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16.01.2010 / Warschau zeigt schweigend die Instrumente / Causa Steinbach: Der Rückzug Szarotas im Licht eines Hintergrundberichts der »FAZ« – 1,5 Millionen Polen in der Bundesrepublik?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Warschau zeigt schweigend die Instrumente
Causa Steinbach: Der Rückzug Szarotas im Licht eines Hintergrundberichts der »FAZ« – 1,5 Millionen Polen in der Bundesrepublik?

Im immer noch schwelenden Streit um BdV-Präsidentin Erika Steinbach hält sich Warschau bedeckt. Anders als zu Zeiten von Ministerpräsident Kaczynski hat man dort verstanden, dass neue Polemik gegen die CDU-Politikerin deren Anliegen in Deutschland nur nutzen würde. Das momentane Stillhalten des offiziellen Polens ist für Beobachter interessant, weil es erkennen lässt, welche Medien, Organisationen und Persönlichkeiten die polnische Regierung überhaupt „orchestrieren“ kann und welche nicht. Wenn dieselben Kräfte früher besonders heftig gegen Steinbach gegiftet haben, drängt sich der Gedanke auf, dass dies zumindest nicht gegen den Willen der Regierung geschehen ist.

Zwei kleinere Schritte Polens sind trotz dieser Stillhaltepolitik dennoch geschehen. Zum einen hat das einzige polnische Mitglied im wissenschaftlichen Beraterkreis des Zentrums gegen Vertreibungen, Tomasz Szarota, sich überraschend zurückgezogen. Er wolle kein „Feigenblatt“ für das Zentrum sein. Das Zentrum, so Szarota sinngemäß, stelle Deutsche unzulässig als Opfer dar und Polen als Täter. Ein Sprecher von Kulturstaatsminister Bernd Neumann bestätigte den Rückzieher, für den „Gründe nicht bekannt“ seien. Die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“, die als erste darüber berichtet hatte, stellte allerdings einen Zusammenhang zum Streit um Erika Steinbach her und ein Hintergrundbericht der „FAZ“ vom 8. Januar legt nahe, dass der Schritt Szarotas auf polnische Regierungskreise zurückgeht und den Zweck hatte, die Bundesregierung zu einem „Nein“ zu Erika Steinbach zu bewegen: Wie die „FAZ“ nämlich berichtet, hatte Minister Neumann bei seinem Treffen in Warschau am 5. Februar 2008, kurz nach dem Regierungsantritt Donald Tusks, eine Art Paketlösung angeboten. Deutlicher als bis dato geplant, hätte in dem Zentrum die Vertreibung als „direkte Folge des von Deutschland angezettelten Krieges“ dargestellt werden sollen - „nicht nur, um Polen zufriedenzustellen, sondern auch um die SPD ... mit ins Boot zu bekommen“. Der Name „Steinbach“ sei bei diesen Gesprächen nicht gefallen, jedoch sei wohl irgendwie in Aussicht gestellt worden, Personen, die durch „Mangel an Fingerspitzengefühl“ die bilateralen Beziehungen belastet hätten, „aus dem Spiel zu entfernen“, wie Wladyslaw Bartoszewski, Tusks deutschlandpolitischer Chefberater, es ausdrückt. Polen habe dies immer als „Gentleman’s Agreement“ gegen Steinbach interpretiert und später aus der CDU, „wie polnische Kenner der Sache versichern“ sogar „das ausdrückliche Versprechen gehört, Steinbach vom Vertriebenenmuseum fernzuhalten“. Bei diesem Treffen, so die „FAZ“, habe die deutsche Seite auf die Zustimmung Warschaus zur Mitwirkung polnischer Experten an dem Projekt „besonders gedrungen“. Hier schließt sich nun der Kreis zum Rückzieher Szarotas. Es war offenbar die Botschaft Warschaus: Wenn ihr auf Steinbach beharrt, dann ziehen wir unsere letzte Mitwirkung an dem Projekt zurück.

Aber wäre das tragisch? Eine naheliegender Schluss wäre, dass Berlin nun umso freier ist, Steinbach zu berufen und eine umso bessere Dokumentation mit weniger politischen Rücksichtnahmen zu verwirklichen. Allerdings argumentiert so niemand im politischen Berlin, auch nicht die „Unterstützer“ Steinbachs in den Unionsparteien.

Der zweite wahrscheinliche Schritt Warschaus in der momentanen Diskussion ist die Forderung des „Bundes der Polen in Deutschland“ für die angeblich 1,5 bis zwei Millionen polnischsprachigen Menschen in der heutigen Bundesrepublik verstärkt polnischen Schulunterricht einzuführen. Dies wird mit dem 1991 geschlossenen Nachbarschaftsvertrag begründet, der in der Tat in Artikel 20 die durch Vertreibung geschaffene deutsche Minderheit in Polen und die polnischen Zuwanderer im heutigen Deutschland in einem Atemzug nennt und faktisch gleichstellt. Nun fordert der „Bund der Polen“ sogar die Anerkennung als nationale Minderheit. Warschau zeigt schweigend die Instrumente.            K.B.


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