinem 88. Geburtstag, wachte Felix Schmeidler, Doktor der Naturwissenschaften und Professor für Astronomie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, nicht mehr auf. Bis zuletzt hatte er an seinem Schreibtisch in München-Bogenhausen gearbeitet. Der wissenschaftliche Zweig der Ost- und Westpreußischen Kulturarbeit in Bayern hat ein Urgestein verloren. Über drei Jahrzehnte hat er diesen Bereich geprägt.

Felix Schmeidler wurde am 20. Oktober 1920 in Leipzig als Sohn des Universitätsprofessors für Mittelalterliche Geschichte, Dr. Bernhard Schmeidler (1879-1959), geboren. Obwohl Felix Schmeidler sich für eine naturwissenschaftliche, die astronomische Laufbahn entschied, lag ihm das vom Vater ererbte Interesse an der Geschichte im Blut und so konnte er beides in einer überaus geglückten Symbiose vereinen. Bereits 1921 wurde Bernhard Schmeidler nach Erlangen berufen, wo der Sohn aufwuchs, die Schule besuchte und der dort starken evangelisch-reformierten Gemeinde angehörte. Wegen einer in einer Vorlesung angebrachten Kritik an einer Hitler-Rede in Erlangen wurde der Vater 1936 vorzeitig in den Ruhestand versetzt und zog mit der Familie nach München, wo der Sohn die Schuljahre bis zum Abitur im März 1938 am Max-Gymnasium verbrachte. Wegen einer später völlig ausgeheilten Lungentuberkulose brauchte er nicht zum Militär, sondern begann gleich mit dem Studium der Fächer Astronomie, Mathematik, Physik und Meteorologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, der er seine ganze akademische Karriere und sein Leben lang verbunden blieb. In der Astronomie war er von Anfang an nicht nur lernend, sondern auch forschend – mit intensiven Sternbeobachtungen – tätig. Bereits 1941, also mit 21 Jahren, wurde er zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Anschließend arbeitete er zunächst als Hilfsrechner, dann als Assistent an der Sternwarte in München-Bogenhausen, wobei die praktische Beobachtung aufgrund von Bombenangriffen, die auch die Sternwarte trafen, im Juli 1944 bis ins Jahr 1946 nicht möglich war.

Im Jahr 1950 habilitierte er sich mit einer Schrift über eine dynamische Theorie der Sonnenatmosphäre. Weg aus München führten Felix Schmeidler nur Gastvorlesungen in Cambridge 1950/51, ein zweijähriger Forschungsaufenthalt in Australien sowie astronomische Expeditionen in die Sahara, nach Italien und Kanada. Im Jahr 1958 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt; diese Funktion übte er bis zu seinem Tod aus. 1965 heiratete er Marion, geborene Pampe. Sie haben eine Tochter und ein Sohn, beide im Bereich Mathematik und Informatik tätig.

Nach der Pensionierung widmete er sich verstärkt allgemein wissenschaftshistorischen und speziell astronomie-geschichtlichen Themen. Insbesondere arbeitete er bis zuletzt für die Copernicus-Forschungsstelle am Lehrstuhl für Geschichte der Naturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität. Zeitlebens hat er sich auch für die öffentliche Verbreitung seiner Wissenschaft und die Belange der Amateur-Astronomen eingesetzt.

Vor diesem Hintergrund war es kein Wunder, dass der Gründer der Ost- und Westpreußenstiftung in Bayern, Dr. Heinz Radke, auf Felix Schmeidler aufmerksam geworden war und ihn für die Mitarbeit in der Stiftung hatte gewinnen können. Von Beginn der Stiftung im Jahr 1971 an bis zu seinem Tode war Felix Schmeidler Mitglied des Kuratoriums. Im Jahr 1981 veranlasste die Stiftung die Gründung der „Altpreußischen Gesellschaft für Wissenschaft, Literatur und Kunst“, die die Tradition der von 1924 bis 1945 in Königsberg in Preußen wirkenden „Königsberger Gelehrten Gesellschaft“ fortsetzt. Felix Schmeidler wurde Erster Vorsitzender und blieb es auch bis zu seinem Tod. Er hat bis zu einem Herzanfall im Frühjahr 2007 die Jahrestagungen organisiert und selbst durch begeisternde Vorträge maßgeblich mitgestaltet.

Im Herbst 2006 sprach er über „Carl Gustav Jacobi und die Himmelsmechanik“. Dem großen Mathematiker Jacobi (1804-1851) hatte die heutige Immanuel-Kant-Universität im Jahr 2005 – im Zusammenhang mit der 750-Jahrfeier Königsbergs – eine Tagung zum 200. Geburtstag gewidmet, und dadurch war das Thema auch für die Altpreußische Gesellschaft aktuell. Auch die beiden neuesten Bände der von Heinz Radke begründeten „Acta Borussica“ erschienen als Organ der Altpreußischen Gesellschaft unter seiner Federführung.

Auf Anregung des damaligen Präsidenten der Ludwig-Maximilians-Universität Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Nikolaus Lobkowitz wurde im Jahr 1982 die „Arbeitsgemeinschaft für Ost- und Westpreußische Landeskunde“ als Einrichtung der Universität gegründet. Erster Vorsitzender war der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Helmut Motekat (1919-1996), der 1994 aus Gesundheitsgründen sein Amt an den Mathematiker Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Rudolf Fritsch abgab.

Von der Gründung an wirkte Felix Schmeidler als Zweiter Vorsitzender und Schriftführer in der Arbeitsgemeinschaft bis zu seinem Tode mit, wiederum mit vielen ein großes Publikum ansprechenden Vorträgen, vor allem zur Geschichte der Astronomen und der Astronomie in Ost- und Westpreußen.

Mit institutioneller Förderung des Freistaates Bayern, der die Patenschaft sowohl über die Sudetendeutsche Volksgruppe als auch über die Ostpreußen übernommen hat, konnte dagegen 1989 ein Institut für Ost- und Westpreußische Landeskunde als eingetragener Verein gegründet werden, das ein Jahrzehnt lang fruchtbare Arbeit leistete. Gründungsvorsitzender war der Osteuropa-historiker Prof. Dr. Gerhard Grimm (1929-2007); Felix Schmeidler war Zweiter Vorsitzender und ab 1998 Nachfolger von Gerhard Grimm.

Dass sich ein international anerkannter Wissenschaftler des Ranges von Felix Schmeidler ohne familiäre Bindung nach Preußen so für die Bewahrung des kulturellen Erbes Ost- und Westpreußens einsetzte, Verdient große Bewunderung. Seine wissenschaftliche Tätigkeit wurde belohnt unter anderem mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Königsberg in Bayern, der Verleihung der silbernen Medaille der Universität Helsinki und der Copernicus-Medaille des Kuratoriums „Der Mensch und der Weltraum“. Der kleine Planet ,,1992 ST 17“ bewegt sich seit dem Jahr 2006 mit dem Namen „Schmeidler“ um die Sonne; die Namensverleihung erfolgte durch die Internationale Astronomische Union. Felix Schmeidler erhielt den Kulturpreis der Landsmannschaft Westpreußen, die silberne und die goldene Ehrennadel sowie den Goldenen Albertus der Ost- und Westpreußenstiftung und war Träger des Ehrenschildes „Deutschordensland“. Sein Andenken wird bewahrt.

Rudolf Fritsch


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