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16.01.2010 / Mehr als Zeitverschwendung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Mehr als Zeitverschwendung
von Konrad Badenheuer

Seit ein paar Jahren haben nicht mehr nur Tropenstürme, sondern die harmlosesten Hoch- und Tiefdruckgebiete in den Nachrichtensendungen Namen. Nicht mehr banale
Druckunterschiede in der Atmosphäre sorgen seitdem für Sonnenschein, Wind und Regen, nein, Klaus und Daniela, Carsten und Daisy erfreuen oder belästigen uns mit den Schwankungen des Wetters. Und ungefähr seit derselben Zeit hat der Wetterbericht damit begonnen, den Rest der Nachrichtensendungen quer über alle Sender regelrecht zu kannibalisieren.

Natürlich geschieht das nicht einfach so. Die Programmverantwortlichen tun dies, weil sie um „Marktanteile“, sprich: Einschaltquoten, kämpfen. Aus dieser Logik heraus haben zunächst die Sportberichte in den Nachrichten der privaten Sender die Politikberichterstattung zurückgedrängt. Das Volk bekommt zu sehen, was es eben sehen will.
Mit geringer Verzögerung folgten die öffentlich-rechtlichen Sender, doch die metastasenartige Wucherung des Banalen, ja Unbedeutenden, begann nun erst: Der Buschbrand in Kalifornien, bei dem nur Sachschaden entstanden ist, war plötzlich wichtiger als Zukunftsfragen der deutschen Nation. Der in einem Baggersee ausgerissene kleine Alligator, das Eisbär-Baby, aber auch die abnorme Straftat - grauenhaft zwar, aber als Einzeltat doch letztlich irrelevant für einen Staat mit 82 Millionen Menschen - sie alle drängen nun das Wichtige und sogar das Existenzielle zur Seite: Ob der Bundestag es zulässt, dass ungeborene Kinder kurz vor der Geburt bei Spätabtreibungen zerstückelt werden dürfen, diese für den zivilisatorischen Stand eines Landes höchst bedeutende Frage erscheint, im Spiegel der TV-Nachrichten betrachtet, weniger wichtig zu sein als 15 Zentimeter Schnee, der heute fällt und in wenigen Tagen wieder geschmolzen und vergessen ist.

Das viel zu ausführliche Reden vom Wetter war früher ein Synonym für Zeitverschwendung. Heute behelligen bundesweite Sender die Nation minutenlang mit der Meldung, dass ein paar Dörfer ein oder zwei Tage lang eingeschneit waren, wobei aber weder der Strom ausfiel noch medizinische Notfälle zu beklagen gewesen seien.

Derartige „Nachrichten“ haben ihren Preis: Ganz banal den kleinen Preis einer GEZ-Gebühr, für die es keine echte Gegenleistung mehr gibt. Und weit weniger banal den hohen Preis der teilweisen Zerstörung einer politisch denkenden, kritischen Öffentlichkeit.

Diese aber ist gerade in der Demokratie unverzichtbar. Ob bestimmte faustdicke Manipulationen der letzten Jahre - etwa im Rahmen der Finanzkrise - auch dann geschehen wären, wenn die Verantwortlichen und Profiteure nicht gewusst hätten, dass große Teile des demokratischen Souveräns sich für das Wetter weit mehr interessieren als für die Zustände bei den Landesbanken, deren Eigentümer er doch ist?

Foto: Amüsieren sich die Deutschen zu Tode? Wuchernde Wetterberichte und andere Banalitäten verdrängen als „Infotainment“ in den Nachrichtensendungen in immer größerem Ausmaß wichtige, aber anspruchsvolle und unpopuläre Inhalte wie die Politik.


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