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16.01.2010 / Bruderzwist um Öltransit / Präsident Lukaschenko wehrt sich gegen russische Einflussnahme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Bruderzwist um Öltransit
Präsident Lukaschenko wehrt sich gegen russische Einflussnahme

Drei Wochen nach Ablauf des Liefervertrages haben die einstigen Bruderstaaten Russland und Weißrussland sich noch immer nicht auf neue Transit-Konditionen für russisches Öl geeinigt. Die Unterhändler pendeln ständig zwischen Minsk und Mos-kau. Dabei ist der Streit um Zollgebühren nach Expertenmeinungen nur vorgeschoben. Es geht vielmehr um Einfluss und die Kontrolle über die Pipelines.

Konnte Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko die Folgen der Weltwirtschaftskrise bislang  durch die Einnahmen aus dem Weiterverkauf des zu vergünstigten Preisen erhaltenen Rohöls aus Russland an den Westen zu dort üblichen Marktpreisen lindern, droht diese Quelle zu versiegen. Der Kreml gesteht Minsk vergünstigtes Öl nur noch für den eigenen Bedarf zu. Hintergrund dafür ist die Weigerung Weißrusslands, russischen Investoren den Zugang zu wichtigen Schlüsselbetrieben des Landes bei deren Privatisierung zu gewähren. Diesmal gehe es um die Beteiligung russischer Unternehmen an dem Verkauf der weißrussischen Ölraffinerien Naftan-Polimir und Mosyr, so ein Beobachter.

Minsk setzt lieber auf westliche Investoren, die helfen sollen, die rückständige Industrie und Wirtschaft des Landes zu modernisieren. Der autoritäre Regierungschef Lukaschenko präsentiert sich gegenüber dem Westen als reformwilliger Liberaler, der Weißrussland von einem sowjetischen Relikt zu einem Hightech-Staat führen will. Erste Erfolge gibt es bereits. 360 deutsche Firmen investieren dort. Sie genießen Steuer- und Zollprivilegien, zahlen niedrige Büromieten und Gehälter. Doch obwohl die Regierung den Verkauf von 519 Staatsbetrieben angekündigt hat, will Lukaschenko auf die Kontrolle der wichtigsten Unternehmen nicht verzichten. Private Investoren bleiben immer noch die Ausnahme, etwa drei Viertel der weißrussischen Wirtschaft kontrolliert der Staat. Jede Kritik an der Regierung wird strafrechtlich verfolgt. Neuerdings verlangt Lukaschenko auch die Kontrolle über das Internet, indem jeder Nutzer des weltweiten Netzes sich registrieren lassen muss. Die wichtigen Fernsehsender und Zeitungen befinden sich in Staatshand.

Der Zeitpunkt des Ölstreits fällt mit dem offiziellen Beginn der  Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan zusammen. Zwar drohte Lukaschenko mit seinem Wiederaustritt und damit, die Stromlieferung ins Königsberger Gebiet und in die baltischen Staaten über weißrussisches Territorium zu unterbrechen, sollte es nicht bei den bisherigen Privilegien bleiben, doch ist sein Handlungsspielraum äußerst begrenzt. Moskau ließ durchblicken, Minsk für seine Halsstarrigkeit mit dem Wegfall aller Vergünstigungen strafen zu wollen. Der Kreml wird den Druck über Kreditvergaben erhöhen. Weil Lukaschenko dringend Geld braucht, wird er seine Verhandlungspositionen aufgeben müssen. Erst kürzlich stimmte er der Übernahme der Minsker Promstrojbank durch die staatliche russische Sberbank für 280 Millionen Dollar zu, um im Gegenzug bis 2014 verbilligtes Erdgas zu erhalten.

Für Lukaschenko geht es nicht zuletzt um die eigene politische Zukunft. In einem Jahr findet die Präsidentschaftswahl statt. Bis dahin sollte seine Position als Bindeglied zwischen Moskau und dem Westen geklärt sein, denn selbst wenn er sich um die Gunst des Westens bemüht, wird dieser aufgrund seiner eigenen Beziehungen zu Moskau nicht bereit sein, sich einzumischen.             M. Rosenthal-Kappi


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